Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Das Herz des Jägers

Titel: Das Herz des Jägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
Vom Netzwerk:
Oryx nach Osten, weil das wahrscheinlicher war, aber der verdammte Verkehrspolizist hatte ihnen zu spät Bescheid gegeben. Mazibuko vermutete, daß der Flüchtling Petrusburg schon hinter sich gelassen hatte, aber wo war er? Wo, zum Teufel? Die Straßensperren, zwei gottverfluchte Straßensperren, sagten, ein Haufen BMWs seien durchgefahren, aber auf keiner ein Schwarzer; die Möglichkeiten waren unendlich. Wo bist du, du Hund? Dealesville oder |267| Boshof? Mit dem Finger führte er die Routen weiter, er setzte auf Mafikeng und die Grenze nach Botswana. Also Boshof. Aber hatte er schon den Modder River überquert? Die Rooivalks würden jeder einem Feldweg folgen. Doch es gab einfach zu viele Möglichkeiten.
     
    »Er ist kein komplizierter Mann, aber das ist genau die Stelle, an der man ihn falsch einschätzen kann«, sagte Van Heerden. »Zu viele Leute setzen Unkompliziertheit mit Schlichtheit oder mangelnder Intelligenz gleich. Thobelas Unkompliziertheit liegt in seiner Fähigkeit, Entscheidungen zu treffen, er ist ein Mann der Tat, er betrachtet die Fakten, er akzeptiert sie oder lehnt sie ab, aber er hat keine Probleme mit ihnen. Wenn Miriam Ihnen gesagt hat, daß er einem Freund hilft, indem er etwas nach Lusaka bringt, dann hat er die Entscheidung getroffen, daß er seinem Freund gegenüber loyal sein will, ganz egal, welche Konsequenzen das hat. Sie werden kämpfen müssen, um ihn aufzuhalten. Sie werden gut zu tun haben.«
     
    Nur ein Teil seiner Aufmerksamkeit galt dem langen hellen Kegel, den der Doppelscheinwerfer der GS in die zunehmende Dunkelheit brannte. Der Feldweg war in gutem Zustand. Thobela fuhr 60 oder 70. Der Sturz im Unwetter in der Karoo hing ihm immer noch nach. Doch der Großteil seiner Gedanken war in München, bei seinem ersten Anschlag. Irgendwo im Hinterkopf wurde ihm klar, daß er in den letzten vierundzwanzig Stunden begonnen hatte, seine Vergangenheit erneut zu durchleben. Er ließ es laufen, ließ es heraus, vielleicht war das Teil des Heilungsprozesses, eine Veränderung, ein Abschluß, so daß er es abschütteln konnte, ein Punkt am Ende seiner Metamorphose.
    Die Tür hatte sich geöffnet und sein Finger krümmte sich um den Abzug, die SVD wurde zur Verlängerung seines Seins. Im Geiste konnte er die Patrone darauf warten sehen, |268| daß der metallene Schlagbolzen auf die Hülse traf, in der sich die Treibladung befand; die 9,8 Gramm Stahl der 7,62-mm-Kugel wünschten sich geradezu, endlich durch den 24 cm langen geriffelten Lauf geschleudert zu werden, durch den Schalldämpfer, und dann unaufhaltsam eine ballistisch gekrümmte Bahn zu beschreiben. Sein Druck auf dem Abzug nahm zu, eine Frau und ein Kind tauchten im Fadenkreuz auf, er erstarrte, das Fadenkreuz ruhte auf ihrer Stirn, direkt unter dem Saum der blauen Wollmütze, er sah die Sanftheit ihres Gesichts, die gesunde, helle Haut, die Lachfältchen um ihre Augen, und er stieß den Atem aus, und sein Herzschlag erhöhte sich erneut.
     
    Tiger Mazibuko brüllte Befehle in sein Mikrofon. Es gab drei Wege nach Boshof: aus Paardeberg, Poplar Grove und Wolwespruit. Zwei Rooivalks auf den ersten, seine erste Wahl, jeweils einen auf die beiden anderen, Richtung Norden – sie sollten ab Seretse anfangen zu suchen.
    »Ich schalte den TDATS auf Infrarot«, sagte der Pilot über Funk. Mazibuko hatte keine Ahnung, was das bedeutete. »Das heißt, wir sehen ihn auch, wenn seine Scheinwerfer aus sind.«

29
    Miriam Nzululwazi erhob sich abrupt, öffnete die Tür und ging hinaus. Sie schloß die Tür leise hinter sich.
    Der Flur war leer. Kalte graue Kacheln erstreckten sich nach rechts und links. Sie waren von links gekommen, dort befanden sich Büros und Menschen. Sie wandte sich nach rechts, die flachen Absätze ihrer Schuhe waren zu hören, tipp-tapp, tipp-tapp. Sie ging entschlossen weiter, bis sie eine weitere Tür am Ende des Flurs sah.
    Sie konnte die Buchstaben gerade noch erkennen. in verblaßter, abgeblätterter roter Farbe:
FEUERLEITER
.
     
    |269| »Wie gut ist seine Ausbildung als Soldat?« fragte Allison.
    »Soldat? Er war niemals Soldat.«
    »Aber er war bei Umkhonto.«
    Er schaute sie überrascht an. »Sie wissen das nicht?«
    »Was weiß ich nicht?«
    »Er war ein Auftragsmörder. Für den KGB.«
    Sie wußte, daß auf ihrem Gesicht Schrecken und Verachtung zu lesen standen.
    »Jetzt richten Sie über ihn. Glauben Sie, das ändert alles?«
    »Es ist nur …«
    »Weniger ehrbar?«
    Sie suchte nach den rechten Worten.

Weitere Kostenlose Bücher