Das Herz der Savanne - Afrika-Roman
Aufschneider.«
»Er ist ein Mann, der Eindruck schinden will, mehr nicht.«
»Du meinst also, ich sollte es mit ihm versuchen?«
»Ja, das meine ich. Wenn du noch immer vorhast, die Salden’s-Hill-Käserei im ganzen Land berühmt zu machen, dann schaffst du das nur mit ihm.«
»Also gut. Rausschmeißen kann ich ihn immer noch.«
»Ich habe in der nächsten Woche einen Termin im Hansa-Hotel in Swakopmund. Sie wollen unsere Käse testen. Es wäre gut, wenn du dafür sorgen könntest, dass Robert bis dahin genügend hergestellt hat.«
»Du hast einen Termin im Hotel? Wie ist dir das gelungen?«
Horatio lächelte. »Ich habe für meine Nama-Geschichte recherchiert. Und dabei hat sich zufällig herausgestellt, dass der Küchenchef des Hotels ein ausgezeichneter Koch ist. Er sucht ständig nach neuen Rezepten und benutzt für seine regionale Küche auch die Rezepte der Schwarzen. Es heißt, es seien sogar aus Frankreich schon Kollegen da gewesen, um seine Austern zu probieren. Und jetzt möchte er die Käse kosten. Du weißt selbst, dass es in Namibia kaum Käse gibt. Wir alle hätten Vorteile davon, wenn er sich für Käse von uns entscheidet.«
Ruth nickte. »Ja, das klingt gut. Das klingt wirklich gut. Ich komme mit nach Swakopmund.«
»Und das Baby? Was ist mit Sally? Sie ist noch so klein, es wird sie verstören, wenn wir beide gleichzeitig nicht da sind. Du kannst Mama Elo nicht die ganze Arbeit mit ihr überlassen. Im Übrigen solltest du auch die Käserei unter Aufsicht behalten. Und natürlich die Arbeiter. Ohne Santo tun sie nur, was unbedingt notwendig ist.«
»Du hast recht.« Ruth schüttelte beschämt den Kopf. »Wie konnte ich nur Sally vergessen?«
»Na ja, wir haben sie erst ein paar Tage bei uns. Und du hattest keine Zeit, dich auf deine Mutterrolle vorzubereiten.«
»Trotzdem ...« Ruth machte sich weiter Vorwürfe. »Was bin ich für eine Mutter, die das eigene Kind vergisst!«
Horatio lachte. »Du vergisst unsere Kleine ja nicht. Ich wette, du denkst in jedem Augenblick an sie.«
»Miss Salden?«, ertönte ein Ruf vom Wirtschaftshof her. »Miss Salden? Sind Sie hier irgendwo?«
Ruth lief aus der Futterkammer. »Hallo, Sergeant Lang! Was führt Sie zu uns? Ist etwas passiert?«
Der Polizist kratzte sich ausführlich am Kopf. »Wie man es nimmt, Miss. Man hat eine Leiche gefunden.«
Ruth erstarrte und presste eine Hand auf ihr galoppierendes Herz. »O mein Gott, doch nicht die Leiche unseres Vorarbeiters?«
»Nein, Miss. Die Leiche eines schwarzen Mädchens. Der Pathologe sagt, sie habe vor Kurzem ein Kind entbunden. Der Fundort der Leiche befindet sich auf Ihrer Farm, Miss.«
Zehntes Kapitel
R ose saß mit blassem Gesicht, aber sehr aufrechter Haltung am Esszimmertisch, während Corinne aufgeregt auf ihrem Stuhl hin- und herwippte und ihre Neugier kaum beherrschen konnte. »Was ist los?«, fragte sie jede Minute aufs Neue, ohne Antwort zu erhalten. »Was ist los? Warum sagt mir niemand, was passiert ist? Wer ist die Tote? Woher kam sie? Warum hat man sie ausgerechnet auf unserer Farm gefunden? Ist sie dort umgebracht worden? Haben Sie schon einen Verdacht, Sergeant?«
»Halt endlich den Mund, Corinne.« Rose klang unendlich müde. Ihre Augen zeigten so dunkle Ränder, dass Ruth erschrak. Ihre Mutter schien innerhalb von Minuten um Jahre gealtert zu sein.
Ruth und Horatio saßen nebeneinander und hielten sich unter dem Tisch bei den Händen. Auch Ruths Herz schlug schneller als gewöhnlich. Sie biss auf ihrer Unterlippe herum und scharrte mit den Füßen über das gebohnerte Parkett.
Einzig Mama Elo zeigte Gleichmut. »Kaffee, Sergeant? Oder lieber Tee? Wir haben auch selbst gemachte Limonade.«
»Limonade, bitte.«
»Noch einmal von vorne.« Der Sergeant schob Block und Stift zurecht. »Die Leiche des etwa sechzehnjährigen Mädchens wurde vorgestern etwa zwei Meilen vom Green Hill, dem Hügel eurer Farm, entfernt gefunden.«
»Von wem, wenn ich fragen darf?« Rose vergaß nie, Haltung zu bewahren, und jetzt war Haltung alles, was sie noch hatte. Es war auch das Einzige, das Sergeant Lang beeindrucken konnte.
Lang ähnelte einem alttestamentarischen Gott, bereit, Stürme zu entfesseln, die Welt unter Wasser zu setzen oder Blut regnen zu lassen. Der Stift wirkte in seinen gewaltigen Händen winzig; sein Kopf – ein Monstrum von einem Kopf, eher ein Schädel, ein Quadratschädel, mit dem man wahrscheinlich Stein behauen konnte – saß wie ein bösartiger Gnom auf einem
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