Das Herz Der Woelfin
ihn getötet. Wenn man das entdeckte, hatte ihr letztes Stündlein geschlagen. Sie musste fliehen. Doch sie konnte nicht ohne ihre Männer gehen. Wenn sie nur wüsste, in welches Gebäude man sie gebracht hatte. Stöhnend rappelte sie sich auf und säuberte die Klinge an dem Waffenrock der toten Wache. Dann ging sie vorsichtig zur Tür, die noch immer offen stand. Wo war die zweite Wache? Sie musste auf der Hut sein. So leise, wie sie konnte, schlich sie sich aus dem Turm und drückte sich in den Schatten. Es waren nicht viele Leute im Innenhof, doch einzelne Wachen patrouillierten an den Palisaden der Festung. Ylfa schaute sich suchend um. Wo konnten die Quartiere sein, von denen Gisela gesprochen hatte? Es half alles nichts, sie musste alle Gebäude inspizieren. Sie konnte nur hoffen, dass man die tote Wache nicht so bald entdeckte. Besser sie beeilte sich.
*
Das erste Gebäude war eindeutig der Pferdestall und sie umging den lang gestreckten Bau vorsichtig. Dann kam sie zu einem Gebäude, das die Schmiede und eine Werkstatt beherbergte. Bei dem nächsten Haus handelte es sich offensichtlich um ein Lager. Ylfa wurde langsam ungeduldig. Doch dann hatte sie Glück. Sie spähte in das Fenster eines weiteren Gebäudes und sah schemenhaft einige schlafende Gestalten auf einfachen Lagern. Sie kletterte hinein und schlich von Bett zu Bett, bis sie Alvari entdeckte und dann auch Olaf und zu guter Letzt Lei [terer Hutf. Vorsichtig weckte sie erst Leif und berichtete ihm flüsternd, was sich zugetragen hatte. Er erhob sich leise und sie weckten die beiden Anderen. Nach einer kurzen Besprechung verließen sie das Haus durch das Fenster.
Vorsichtig schlichen sie von Gebäude zu Gebäude, wie zuvor Ylfa, den Lichtschein der Fackeln meidend. Schließlich gelangten sie an die Rückseite der Festung. Hier war etwas weniger Bewachung, als an der Frontseite. Nur zwei Wachen patrouillierten hier. Ylfa und ihre Männer beobachteten die beiden Wachen und zählten, wie lange sie für ihre Route brauchten und wie lange die Stelle, an der sie die Palisaden zu überwinden gedachten, unbewacht war. Sie verabredeten ein Zeichen, auf das sie alle vier zu den Palisaden laufen würden, und die Treppe hinauf. Oben gab es eine dunkle Ecke, in der sie sich verbergen konnten, bis die nächste Gelegenheit kam, die Palisaden zu überwinden.
Als die Wachen ihnen den Rücken gekehrt hatten und davon marschierten, liefen sie auf das vereinbarte Zeichen geduckt los und eilten die Holztreppe hinauf. Oben angekommen stießen sie mit einem Mann zusammen und Ylfa stieß einen Fluch aus.
„Wachen!“, schrie der Mann.
Es war Fulk. Leif wollte schon auf den Franken zuspringen, doch Ylfa hielt ihn zurück.
„Es hat keinen Sinn. Es ist aus!“, sagte sie ergeben und Alvari stieß ein paar unschöne Flüche aus.
„Ganz recht! Es ist aus!“, knurrte Fulk und packte Ylfa am Arm.
Die Wachen waren herbeigeeilt und hatten Leif, Olaf und Alvari gepackt.
„Es ist nicht ihre Schuld“, verteidigte Ylfa ihre Männer. „Sie sind nur meinen Befehlen gefolgt. Es war mein Plan!“
„Führt sie weg! Sperrt sie einstweilen wieder ein!“, wies Fulk die Wachen an und man führte die protestierenden Männer ab.
„Wenn du antun ihr, dann ich dich töten!“, brüllte Leif über die Schulter hinweg, dann schleiften ihn die Wachen weiter.
Ylfa blieb mit Fulk allein zurück. Ihr Herz klopfte zum Zerspringen. Hatte man die tote Wache schon entdeckt?
„Und nun zu dir!“, knurrte der Franke. Sein Griff war schmerzhaft und Ylfa biss die Zähne zusammen. „Was machst du hier und wie bist du aus dem Turm heraus gekommen?“
Aha! Man hatte die Wache noch nicht entdeckt, doch man würde es schon bald, es war also nichts mehr zu gewinnen.
„Ich wollte nur meine Freiheit, Franke !“, spie sie ihm ins Gesicht.
Er riss sie an sich und der Schei [und
„Was ist dir geschehen? Wer hat dich so zugerichtet?“
Ylfa riss sich von ihm los und funkelte ihn an.
„Einer deiner Wachen war es. Er wollte über mich herfallen, als ich schlief!“
„Wo ist der Mann jetzt?“, fragte er mit gepresster Stimme und fasste erneut nach ihrem Arm, diesmal jedoch nicht so fest.
„Er ist tot!“
Sie erwartete das Schlimmste, doch er nickte nur und zog sie mit sich über den Hof. Er brüllte nach den Wachen und gebot ihnen, ihm zu folgen. Alle zusammen stiegen die Stufen des Turms hinauf in die Kammer, in der Ylfa die Wache getötet hatte. Fulk schaute auf den Toten hinab und
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