Das Herz Der Woelfin
verbrannt, zog sie ihre Hand wieder zurück. Die seltsame Anziehungskraft, die der Franke auf sie ausübte, beunruhigte sie sehr. Es durfte nicht wieder vorkommen, dass sie sich ihm so bereitwillig hingab. Sie musste ihn auf Abstand halten und vor allem musste sie einen Weg finden, aus dieser Festung zu entfliehen. Das größte Problem war dabei, dass sie ihre Männer nicht im Stich lassen konnte und sie mit in einen Fluchtplan zu integrieren war alles andere, als leicht. Nach ihrer missglückten Flucht waren die Franken sicher noch viel wachsamer.
Ylfa setzte sich vorsichtig im Bett auf. Sie fühlte sich ein wenig schwindelig, doch nach einer Weile verschwand das Gefühl wieder und sie schwang die Beine aus dem Bett. Etwas wackelig stand sie auf und wankte zum Fenster. Dem Stand der Sonne nach musste es etwa neun Uhr sein. Im Innenhof herrschte reges Treiben. Sie sah den Hünen, der gegen Leif gekämpft hatte im Training mit zwei weiteren Kriegern, die mit ihren Schwertern auf ihn einhieben. Er bewegte sich trotz seiner Verletzung schnell und präzise. Ylfa dankte den Göttern im Stillen, dass Leif nicht sein Leben bei dem Kampf verloren hatte. Der Hüne war ein ernst zu nehmender Gegner gewesen und leicht hätte der Kampf anders ausgehen können. Dann hätte Ylfa nicht nur die beiden Franken, sondern auch einen Freund auf dem Gewissen gehabt. Sie verscheuchte diesen unerfreulichen Gedanken und zwang sich, an etwas anderes zu denken. Flucht! Das war ihr Ziel. Sie musste einen Weg finden, aus dieser verdammten Festung herauszukommen und dabei ihre Männer mitnehmen zu können. Sie wusste nicht einmal, ob man sie wieder in das Quartier der Leibeigenen gebracht hatte oder ob sie noch in dem Verschlag waren. Auf keinen Fall wollte sie ohne sie ge ce o="0"hen.
*
Die nächsten Tage bekam Ylfa Fulk kaum zu Gesicht. Er kam immer erst, wenn sie schon schlief, und stand oft schon vor ihr auf. Langsam verheilten ihre Prellungen und die Schwellung der Nase ging zurück. Zum Glück war die Nase scheinbar nicht gebrochen gewesen und sie sah fast wieder normal aus, als Gisela ihr bei einem kurzen Besuch einen Blick in ihren Handspiegel gewährte.
Am Morgen des sechsten Tages nach ihrer missglückten Flucht wurde sie unsanft geweckt. Ylfa blinzelte und sah sich einer matronenhaften Frau und zwei Wachen gegenüber.
„Steh auf, du faule Heidin. Los, beweg dich aus dem Bett. Die Zeit ist vorbei, dass du wie eine Prinzessin hier faulenzen kannst!“, knurrte die Matrone.
Ylfa setzte sich auf und funkelte das Weib finster an. Sie hatte keine Ahnung, was diese Hexe mit ihr vorhatte, doch sicher war es nichts Gutes.
„Was willst du? Wo ist dein Herr?“
„Wenn du's wissen willst. Der Graf hat Anweisungen gegeben, dass du ab heute für dein Essen zu arbeiten hast. Beschwer dich bei ihm, wenn er wiederkommt!“
„Wenn er wiederkommt? Wo ist er denn hin?“, fragte Ylfa erstaunt.
„Ich glaube nicht, dass dich die Machenschaften des Grafen etwas angehen. Du hast hier nur zu tun, was man dir sagt. Der Herr hat mir Befugnis gegeben, über dich zu verfügen, wie ich es für richtig halte.“
Die Matrone stemmte die Hände in die Hüften und bedachte Ylfa mit einem geringschätzigen Blick.
„Wo ist Gisela?“
„ Jungfer Gisela hat den Herrn begleitet. Und jetzt genug der Reden. Steh auf!“
Ylfa stand auf und starrte finster auf die viel kleinere Matrone hinab. Sofort waren die zwei Wachen bei ihr und versuchten, ihr die Ketten anzulegen. Ylfa wehrte sich aus Leibeskräften, doch schließlich hatte einer der Wachen sie fest im Griff und der andere legte ihr die Fesseln an.
„Wenn du nicht gehorsam bist, werde ich dich auspeitschen lassen. Wie gesagt, der Herr hat mir freie Hand gelassen und glaube nicht, dass ich nur einen Augenblick zögere, dich züchtigen zu lassen, solltest du nicht folgen. Vergiss das lieber nicht. Bei mir ziehen deine blauen Augen nicht! Und jetzt komm. Wir haben keine Zeit zu vertrödeln!“
Missmutig folgte Ylfa der Matrone, die Wachen hinter sich. Sie gingen durch die Feste ins Freie. Die Ketten klirrten bei jeder Bewegung und Ylfa hasste sie. Sie hasste auch diese fette Matrone und den Franken, dem sie das alles zu verdanken hatte. Sie hasste sie alle!
Sie landeten schließlich in der Milchkammer, wo eine junge Magd gerade Butter schlug und eine weitere einen jungen, runden Käseleib ausdrückte.
Die Matrone wandte sich an die ältere Magd mit dem Käse. „Mechthild, ich bringe dir hier
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