Das Herz Der Woelfin
gab den beiden Wachen, die mit ihnen gekommen waren, Anweisungen, die Leiche nach draußen zu schaffen. Dann führte er Ylfa aus dem Turm hinaus in die Halle der Festung. Ein Bediensteter eilte herbei und Fulk wies ihn an, Jungfer Gisela wecken zu lassen und auf sein Zimmer zu schicken. Dann zog er Ylfa mit sich, die ihm widerstrebend auf sein Zimmer folgte. Er gebot ihr, sich auf das Bett zu setzen, während er unruhig im Raum auf und ab ging, bis sich die Tür öffnete und Gisela hineintrat. Als sie Ylfa erblickte, deren Gesicht furchtbar entstellt aussah mit der geschwollenen Nase und den blauschwarzen Blutergüssen, schrie sie entsetzt auf. Dann ging sie wie eine Furie auf ihren Bruder los.
„Was hast du mit ihr gemacht? Ich hätte niemals gedacht, dass du eine Frau schlagen würdest, auch wenn sie eine Feindin ist. Wie konntest du ...“
„Schweig!“, fuhr Fulk sie barsch ab. „Ich habe ihr nichts getan. Es war einer der Wachen!“
Gisela schien etwas erleichtert, doch sie war noch immer aufgebracht.
„Dann lass den Mann bestrafen!“
„Das dürfte nicht mehr notwendig sein. – Dein Schoßhündchen hier hat ihn umgebracht!“
Gisela schnappte nach Luft und schaute Ylfa ungläubig an. Dann straffte sie die Schultern.
„Gut so! Ein Mann, der so etwas tut ...“, sie zeigte auf Ylfas geschundenes Gesicht, „... verdient nichts anderes!“
„Ich habe dich nicht rufen lassen, um mit dir über Recht und Unrecht zu diskutieren! Ich habe dich rufen lassen, damit du dich um ihre Verletzungen kümmerst!“
Gisela nickte und besah sich Ylfas Gesicht, dann öffnete sie die Tür und gab der Magd, die draußen vor der Tür gewartet hatte, Anweisungen. Nach [sun fuhr Fukurzer Zeit kam die Magd zurück mit einer Schüssel warmen Wassers und Tüchern über dem Arm. Eine zweite Bedienstete trug einen Korb mit verschiedenen Fläschchen, Tiegeln und Kräutersäckchen. Dann machte sich Gisela daran, Ylfa zu versorgen. Fulk stand die ganze Zeit am Fenster, den Rücken zu ihnen gekehrt. Als Gisela fertig war, schickte sie die Mägde mit den Arzneien und dem Wasser wieder weg.
„Ich bin fertig“, verkündete sie. „Was soll nun mit ihr geschehen?“
„Sie bleibt hier! Hier kann ich wenigstens für ihre Sicherheit sorgen.“
Gisela runzelte die Stirn.
„Ich hoffe nicht, du versuchst, ihre Hilfslosigkeit auszunutzen und ...“, begann sie tadelnd und wurde von Fulk unterbrochen, der laut auflachte.
„Hilflosigkeit? – Diese Frau hat gerade einen Mann umgebracht. Einen ausgebildeten Krieger!“, sagte er trocken. „Und jetzt geh zu Bett!“
Gisela zögerte und schaute unentschlossen zwischen Ylfa und Fulk hin und her. Ylfa nickte ihr zu und Gisela seufzte.
„Gut! Ich gehe! – Aber wenn ich erfahre, dass ...“
„Wag ja nicht, mir zu drohen!“, brüllte Fulk und Gisela zuckte zusammen. „Ich sage es jetzt zum letzten Mal. Ich habe heute Nacht wirklich keine Lust mehr, mich zu streiten. Geh! Wir sprechen uns morgen!“
Gisela bedachte ihn mit einem zornigen Blick und rauschte davon. Fulk atmete hörbar auf und trat zu dem Tisch in der Ecke, wo ein Krug mit Wein stand. Er schenkte zwei Becher voll und reichte einen an Ylfa.
„Hier! Du kannst auch was zu trinken vertragen.“
Ylfa nahm den Becher gern an und trank einen langen Zug. Fulk tat es ihr gleich und stürzte den Wein hinunter. Dann schenkte er ihnen beiden nach. Mit dem Becher in der Hand trat er ans Fenster und schaute nachdenklich hinaus. Ylfa leerte ihren Becher, den Blick auf seinen Rücken gewandt. Sie fühlte sich in der augenblicklichen Situation höchst unbehaglich. Sie hatte keine Ahnung, wo sie stand, was sie erwartete. Dieser Franke war für sie so schwer zu begreifen, wie das Wirken der Götter. Einerseits war sie seine Gefangene, andererseits schien er ein gewisses Interesse an ihr zu hegen. Mal behandelte er sie sanft, mal grob.
„Leg dich schlafen“, unterbrach seine Stimme ihre Gedanken. „Du hast vor mir nichts zu befürchten.“
Ylfa fühlte sich wirklich müde und erschöpft und so stellte sie den Becher auf den Boden und legte sich an den äußersten Rand des Bettes. Sie beobachtete ihn, halb ängstlich, halb freudig erwartend, dass er ebenfalls ins Bett kommen möge. Sie erinnerte sich nur zu gut, was in diesem Bet [in einen an t geschehen war. Der Gedanke daran ließ sie erzittern und sie seufzte leise. Doch er kam nicht und sie fiel in einen unruhigen Schlaf.
*
Fulk lauschte ihren gleichmäßigen
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