Das Herz Der Woelfin
bis morgen Mittag. Sie darf weder essen noch trinken bekommen und niemand hat sie anzurühren.“
„Bei allem Respekt, Frau Ogiva, aber ich weiß nicht, ob eure Befugnis soweit reicht, die Gefangene zu strafen“, warf einer der Wachleute ein.
Frau Ogiva wurde rot im Gesicht und ihre kleinen Augen sprühten förmlich Funken.
„Meine Befugnis? Was weißt du schon über meine Befugnis?“, schrie sie und sprang auf. Die Hände in die Hüften gestemmt stand sie vor der Wache und verkündete mit drohender Stimme: „Ich habe die Aufsicht über diese Gefangene und der Herr hat mir freie Hand gegeben, mit ihr zu verfahren, wie ich es für richtig halte. Wenn dir meine Handlungsweise nicht gefällt, kannst du ja Beschwerde beim Herrn einlegen, wenn er wieder da ist, einstweilen wirst du ausführen, was ich gesagt habe. Verstanden?“
„Ja, ich habe verstanden“, knurrte die Wache. „Und ich werde Beschwerde einlegen, so wahr mir Gott helfe!“
Kapitel 11
D er Pfahl stand ungeschützt mitten auf dem Innenhof. Ein schneidender Wind zerrte an Ylfas grob gewebtem Gewand, dessen Stoff so großmaschig war, dass der Wind hindurchfuhr. Zu allem Überfluss zogen auch noch dunkle Wolken auf. Fröstelnd blickte Ylfa zum Himmel hinauf. Da wünschte sie sich doch beinahe lieber wieder in ihren Verschlag zurück. So allmählich kam auch der Hunger wieder, die eine Pastete war längst verdaut und sie würde vor morgen Mittag nichts mehr bekommen, nicht einmal einen Schluck Wasser.
Ylfa stieß ein paar unschöne Flüche aus und rutschte langsam an dem Pfahl hinab, um sich hinzusetzen. Sie schlang die Arme um die angewinkelten Knie und legte den Kopf darauf. Sie wollte dem Wind und dem aufkommenden Regen so wenig Fläche bieten, wie möglich. Hoffentlich erging es wenigstens ihren Männern besser. Sie hatte sie schon lange nicht mehr zu Gesicht bekommen. Waren sie etwa noch immer in der Zelle eingesperrt? Immerhin wü fman s11
Schon fielen die ersten Tropfen und nach einigen Minuten war der Regen schon so stark, dass ihr Gewand anfing, durchzuweichen. Der Wind hatte an Stärke zugenommen und sie hörte fernes Donnergrollen, das stetig näher kam. Eine halbe Stunde später brach die Hölle über Ylfa herein. Sie war durchnässt bis auf die Knochen und ihre Haut war taub vor Kälte. Ihr Haar klebte an ihrem Gesicht. Das Gewitter war nun direkt über ihr. Es war finster geworden. Blitze zuckten über den blauschwarzen Himmel und ganz in der Nähe krachte es so laut, dass Ylfa erschrocken aufschrie. Der Regen wurde immer stärker und kälter. Die Tropfen waren wie Nadelstiche, und als Ylfa gerade dachte, dass es schlimmer nicht werden könnte, prasselten Hagelkörner vom Himmel auf sie hinab.
Ylfa schlang die Arme um ihren Kopf, um ihn zu schützen, denn die Hagelkörner wurden immer größer, bis sie die Größe von Haselnüssen hatten. Die Götter schienen es nicht gut mit ihr zu meinen. Vielleicht war das ihre Strafe, weil sie ohne Erlaubnis ihres Vaters dieses waghalsige Abenteuer begangen hatte und weil wegen ihr drei tapfere Männer eingesperrt waren. Zum ersten Mal, seit sie denken konnte, hatte sie furchtbare Angst. Wollten die Götter sie töten? Sie hatte immer darüber nachgedacht, im Kampf zu sterben, doch dies hier war weit schlimmer. Erschöpft kauerte sie sich zusammen und ihre Lebensgeister schwanden immer mehr, bis sie die Besinnung verlor. Sie träumte wirres Zeug. Sie schwamm in einem Meer aus stumpfem Nichtsempfinden. Stimmen waberten an der Oberfläche. Ihr war heiß. So heiß. Sie schwebte, schemenhaft flog ihre Umwelt an ihr vorbei und dann umgab sie nur noch Schwärze.
*
Fulk schwankte zwischen Wut und Besorgnis. Er war im Morgengrauen nach Hause gekommen und ihn hatte fast der Schlag getroffen, als er die leblose Gestalt Ylfas neben dem Pfahl entdeckt hatte. Sofort hatte er Befehle gebrüllt, die Gefangene unverzüglich von dem Pfahl loszumachen und den Verantwortlichen bis auf Weiteres im Turm einzusperren. Er würde sich später darum kümmern. Jetzt war erst einmal Wichtigeres zu tun. Er hatte Ylfa auf seine Arme genommen und rannte mit ihr über den Hof. Gisela war schon in ihr Gemach geeilt, um ihre Medizin zu holen.
Ylfa hing wie leblos in seinen Armen. Sie glühte vor Fieber. Er hatte mit seiner Reisegesellschaft in der Scheune eines Guts vor dem Gewitter Zuflucht gefunden und der Gedanke, dass Ylfa dem Unwetter die ganze Zeit schutzlos ausgeliefert gewesen war, ließ sein Blut
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