Das Herz der Wueste
sind so schön.“ Jenny streckte die Beine aus, um die Pantoffeln zu bewundern. „Sagst du ihr bitte, dass ich mich herzlich bedanke, auch bei der Frau, die sie gemacht hat. Soll ich ihr anbieten, sie zu bezahlen?“
Wieder lächelte er, und sein Lächeln überwand spielend, was von den Mauern um ihr Herz übrig geblieben war, berührte es wieder wie mit liebkosenden Händen.
„Du würdest sie beleidigen, und natürlich habe ich ihr schon gedankt. Und nun, Dr. Stapleton, werde ich Sie hinübertragen. Mit solchen Pantoffeln spaziert man nicht durch den Wüstensand.“
Jenny brachte es nicht fertig, sich zu widersetzen, als er sie hochhob. Die Sehnsucht, ganz nah bei ihm zu sein, war zu groß. Wenigstens ein paar Minuten, dachte sie, auch wenn es ihm nichts bedeutet.
Ich muss aufhören, sie zu tragen. Kamid hielt sie an die Brust gedrückt, spürte, wie sein Herz schneller schlug und ihn mit Verlangen erfüllte. Könnte er sie doch in sein Zelt tragen, weil sie ihm gehörte, diese schöne Frau!
Leider hatte er kein Zelt, und die schöne Frau gehörte ganz sicher nicht ihm.
Wie auch? Genauso gut hätte der Mond versuchen können, sich mit der Sonne zu vermählen … Kamid brauchte eine Ehefrau, Jenny Stapleton zog durch die Welt.
Trotzdem ließ er sie im Sanitätszelt nur widerstrebend herunter, und erst der Anblick der wieder vereinten Familie hob seine Stimmung ein wenig. Der kleine Hamid saß zwischen seinen Eltern, die glücklich lauschten, als er von seinen Abenteuern erzählte.
Akbar sah Kamid und nickte kaum merklich, aber dieses Nicken sagte mehr, als tausend Worte es vermocht hätten. Lia hingegen überschüttete Kamid mit Dankesbezeigungen, bis Akbar die Hand hob, um sie zum Schweigen zu bringen.
„Was hat er vor?“, fragte Jenny, als die beiden schließlich aufstanden.
„Sie möchten in ihr Zelt zurück.“
„Das verstehe ich. Sag ihm nur, dass er jeden Tag herkommen soll, damit wir die Wundheilung überprüfen.“
Kamid lächelte. „Sicher.“ Das hatte er bereits getan.
Jenny eilte in ihren Privatbereich. Sie brauchte ein bisschen Zeit für sich. Nicht nur, um sich um ihr Haar zu kümmern, das unter dem Schal wahrscheinlich immer noch wie ein Vogelnest aussah. Kamids Nähe verwirrte sie mehr und mehr, und auch die Geste mit den Pantoffeln hatte sie stark berührt.
Wahrscheinlich hatte er nach den Strapazen des letzten Tages nur nett sein wollen. Selbst schuld, wenn du mehr hinein liest …
Ärgerlich zog sie die Bürste durch ihr zerzaustes Haar, hoffte, dass der Schmerz sie wieder zu Verstand brachte. Es half nichts. Sie brauchte nur draußen seine Stimme zu hören, während er mit Aisha und Marij sprach, und schon sehnte sie sich nach ihm.
Jenny seufzte tief. War es wirklich erst zwölf Stunden her, seit sie hier gestanden und überlegt hatte, etwas Hübsches anzuziehen, um den Gedanken gleich wieder zu verwerfen, weil ihre lockere Verabredung am Felsen zu sehr nach einem Date ausgesehen hätte?
Ein Date mit Kamid. Herzklopfen, prickelnde Erwartung, Schmetterlinge im Bauch …
8. KAPITEL
Den ganzen Morgen über konnte Jenny ungestört an ihrem Tuberkulose-Programm arbeiten, weil Kamid sich um die anderen Patienten kümmerte. Sie war fest entschlossen, ihr Tagewerk am frühen Nachmittag zu beenden, um noch ein paar Stunden schlafen zu können, ehe sie zu ihrer Fahrt über die Grenze aufbrach.
Sie musste fast über sich selbst lachen. Eine abenteuerliche Nacht, und schon plante sie ihren Besuch im Rebellenlager genauso gelassen wie eine Zugfahrt in die Innenstadt von Brisbane.
Lieber das, als sich den Kopf zu zerbrechen, was alles passieren könnte, dachte sie. Der leichte Druck im Magen verriet ihr, dass sie doch ein bisschen Angst hatte. Was heißt ein bisschen? Der Clanführer könnte sie zwingen, im Lager zu bleiben. Oder schlimmer noch, sie töten – außer sich vor Zorn wegen ihrer Flucht.
„Keine Patienten mehr, jetzt kann ich dir bei den Tests helfen.“
Kamid setzte sich neben sie. Ihr Herz fing an zu zittern, und plötzlich hatte sie das Gefühl, schneller atmen zu müssen, um genug Luft zu bekommen.
Sie riss sich zusammen.
„Du bist doch nicht hier, um mir bei den Untersuchungen zur Hand zu gehen. Hattest du nicht gesagt, du wolltest sehen, was gebraucht wird, und die medizinische Versorgung verbessern? Hast du schon mit deinem Bruder gesprochen? Nach einem Zelt gefragt? Und was ist mit dem Brunnen?“ Ob er merkte, wie atemlos sie klang?
Kamid griff nach
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