Das Herz der Savanne - Afrika-Roman
...« Horatio zuckte gleichgültig mit den Schultern, packte den Wäschekorb und wollte das Haus gerade verlassen, als er ein Auto in der Einfahrt hörte.
Einundzwanzigstes Kapitel
R uth war verwirrt. Noch immer. Horatio war weggefahren, als wäre er ein Fremder. Und sie wusste immer noch nicht, ob er ihr die Wahrheit gesagt hatte.
Am liebsten hätte Ruth ihr Pferd genommen und wäre mit Sally auf den grünen Hügel geritten, um nachzudenken. Aber das ging nicht, die Arbeit erledigte sich nicht von allein.
Angetan mit ihrem Overall und den derben Stiefeln, das Haar unter einem Kopftuch versteckt, lief sie zu den Pontoks ihrer Arbeiter. Seit Santo weg war, teilte sie ihnen die Aufgaben persönlich zu. Seit Santo weg war, war sie die direkte Ansprechpartnerin der Nama, wenn sich Horatio nicht auf der Farm befand. Und seit Santo weg war, musste sie jeden Handgriff kontrollieren, wenn Horatio es nicht tat.
Sie hielt einen jungen Schwarzen an. »Wo sind die anderen?«, fragte sie und sah sich im Pontokdorf um, das verlassen und still wirkte.
Der Schwarze zuckte mit den Schultern. »Möglich, dass sie beim Gerätehaus sind.«
Ruth deutete mit dem Finger auf den jungen Mann. »Du sorgst dafür, dass in zehn Minuten alle Arbeiter auf dem Wirtschaftshof versammelt sind.«
Der Schwarze schluckte, wollte etwas erwidern, doch als er Ruths Blick sah, nickte er: »Ja, Bass.«
Zehn Minuten später stand ein rundes Dutzend Männer vor dem Gerätehaus.
»Wir scheren die Schafe aus und kümmern uns um die Hufe der Tiere«, verkündete Ruth.
Ein alter Schwarzer schaute in den Himmel. »Damit können wir noch etwas warten, Bass. Die meisten Vögel aus Europa sind noch nicht weggezogen.«
Ruth schüttelte den Kopf. »Kann sein, dass in Europa der Frühling auf sich warten lässt, hier in Südwest beginnt der Herbst. Die Mutterschafe werden heute noch hergetrieben, damit wir sie morgen ausscheren können. Die Tiere auf der Weide hinter dem Generator holen wir sofort. Zwei von euch bauen mir hier einen Pferch mit einem schmalen Zugang. Dahinter werden die Scherplätze eingerichtet. Vier von euch scheren, zwei kratzen die Hufe aus, und weitere zwei sorgen dafür, dass die Tiere danach zurück auf ihre Stammweide kommen.«
»Bass, sollten wir die Schafe bei der Gelegenheit nicht gleich umkoppeln? Die Weide ist abgefressen. Wäre gut, wenn wir sie nach Horatios Rezept düngen könnten, bevor die Regenzeit kommt. Hinten, bei Green Hills, ist noch eine freie Weide.« Es war wieder der alte Schwarze, der ihre Anweisungen hinterfragte.
Normalerweise hörte Ruth auf die erfahrenen Farmarbeiter. Sie und ihre Stammesleute kannten das Land seit Jahrtausenden, wussten zu jedem Zeitpunkt, wie das Wetter der nächsten Tage aussehen würde. Aber heute war sie so enttäuscht von Horatio, dass das weiße Denken in ihr Oberhand gewann. Sie stemmte die Fäuste in die Seiten. »Hört ihr nicht, was ich sage? Die Tiere kommen dorthin, wo sie waren! Ich habe es satt, dass jeder von euch meint, mir Ratschläge erteilen zu müssen. Was wollt ihr eigentlich? Der Farm schaden? Mir beweisen, dass ich eine schlechte Farmerin bin? Vergesst nicht, vergesst niemals, dass euer Leben nur so gut ist, wie die Farm läuft. Und jetzt an die Arbeit!«
Obwohl sie sich schon schämte, als sie diese Worte brüllte, konnte sie sich nicht zurückhalten. Die Worte brannten in ihrer Kehle, und Ruth musste sie ausspucken, um nicht daran zu ersticken.
Was mache ich nur? Was ist bloß los mit mir?
Unzufrieden mit sich, der Welt und dem Leben lief sie zum Herrenhaus zurück. In der Küche traf sie Mama Elo. »Was ist denn hier los?«, schimpfte Ruth gleich weiter. »Was soll das Gestrüpp überall? Das hier ist eine Küche, ein Herrenhaus ist das und kein Heilgarten.«
Mama Elo hatte sich von Ruth oder sonst jemandem noch nie aus der Ruhe bringen lassen. Unbeeindruckt blieb sie am Tisch sitzen und band Kräutersträuße. »Die bösen Geister werden damit vertrieben, das weißt du genau, Meisie. Außerdem verbreiten die Sträußchen einen guten Duft. In euer Schlafzimmer habe ich etwas gehängt, das ihr Weißen Mägdesüß nennt. Ich musste lange danach suchen. Es beruhigt die Nerven und schenkt wunderbare Träume. Kann sein, dass die Kleine bald zahnt. Dann werden die Kräuter ihr hoffentlich helfen. Und du, Meisie, setzt dich hin. Ich mache dir einen Kakao. Du siehst aus, als hättest du ihn nötig.«
Ruth ließ sich auf den Stuhl fallen und nickte. Sie war schon
Weitere Kostenlose Bücher