Das Herz des Loewen
Hand. „Mag sein, aber Megan und das Balg sind in meiner Gewalt.“ Die letzten Strahlen der sinkenden Sonne glitzerten auf der Klinge-
„Was nun?“, fragte Ross, um Zeit zu gewinnen. Aus den Augenwinkeln sah er Davey zum Schauplatz der grausigen Szene schleichen.
„Für Megan habe ich keine Verwendung“, erwiderte Comyn. „Nehmt sie getrost mit. Aber das Kind bleibt bei mir.“
„Nein!“ Ohne den Dolch zu beachten, den er herausfordernd von einer Hand in die andere nahm, setzte sich Megan auf. „Niemals werde ich Kieran verlassen“, erklärte sie und drückte den wimmernden Säugling an sich. „Ich muss mich um den Kleinen kümmern, Comyn, deshalb braucht Ihr mich.“
„Meg! “, rief Ross entsetzt und wollte zu ihr laufen, aber Comyn hielt ihn davon ab, indem er Megan um die Taille packte und sie auf die Beine zog. Die Dolchspitze berührte ihr eigenwilliges kleines Kinn. „Bleibt zurück, Carmichael!“, warnte er. „Das gilt auch für Euren Knappen!“ Sein Kopf wies auf Davey, der sich von rechts heranzupirschen suchte. „Ich will nur das Balg.“
„Meg, gib ihm das Kind und komm zu mir!“, flehte Ross heiser.
Wie gern wäre sie in den sicheren Hafen seiner Arme gesunken ... Comyn hasste sie schon seit langer Zeit, und sie wagte sich nicht vorzustellen, was er ihr antun würde, sobald er sie in seinen Turm gebracht hatte. Aber sie konnte Kieran unmöglich allein lassen.
Trotz der Klinge, die sie bedrohte, drehte sie vorsichtig den Kopf zur Seite und schaute Comyn ins Gesicht. Wilde Rachsucht glitzerte in seinen Augen, nur ein Wahnsinniger konnte den kleinen Kieran für das vermeintliche Unrecht büßen lassen, das Lion ihm zugefügt hatte. Diesen brennenden Hass konnte sie nicht beschwichtigen, aber vielleicht zu ihrem Vor-teil nutzen. „Glaubst du wirklich, es wird dir Genugtuung verschaffen, wenn du ein drei Monate altes Kind quälst?“ Verwirrt blinzelte er. „Was meinst du?“
„Kieran ist zu klein, um zu erkennen, dass er für die Sünden seines Vaters bezahlen soll. Das wird er erst viel später verstehen. Und ohne die Fürsorge einer Frau kann er nicht heranwachsen. Du brauchst mich, um ihn am Leben zu erhalten.“
Spöttisch verzogen sich seine Lippen. „Auch du wirst mir ausgeliefert sein, Megan, auf Gnade und Ungnade.“ Als er spürte, wie sie erschauerte, lachte er laut auf.
In dem Deckenbündel, das sie festhielt, bewegte sich Kieran. Seine winzige, eiskalte Faust glitt in den Halsausschnitt ihrer Tunika, suchte die Wärme ihres Körpers. Leise wimmerte er, und dieser schwache Laut gab ihr die Kraft, alles zu ertragen, was ihr bevorstand. Jetzt war Kieran ihr Kind. Von der geliebten Schwester in ihre Obhut gegeben. Blut von ihrem Blut. Niemals würde sie ihn schutzlos der Hölle überlassen, die in Comyns Turm wartete.
18. KAPITEL
„Ross Carmichael ist verrückt geworden“, flüsterte Davey in Owains Ohr. „Als er sah, wie dieser Bastard die arme Mistress Megan und den Kleinen wegbrachte, verlor er denVerstand.“ Besorgt schaute Owain zu Ross hinüber, der mitten im Moor stand, reglos wie eine Statue, den Kopf vor Trauer und Verzweiflung gesenkt. Vergessen hing das Schwert in seiner Hand.
„So kann es nicht weitergehen.“ Entschlossen eilte Owain über das spröde Gras und berührte Ross’ Arm.
„Lasst mich in Ruhe!“
„So seid doch vernünftig
„Wie kann ich vernünftig sein, wenn dieser wahnwitzige Schurke alle beide in seiner Gewalt hat?“ Glanzlose Augen starrten Owain an. „Und ich bin machtlos, lungere untätig hier herum, obwohl ich am liebsten dort hinauflaufen und den verdammten Turm mit bloßen Händen niederreißen würde.“
„Gut, dann kommen wir mit Euch. Fünfzig Paar Hände schaffen’s gewiss schneller als ein einziges.“
Ross blinzelte und schüttelte sich, als würde er aus einem bösen Traum erwachen. „Aber das ist hoffnungslos und albern ... “
„Trotzdem - wenn Ihr das für die beste Art haltet, Mistress Megan und das Kind zu befreien, stehen wir Euch zur Seite.“
„Die beste Art!“, stieß Ross hervor. „Diese närrische Frau hätte in Kilphedir bleiben sollen.“
„Immerhin haben wir’s ihr zu verdanken, dass der Junge diesem Bastard nicht schutzlos ausgeliefert ist“, erinnerte ihn der Waliser.
„Und dass er sie alle beide martern kann.“ Ross blickte zu der dunklen Festung hinauf. „Er hasst Megan. Oh, warum habe ich ihr nicht geglaubt?“
„Weil Rhiannon Euch gegen alle Frauen eingenommen
Weitere Kostenlose Bücher