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Das Herz der Wueste

Das Herz der Wueste

Titel: Das Herz der Wueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meredith Webber
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aufstehen und herumlaufen können, aber sie muss sich sehr schonen, damit die Wunden gut verheilen. Wenn Sie möchten, komme ich jeden Tag wieder und sehe nach ihr.“
    Der Mann wandte sich an seine Frau, die seine Hand mit beiden umklammerte und ihn mit ihren wundervollen, tränenfeuchten Augen ansah, ehe sie leise antwortete.
    „Sie möchte, dass ich bleibe.“ Unter der tief gebräunten Haut war er ein bisschen blass geworden, so als würde er es lieber mit tausend Wüstenkriegern aufnehmen, statt der Geburt seines Kindes zuzusehen.
    „Im Westen sind die Väter meistens dabei“, versuchte Jenny, ihn zu ermutigen. „Sogar bei einem Kaiserschnitt. Wir können einen Teppich aufhängen, und Sie setzen sich neben den Kopf Ihrer Frau, sodass Sie die Operation nicht mit ansehen müssen. Unter der Narkose merkt sie nicht, dass Sie da sind, aber ich weiß, dass Sie Ihr Versprechen halten werden.“
    Er holte tief Luft, blickte auf seine blasse Frau herab und nickte dann. „Gut, ich tue es.“ Auf seine Befehle hin kehrten die anderen Frauen zurück, und innerhalb kurzer Zeit war ein Teppich oberhalb der Taille der jungen Frau aufgespannt.
    „Mein Kollege muss mir assistieren.“ Sie erklärte warum und bat um Wasser, saubere Tücher und eine Decke, in die sie das Neugeborene wickeln wollte.
    Weitere Anweisungen erklangen, und Kamid erschien im Zelt. Mit einem einzigen Blick erfasste er die Situation und setzte sich am Kopf der Patientin auf die andere Seite.
    „Ich übernehme die Narkose?“ Lächelnd sah er sie an, und sie war ihm dankbar dafür. Ihr Herz raste, und sie musste sich zwingen, die vielen Wenn und Aber aus ihrem Kopf zu verbannen.
    Wenn die Operation misslingt und das Baby stirbt? Oder die junge Mutter?
    „Mit Äther … weißt du, wie es geht?“ Sie reichte ihm die Flasche und Verbandsstoff, um das Anästhetikum darauf zu träufeln, und erklärte dem Anführer, dass seiner Frau hinterher übel sein könnte. „Aber es ist alles, was wir haben“, fügte sie hinzu.
    Jenny holte die kleine Sauerstoffflasche, die sie in ihrem Zelt ausgegraben hatte, und die Beatmungsmaske aus ihrer Tasche, gab beides Kamid und legte sich dann die Instrumente zurecht. Als eine der Frauen ihr eine Schüssel Wasser und saubere Tücher brachte, wusch sie sich sorgfältig die Hände, trocknete sie und streifte sich OP-Handschuhe über.
    „Fertig“, sagte sie zu Kamid.
    „Ich sage dir Bescheid.“ Obwohl sie ihn nicht sehen konnte, wusste sie, dass er der Patientin das mit Äther getränkte
    Tuch auf die Nase drückte und langsam rückwärts zählte.
    „Fertig“, erklang seine Stimme.
    Dann ging alles sehr schnell, und kurz darauf hielt Jenny einen kleinen Jungen in den Händen.
    „Sie haben einen wundervollen Sohn.“ Sie übergab ihn der Hebamme, die einen dünnen Strohhalm benutzte, um Nase und Mund des Kindes freizusaugen. „Gleich können Sie ihn halten. Wollen Sie die Nabelschnur durchschneiden?“
    „Nein“, stieß er krächzend hervor, und Jenny übernahm die Aufgabe.
    Das Baby hatte seine ersten eigenen Atemzüge getan und eine rosige Gesichtsfarbe bekommen. Mit weit offenen Augen betrachtete es die neue Welt. Jenny hielt es einen Moment an sich gedrückt, während Bedauern und die vertraute Wehmut sie überkamen. Aber was vergangen war, war vergangen, und mit ihm Träume, Pläne, das ersehnte Glück. Allein die Gegenwart zählte, und gerade begann ein neues Leben.
    Sie drückte einen Kuss auf das Köpfchen, das wie der Rest des kleinen Körpers in ein Tuch gehüllt war, und lehnte sich zurück, um das Stoffbündel mit dem neuen Erdenbürger seinem Vater zu übergeben.
    Der saß neben seiner Frau und hielt immer noch ihre schlaffe Hand.
    Seine düstere Miene wandelte sich, sobald er das Kind in den Armen hielt. Ungläubiges Staunen überzog das bärtige Gesicht, die dunklen Augen schimmerten verdächtig, und der Mann wandte den Blick zu seiner bewusstlosen Frau. Die tiefe Liebe zu ihr war fast mit Händen greifbar.
    Jenny kümmerte sich um die Nachgeburt und vernähte die Wunden.
    „Ich lege ihr jetzt den Verband an“, sagte sie zu Kamid. „Mal sehen, wie gut du bei der Dosierung warst.“
    „Wenn du wüsstest, wie lange ich keinen Äther mehr verwendet habe“, brummte er. „Ehrlich gesagt kann ich mich nicht daran erinnern, ihn je für eine Narkose genommen zu haben.“
    „Jeder kann damit umgehen. Wurde er nicht lange Zeit von Zahnärzten benutzt?“
    „Sie kommt zu sich.“ Sie hörte ihm an, wie

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