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Das Herz des Jägers

Titel: Das Herz des Jägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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dies die einzige schlechte Nachricht ist. Unser Thobela hat ein kombiniertes Girokonto/Sparbuch und ein Darlehen für eine Baufinanzierung. Auf dem Sparkonto befinden sich 52 341,89 Rand, was ziemlich viel für einen Angestellten ist. Der einzige Zahlungseingang in den letzten beiden Monaten stammt von Mother City Motorrad, wöchentlich 572,72 Rand, das macht 2290,88 Rand im Monat – und dann noch die Zinsen für das Konto, etwas über 440 Rand pro Monat. Die Rate vom Sparbuch für die Baufinanzierung beträgt 1181,59 Rand. Es gibt noch eine Abbuchung, 129 Rand pro Monat, aber ich kann nicht herausbekommen, wofür die ist. Also bleiben ihm 1385,29 Rand im Monat. Er holt sich pro Woche 300 Rand am Automaten, normalerweise am Thibault Square, und es sieht so aus, als würden die verbleibenden 189,29 Rand gespart. Thobela ist ein disziplinierter Mann.«
    »Was hat das mit der Baufinanzierung auf sich?« fragte Janina.
    »Das ist das Merkwürdige«, sagte Rajkumar. »Es ist keine |109| Wohnung, sondern eine Farm.« Er hob den Kopf, um zu sehen, wie seine Zuhörer reagierten.
    »Wir hören, Rahjev.«
    »Vor achtzehn Monaten hatte Mpayipheli in der Nähe von Keiskammahoek achthundert Hektar gekauft. Die Farm dort heißt Cala, nach dem Fluß, der dort fließt. Die Grundschuld beträgt knapp über 100 000 Rand, aber der ursprüngliche Kaufpreis war fast eine halbe Million.«
    »Keiskammahoek?« fragte Quinn. »Wo, zum Teufel, liegt das?«
    »Irgendwo in der alten Ciskei, nicht weit von King William’s Town. Sieht so aus, als wollte er zu seinen Wurzeln zurückkehren.«
    »Und die Frage ist, wo hat er die anderen 400 000 Rand her?« fragte Janina Mentz.
    »Genau, Ma’am.«
    »Gute Arbeit, Rahjev.«
    »Nein«, wehrte der dicke Inder ab. »Ausgezeichnete Arbeit.«
     
    Thobela saß mit dem Rücken an einen Felsen gelehnt da und beobachtete die Lichter auf der N1.
    Die Nacht hatte sich abgekühlt, der Mond stand hoch am Himmel, ein kleiner weißer Ball, der schließlich im Westen ein Tor schießen würde. Sein Blick wanderte über die einsamen Hügel, folgte den Konturen der eigenartigen Landschaft. Man sagte, daß hier vor langer Zeit Regenwald gestanden habe. Irgendwo hier, hatte er gelesen, waren die Knochen riesiger Dinosaurier gefunden worden, die zwischen Farnen und kleinen stämmigen Bäumen gelebt hatten – ein grünes Paradies voll silberner Wasserfälle und Regengüsse, welche die Reptilienwelt mit fetten Tropfen wässerten. Merkwürdige Geräusche mußten mit dem Dampf aus dem Dschungel aufgestiegen sein: bellen, knurren, schrille Schreie. Dazu der endlose Kampf um Leben und Tod, eine beängstigende Nahrungskette. Schreckliche Jäger |110| mit großen Zahnreihen und kleinen, bösen Augen verfolgten die Pflanzenfresser. Blut war hier geflossen, in die Seen und auf die Erde.
    Er rutschte auf dem kühlen Stein hin und her. Es war so viel Blut auf diesem Kontinent geflossen. Hier, wo die Menschen sich zuerst vom Affen gelöst hatten, wo sie ihre ersten zweibeinigen Spuren im Schlamm hinterlassen hatten, der sich später in Stein verwandelte. Nicht einmal die Gletscher, diese riesigen eisigen Flüsse, welche die Landschaft veränderten, die Berge und Felsen in den eigenartigsten Formen hinterlassen hatten, konnten das Blutvergießen beenden. Der Boden war mit Blut getränkt. Afrika: nicht der Dunkle Kontinent, sondern der Rote Kontinent. Die Mutter, die reichlich Leben spendete. Und als Gegengewicht den Tod. Die Jäger erschuf, um das Gleichgewicht zu erhalten, Jäger aller Art, über die Jahrtausende.
    Dann erschuf sie den perfekten Jäger, denjenigen, der das Gleichgewicht zerstörte, den Eiszeiten, Dürreperioden und Seuchen nicht mehr halten konnten, der immer nur Zerstörung säte, der die Verantwortung für seine Kraft und Macht weit von sich wies. Den zweibeinigen Jägern gelang der ultimative Sieg, der kosmische
coup d’état
, sie wurden zu Herrschern und wandten sich dann gegeneinander, weiß gegen weiß, schwarz gegen schwarz, weiß gegen schwarz.
    Er fragte sich, ob es Hoffnung gab. Für Afrika. Für dieses Land.
    Wenn der standfeste Johnny Kleintjes der Versuchung nachgeben konnte, wenn er sich von dem Gestank des Geldes locken ließ, gab es dann noch Hoffnung?
    Thobela seufzte. In der Dunkelheit lösten sich weitere Lichter aus der Menge, die Sirene eines Krankenwagens hallte durch die Nacht, kam näher und verschwand.
    Langsam wurde es still. Er hörte einen Schakal heulen, weit hinter den Bergkämmen,

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