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Das Herz des Jägers

Titel: Das Herz des Jägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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Rooivalk-Kampfhubschrauber flogen niedrig über das flache Gelände, sie kreuzten die Grenzen zwischen Nordkap und Free State. Hinter ihnen flogen zwei Oryx, im Vergleich langsam und träge, in jedem der engen Gehäuse vier Mitglieder des Teams Alpha der RU. Die Männer waren bestens ausgerüstet: kugelsichere Westen, Stahlhelme mit fest montierten Infrarot-Nachtsichtgeräten, Waffen, die sie entspannt mit beiden Händen zwischen den Knien hielten. In dem voranfliegenden Oryx versuchte Tiger Mazibuko, über das Dröhnen der Motoren hinweg ein Handygespräch zu führen.
     
    Janina Mentz saß im Eßzimmer ihres Hauses, sie sah die Hausaufgabenbücher ihrer Töchter durch. Sie konnte Mazibuko kaum verstehen.
    »Wo, Tiger? Wo?«
    »Irgendwo in der Nähe von Pe…«
    »Ich kann Sie nicht verstehen.« Sie brüllte beinahe.
    »Petrusburg.«
    Petrusburg? Sie hatte keine Ahnung, wo das lag.
    »Ich fahre zurück in die Einsatzzentrale, Tiger. Wir versuchen es über Funk.«
    »… ihn kriegen …«
    »Was?«
    Die Verbindung brach ab.
    »Was ist mit Petrusburg, Ma?« fragte Lien.
    »Es hat mit meiner Arbeit zu tun, Süße. Ich muß los.«
     
    |265| Die Anspannung, die er empfunden hatte, als er auf die Tankstelle gefahren war, hatte eine Erinnerung wiedererweckt, hatte ihn an die Vergangenheit denken lassen – dasselbe Zittern seiner Hände, Schweiß auf seinem Gesicht, beim ersten Mal, beim ersten Anschlag. Es war in München, er hielt ein SVD in Händen, die lange Waffe der Scharfschützen, das neueste Modell mit einem nicht-klappbaren Kunststoffkolben, eine Waffe, deren tödliche Reichweite 3800 Meter betrug. Mit dem Fadenkreuz suchte er nach Klemperer, dem Doppelagenten, der einen Kilometer entfernt aus einer Tür treten sollte.
    Er hatte das Gefühl, als läge Jewgenij Fjodorowitsch Dragunow neben ihm – der legendäre, bescheidene russische Waffenentwickler. Er hatte ihn kurz in Ostdeutschland getroffen, als er und die anderen Auszubildenden der Stasi-Scharfschützenschule halfen, einen neuen Prototyp namens SVDS zu testen. Genosse Jewgenij Fjodorowitsch war fasziniert von dem schwarzen Auszubildenden mit der hohen Treffsicherheit. Auf zweitausend Meter, bei einem Seitenwind von siebzehn Stundenkilometern und im schlechten Licht eines verhangenen Wintertages, hatte Thobela Mpayipheli einen R100-Faktor von weniger als 400 Millimeter geschossen. Der alte Russe hatte etwas in seiner Muttersprache gemurmelt und seine schwarzgerahmte Brille auf die Stirn geschoben, bevor er den Arm ausstreckte und den Xhosa an der Schulter packte, als wollte er herausfinden, ob er wirklich echt war.
    Er wollte diesen Treffer Dragunov widmen, aber, lieber Gott, sein Herz klopfte hinter seinen Rippen, es war sein erster Auftrag, seine Finger und Handflächen waren schweißnaß. Auf dem Schießplatz erregte ihn das Testosteron des Wettbewerbs, aber diesmal war alles echt, es war ein Mann aus Fleisch und Blut, ein kahlköpfiger Westdeutscher mittleren Alters, der sich auf beiden Seiten der Grenze gütlich tat. Der KGB wollte ihn eliminieren, und es war an der Zeit, daß der ANC-Austauschschüler sich bewährte. Auf der Teleskoplinse |266| schlug sich ein wenig Dunst nieder, aber er wagte es nicht, den Blick von der Tür zu lösen. Sie öffnete sich.
     
    Miriam saß in dem Sessel, sie starrte die Tür an, sie versuchte, sich an den Weg zu erinnern, auf dem man sie hierhergebracht hatte. Gab es noch einen anderen Ausgang? Es war still in dem Gebäude, nur das leise Surren der Klimaanlage und dann und wann das Knirschen von Metall, das sich ausdehnte oder zusammenzog, waren zu hören. Sie konnte nicht mehr länger warten.
     
    »Ich möchte nicht zitiert werden«, sagte Dr. Zatopek van Heerden. »Das ist meine Bedingung.«
    »Ich zeige Ihnen meine Geschichte vor der Veröffentlichung.« Allison hoffte auf einen Kompromiß, doch er schüttelte den Kopf.
    »Ich habe nichts gegen die Medien«, sagte er. »Ich glaube, jedes Land hat die Medien, die es verdient. Aber Thobela ist mein Freund.«
    Allison mußte sich entscheiden, und schließlich sagte sie: »Einverstanden.« Dann begann Van Heerden zu erzählen, und sein Blick verließ dabei nie ihr Gesicht.
     
    Tiger leuchtete mit der Taschenlampe auf die Karte. Das gottverdammte Problem bestand darin, daß die R48 sich hinter Koffiefontein gabelte, die R705 führte nach Jacobsdal, die R48 nach Petrusburg. Er hatte vier Rooivalks gen Süden nach Jacobsdal geschickt, die anderen vier und die beiden

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