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Das Herz der Savanne - Afrika-Roman

Das Herz der Savanne - Afrika-Roman

Titel: Das Herz der Savanne - Afrika-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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jetzt erschöpft, ohne sagen zu können, was sie heute eigentlich getan hatte. »Wo ist Mama Isa?«, fragte sie nur.
    »In der Käserei. Sie hilft Outwater beim Käsen.«
    »Und Corinne? Ist das nicht ihre Aufgabe?«
    Mama Elo verdrehte die Augen. »Natürlich ist es ihre Aufgabe. Aber sollen wir darauf herumreiten? Rose hat bald Geburtstag. Corinne wollte nach Gobabis, um ein Geschenk für sie zu kaufen. Heute. Jetzt und sofort. Soll ich sie etwa daran hindern?« Mama Elo schüttelte den Kopf.
    »Hat sie wenigstens die Einkaufsliste mitgenommen?«
    Die alte schwarze Frau sah Ruth groß an. »Was glaubst du wohl, Meisie? Natürlich nicht! Wenn Mama Isa mit dem Käsen fertig ist, ziehen wir Sally hübsch an und fahren selbst.« Mama Elo lächelte. »Die Kleine gedeiht gut. Wie du damals, Meisie. Sie ist schon wieder gewachsen und braucht neue Strampelanzüge. Ist dir nicht aufgefallen, dass die Jübchen zu kurz sind?«
    Ruth lächelte. »Ja, du hast recht, sie ist gewachsen. Oh, ich würde so gern mitkommen.«
    Mama Elo schüttelte den Kopf. »Ich glaube, das kannst du nicht, Meisie. Du hast den Arbeitern gesagt, sie sollen die Mutterschafe ausscheren. Bis hierher habe ich dich schreien hören. Du musst dabeibleiben, jetzt, wo Santo und Horatio nicht da sind.«
    Ruth nickte. Plötzlich überfiel sie eine derart mächtige Traurigkeit, dass sie in Tränen ausbrach.
    Mama Elo legte ihr kurz eine Hand auf die Schulter, dann goss sie heißen Kakao in einen Becher und reichte ihn Ruth. »Trink, Meisie, das wird dir guttun.«
    Ruth gehorchte, trank den Kakao, doch die Traurigkeit blieb.
    Mama Elo hatte sich gegenüber an den Küchentisch gesetzt. »Was bedrückt dich? Willst du es mir sagen?«, fragte sie im selben Tonfall, mit dem sie schon nach Ruths Kleinmädchenkümmernissen gefragt hatte.
    Ruth schüttelte zuerst den Kopf, dann nickte sie. »Glaubst du, Mama Elo, dass Horatio mich wirklich liebt? Mich und Sally?«
    Die alte Frau lächelte. »Er liebt euch beide, sosehr er kann.«
    »Und reicht das aus?«
    »Ja, Meisie, es reicht aus. Für dich und für Sally reicht es. Seine Liebe zu euch ist ganz rein. Aber er ist nicht abhängig von euch. Genauso wenig wie du von ihm. Ihr lasst euch Platz zum Wachsen. Diese Form der Liebe ist doch die schönste überhaupt. Sie erinnert mich an die Liebe zwischen deiner Großmutter Margaret und deinem Großvater Wolf.«
    »Wirklich?« Ruth lächelte.
    »Ja, Meisie, wirklich.«
    »Und weshalb ist das so schön und so schwierig zugleich?«
    »Ich sagte es dir schon: weil ihr dabei unabhängig bleibt.«
    Ruth kniff die Augen zusammen. »Das verstehe ich nicht.«
    »Ich weiß. Vieles, was man lebt, lebt man, weil es so richtig ist. Deine Schwester zum Beispiel liebt ganz anders. Für Corinne ist Liebe in erster Linie Besitz. Sie muss ihren Mann, ihren Liebsten besitzen. Er soll mit Haut und Haaren ihr gehören. Nichts anderes soll ihm wichtig sein. Erst dann fühlt sie sich geliebt und wertvoll. Du brauchst das nicht. Du hast deinen Wert auch ohne einen Mann; und Horatio hat seinen Wert auch ohne dich.«
    Ruth nickte langsam. »Ich verstehe«, sagte sie. »Er liebt uns. Und er wird uns immer lieben, solange wir ihm die Freiheit lassen, sich auch um anderes zu kümmern. Meinst du das?«
    Mama Elo stand auf. »Du bist klug, Ruth. Und Horatio ist es auch. Ihr werdet es richtig machen. Da bin ich ganz sicher. Was immer auch geschieht, ihr könnt euch aufeinander verlassen und müsst nie befürchten, dass einer den anderen verrät. Und vor Verrat fürchtet sich Corinne am meisten. Die Angst davor lastet wie ein Fluch auf ihr.«
    Horatio stand starr in der Diele des Swakopmunder Hauses, den Wäschekorb mit Corinnes Sachen vor der Brust. Er hörte eine Autotür zuschlagen, dann noch eine. Das Unbehagen, das er seit Betreten des Hauses gespürt hatte, verstärkte sich. Am liebsten wäre Horatio nach hinten hinausgeflohen, doch er wusste nicht, wo sich der Hintereingang befand, ob er den Schlüssel dafür hatte. Also blieb er stehen, versuchte, seinen rasenden Herzschlag zu beruhigen.
    Er trat einen Schritt nach vorn und spähte durch die Gardine an der Haustür in die Auffahrt. Er erkannte den Schemen eines Mannes, dahinter ein großes Auto deutscher Fabrikation und atmete auf. Willem. Er wollte den Wäschekorb schon abstellen und seinem Schwager die Tür öffnen, doch Willem drehte bereits den Schlüssel im Schloss.
    Horatio holte Luft, hatte den Gruß schon auf den Lippen, als Willem die Tür

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