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Das Herz des Jägers

Titel: Das Herz des Jägers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deon Meyer
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hellwach.
     
    Allison Healy träumte von ihrer Mutter, als das Telefon klingelte. Sie stritten im Traum, es ging nie zu Ende, es war ein nutzloser Streit über gar nichts, und sie vernahm das Geräusch voller Erleichterung. Im Traum hob sie den Hörer, um zu antworten, aber es klingelte immer weiter.
    Sie stieß ein Geräusch aus, ein zögerndes Grunzen, weil sie nicht aus dem Tiefschlaf aufsteigen wollte, sie setzte sich halb im Bett auf, das Laken glitt herunter und legte ihre Rundungen frei.
    »Hallo.«
    »Allison?« Die Stimme eines Kollegen, sie wußte nur nicht, welcher es war.
    »Was?«
    »Bist du wach?«
    »Halbwegs.«
    »Du kommst besser her.«
    »Was ist los?«
    »Da ist ein Schuhputzer unten. Er will mit dir reden.«
    »Ein Schuhputzer?« Sie fragte sich, ob sie wirklich wach war.
    »Er ist ein Freund von deinem großen, bösen Xhosa-Biker.«
    »Bin schon unterwegs«, sagte sie.

16
    Thobela hatte an der Tankstelle Kaffee getrunken und ein fades Sandwich gegessen, während der Tankwart volltankte, und dann hatte er gefragt, wie weit es nach Bloemfontein sei und ob es Polizeistationen an der Straße gebe. Er hatte versucht, wie ein »bewaffneter und gefährlicher« Flüchtiger auszusehen, aber er hatte keine Ahnung, ob der Tankwart |146| den Köder geschluckt hatte. Der Mann war unglaublich nervös. Das hatte allerdings nicht unbedingt etwas zu sagen, und jetzt hingen die dunklen Wolken vor ihm, zwanzig, vielleicht dreißig Kilometer entfernt, und die Straße erstreckte sich geradeaus, die Karoo leuchtete in morgendlichen Pastellfarben. Er fuhr schnell, 185, weil er Three Sisters auf seinem Weg nach Kimberley passieren wollte, bevor sie reagieren konnten. Das Koffein hatte seine Sorgen wiedererweckt, die ihn eigentlich schon seit Laingsburg hätten umtreiben müssen. Wenn sie wußten, daß er ein Motorrad hatte, und wenn sie wußten, daß er sich auf der N1 befand, warum hatten sie dann noch nicht versucht, ihn aufzuhalten? Warum wartete niemand auf ihn?
    Egal, dachte er. Er war jetzt hier und hatte alles getan, was er konnte, um Bloemfontein als sein Ziel deutlich zu erkennen zu geben. Jetzt konnte er nur so schnell fahren, wie es ging. Versuche mal 200 Stundenkilometer, bei Tageslicht war das vielleicht weniger erschreckend. Er schaltete in den fünften Gang, rang der schweren Maschine noch ein wenig mehr Leistung ab und spürte, wie die beiden flachen Zylinder im Boxermotor vibrierten. Drängende Sorge erfüllte ihn. Wo waren sie? Was hatten sie vor? Als er das Donnern hörte, glaubte er zuerst, es käme von den düsteren Wolken vor ihm, aber der Lärm hielt an, und sein Herz vereiste. Es war ein unnatürliches Donnern, und dann schwebte etwas Dunkles über ihm, ein großer dröhnender Schatten, und er wußte, daß sie da waren und was sie vorhatten.
     
    Miriam Nzululwazi wusch Pakamiles Porridge-Schüssel in der Küche aus. Sie vermißte Thobela – er war derjenige, der jeden Morgen guter Laune war. Früher hatte es nur die stille, furchtbare Hetze gegeben, rechtzeitig fertig zu sein, bevor der Schulbus kam, und danach mußte sie auch schon den Golden Arrow in die Stadt erwischen. Dann war dieser Mann aufgetaucht, der seine Füße im Morgengrauen voll Lust aufs Leben aus dem Bett schwang, der Kaffee machte |147| und die dampfenden Tassen in die Schlafzimmer trug, der die ganze Zeit sang – nicht immer genau richtig, aber seine tiefe Stimme erweckte das Haus allmorgendlich zum Leben.
    Sie hatte gesagt, der Junge sei noch zu klein für Kaffee, aber er erklärte, er werde ihn besonders schwach machen. Sie wußte, daß das nicht lange angehalten hatte. Sie hatte gesagt, sie wolle den Radiomoderator auf Afrikaans nicht in ihrem Haus hören, aber er erklärte ihr, daß Pakamile und er nicht lernten, wie man Gemüse anbaute, indem sie jeden Morgen Musik auf Radio Metro hörten. So lauschten sie also der Wettervorhersage, den Marktpreisen und den Berichten über Probleme der Farmer, und der Junge lernte bei der Gelegenheit noch eine andere Sprache. Thobela hielt Pakamile bei der Stange, wenn der Junge abgelenkt war; er sagte: »Pakamile, jetzt regnet es auf unserer Farm«, oder: »Heute scheint auf unserer Farm die Sonne, Pakamile, weißt du, was das bedeutet?« Und der Junge entgegnete: »Ja, Thobela, die Pflanzen wachsen voller Chlorophyll«, und er lachte und sagte: »Das stimmt, das Gras wird grün, süß und dick, und das Vieh wedelt mit dem Schwanz.«
    An diesem Morgen schaltete Miriam das Radio ein,

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