Das Herz des Jägers
Er würde seine Sicherheit keinem Amateur anvertrauen. Sie hatten Mpayipheli unterschätzt. Diesen Fehler würden sie nicht noch einmal machen.
Sie fügte die neuen Informationen in das Puzzle ein und überprüfte ihre Strategie. Sie war sicherer als zuvor, daß Mpayipheli die N1 nehmen würde. Er war ein selbstbewußter Profi, sein Auftreten am Flughafen hatte sie in die Irre führen sollen. Die elegante Entwaffnung der beiden Agenten war nun erklärt, und die Wahl eines Motorrades wirkte letztlich sehr überlegt.
Sie waren jedoch noch immer im Vorteil. Mpayipheli ahnte nicht, daß sie Bescheid wußten.
Und wenn etwas schiefging, gab es immer noch Miriam Nzululwazi. Und das Kind.
Thobela war klar, daß er die Straße verlassen mußte. Er konnte nicht einfach im Dunkeln hier stehen bleiben. Er könnte auch umkehren und sich eine andere Strecke suchen, aber das wollte er nicht, sein ganzes Wesen wehrte sich gegen Rückzug, er mußte vorwärts, nach Norden.
Langsam gewöhnten sich seine Augen an die Dunkelheit. Er ließ den Motor des Motorrads weiterlaufen, er fuhr langsam an den Rand des Highways und schaute über ein Feld im Mondschein. Der Maschendrahtzaun führte genau parallel zur N1 entlang. Er suchte nach einem Tor oder einer Mulde unter dem Zaun, er sah sich immer wieder um, er wollte nicht von Scheinwerfern entdeckt werden. Er wollte absteigen, sich recken und nachdenken.
Wie weit vor ihm war die Straßensperre? Vier oder fünf Kilometer. Nein, näher. Drei?
Gott sei Dank war die GS nicht laut. Er fuhr mit niedriger Drehzahl, betrachtete den Zaun, entdeckte schließlich etwas auf der anderen Straßenseite – ein Tor und einen zweispurigen Weg auf das Feld. Er fuhr hinüber, die Reifen knirschten |107| auf dem Kies, er hielt, stellte das Motorrad auf den Ständer, zog seine Handschuhe aus und überprüfte den Verschluß des Tores. Kein Vorhängeschloß. Er zog das Tor auf, schob das Motorrad herein und schloß das Tor hinter sich.
Er mußte einen möglichst großen Abstand zur Straße erreichen, aber immer noch nah genug bleiben, um die Lichter zu sehen.
Ihm wurde klar, was für ein Glück er gehabt hatte: Die GS war auch für Geländefahrten geeignet. Er wendete auf dem Feld, hielt an und stieg ab. Er nahm den Helm vom Kopf, legte die Handschuhe hinein, stellte ihn auf den Sattel, streckte Arme und Beine, fühlte die kühle Nachtluft im Gesicht und hörte die Geräusche der Karoo in der Nacht.
Blaue, rote und orangefarbene Lichter.
Thobela hörte ein Fahrzeug näher kommen, vom Kap her, er sah die Scheinwerfer, er zählte die Sekunden von dem Moment an, als es vorbeifuhr, er beobachtete die roten Rücklichter und versuchte die Entfernung zu der Straßensperre abzuschätzen, aber das Fahrzeug verlor sich in der Ferne, es verschmolz mit den anderen Lichtern.
Er würde umkehren und sich einen anderen Weg suchen müssen.
Er brauchte eine Straßenkarte. Was für andere Möglichkeiten blieben ihm? Irgendwo gab es eine Abzweigung nach Sutherland, aber wo? Er kannte sich in der Gegend nicht gut aus. Irgendwo im Nirgendwo. War es ein großer Umweg? Er versuchte, sich daran zu erinnern, was hinter ihm lag. Ein Straßenschild links hatte nach
Ceres
gezeigt, noch vor Touws River, aber das würde ihn fast bis Kapstadt zurückführen.
Er atmete tief ein. Wenn ihm nichts anderes übrigblieb, würde er zurückfahren, ob er wollte oder nicht. Lieber einen Schritt zurück, als hier Zeit zu verschwenden.
Er reckte sich, er beugte sich vornüber und dehnte seinen Rücken, er berührte seine Zehen, er streckte seine langen Arme himmelwärts, ließ die Schultern kreisen und griff wieder nach dem Helm. Zeit, weiterzufahren.
|108| Dann sah er die orangefarbenen Blinklichter von der Straßensperre aus näher kommen. Er schaute genau hin. Gelb? Das waren keine Polizisten. Hoffnung erfüllte ihn, als der Wagen näher kam und etwa sechzig Meter von ihm entfernt vorbeirumpelte. Thobela erkannte ganz eindeutig den Anhänger, darauf ein Autowrack, ein Wagen hatte sich überschlagen, und nun begriff er, daß es keine Straßensperre war: Sie suchten nicht nach ihm.
Ein Unfall. Das dauerte eben einige Zeit.
Erleichterung.
Er würde nur warten müssen.
»Das Problem«, sagte Rahjev Rajkumar, »besteht darin, daß Absa nur die Kontoauszüge der letzten beiden Monate direkt an das Konto koppelt. Der Rest befindet sich als Backup auf einem nicht vernetzten System, da kommen wir nicht heran. Die gute Nachricht ist, daß
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