Das Herz Der Woelfin
die Götter an, ihr Kraft zu geben, durchzustehen, was auch immer da kommen möge.
„Nun gut. – Du lässt mir keine andere Wahl“, knurrte Fulk ärgerlich.
Er wollte den Jungen nicht schlagen, aber er durfte vor seinen Männern auch keine Schwäche zeigen. Es war wichtig, sich ihren Respekt zu wahren. Es war nicht ungewöhnlich, dass Kinder für Vergehen hart bestraft wurden und dieser Jüngling war in den Augen der Meisten alt genug, für seine Taten geradezustehen. Ein bewaffneter Überfall, aus dem Verletzte und Tote hervorgegangen waren, war kein Jungenstreich mehr. Fulk musste mit allen Mitteln für Recht und Ordnung sorgen. So wandte er sich schweren Herzens an die beiden Krieger, die Ylfa fest hielten.
„Bindet ihn an!“
*
Ihre Wärter schleiften sie zu einem Stützbalken, schlangsteken, scen ein Seil um ihre Handgelenke und banden sie an einem Eisenring fest, der über ihrem Kopf befestigt war.
„Nein!“, hörte sie Leif brüllen.
Sie wandte den Blick auf ihre Männer, die vergeblich versuchten, sich loszureißen. Es waren viele Krieger von Nöten, die zornigen Wikinger zu bändigen. Tränen traten in Ylfas Augen. Es war ihre Schuld. Sie verdiente alles, was man ihr antun würde – aber ihre Männer ...
„Nein, nein!“, schrie Leif erneut. „Sie Weib – nicht schlagen!“
Der Mann, der mit der Peitsche in der Hand auf den Befehl des Grafen wartete, blickte irritiert auf Ylfa, dann zu Fulk, der mit ungläubigem Gesichtsausdruck dastand und zu verarbeiten suchte, was er gerade gehört hatte. – Ein Weib? Der Jüngling sollte eine Frau sein? Er ging langsam auf Ylfa zu und blieb neben ihr stehen. Mit einer plötzlichen Bewegung zog er ihr das Wolfsfell vom Kopf und die Menschen in der Halle raunten, als ihre hellblonde Haarflut zum Vorschein kam.
Fulk starrte auf die blonden Flechten, die sich vor seinen Augen um die Gestalt des vermeintlichen Jungen wanden. Sie war tatsächlich eine Frau. Warum war ihm nicht vorher aufgefallen, dass die schönen Augen einer Frau gehörten? Er konnte es einfach nicht glauben. Eine Frau hatte seine Festung überfallen. Eine Frau hatte mit ihm das Schwert gekreuzt. – Eine Frau hätte er um ein Haar ...
Leise fluchend fasste er sie unter dem Kinn und drehte ihr Gesicht ihm zu. Ihre Augen, diese ungewöhnlichen Augen. Jetzt ergab es einen Sinn, warum er sich von ihnen so magisch angezogen gefühlt hatte. Jetzt fiel ihm auch auf, wie sinnlich ihre vollen Lippen waren und wie zart ihre Haut, ohne jegliche Anzeichen eines Bartwuchses. – Wie hatte er nur so blind sein können.
Ylfas Beine drohten unter ihr nachzugeben. Sie hatte sich immer für mutig gehalten, doch nun, wo sie nicht wusste, was sie zu erwarten hatte, zitterte sie, und ihr wurde schwindlig. Diese Katzenaugen musterten sie so eindringlich, als suchte er, ihr auf den Grund der Seele zu sehen und fast glaubte sie, dass er dies auch konnte. Vergeblich versuchte sie, etwas an seinem Gesicht abzulesen, aber seine Miene schien unbeweglich. Hatte dieser dunkle Krieger überhaupt menschliche Gefühle? Ihr erschien er so hart und undurchdringlich. Nichts an dem, was er bis jetzt getan und gesagt hatte, ergab für sie einen Sinn. Bei einem Wikinger hätte sie ihr Schicksal gewusst. Dieser Mann jedoch war ihr ein Rätsel.
Ebenso rätselhaft war ihr, warum sein eindringlicher Blick in ihr nicht nur Angst auslöste, sondern auch so eine eigenartige Hitze, die sich von ihrem Bauch ausbreitete und ihre untersten Regionen zum Kribbeln brachten. Als sein Daumen beiläufig über die zarte Haut an ihrer Wange strich, erbebte sie und sie bekam eine Gänsehaut. Unwillkürlich öffneten sich ihre Lippen. Auf einmal schien die Zeit stillzustehen. All die Menschen um sie herum begannen sich aufzulösen und nur noch sie beide existierten. Ihr Herz raste und das Blut dhted das Bröhnte in ihren Ohren. Ganz langsam näherte sich sein Gesicht und sie glaubte, er würde sie nun küssen, doch plötzlich wich er zurück und ließ sie los, als habe er sich verbrannt.
Fulk wich erschrocken einen Schritt zurück. Beinahe hätte er sie geküsst, als sich ihre Lippen so verführerisch geöffnet hatten. Normalerweise hatte er seine Gefühle gut unter Kontrolle, doch diese Wikingerin hatte ihn vollkommen verhext. Sie brachte ihn tatsächlich dazu, dass er vergaß, wo er war und was er zu tun hatte. Hastig drehte er der blonden Versuchung den Rücken zu. Er hoffte nur, dass niemand seinen Zustand bemerken würde. Obwohl
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