Das Herz des Loewen
meiner Schwester.“ Nun war Siusans und Lions Kind drei Monate alt. Noch nie hatte Megan ihre Nichte oder ihren Neffen gesehen. Welch ein grauenhaftes Schicksal ... Siusan müsste mit Lion Zusammenleben, statt sich in den Bergen zu verstecken und um ihre verlorene Liebe zu trauern.
„Ich dachte, du weiß nicht, wo sie ist?“
Erschrocken zuckte Megan zusammen. „Das weiß ich wirklich nicht. Aber wenn ich in Curthill herumsitze, werde ich sie auch nicht finden. “ Es bedrückte sie, ihre Cousine zu belügen, indes wagte sie es nicht, Siusans Geheimnis zu verraten. Bei der Seele der Großmutter hatte sie ihrer Schwester schwören müssen, Stillschweigen zu bewahren.
„Im Augenblick ist ein anderes Problem viel wichtiger. Was glaubst du, warum Ross Carmichael nicht mit uns gegessen hat?“
„Wahrscheinlich ist er nicht gerade versessen darauf, mich zu heiraten.“
„Weil er vermutet, dein Vater hätte Lion getötet?“
„So etwas würde er nicht tun.“
Chrissy lächelte traurig. „Wie du zugeben musst, ist der Laird nicht mehr er selbst, seit die schlimmen Zeiten begonnen haben. Wochenlang lässt er sich nicht in der Halle blicken, und wenn er herunterkommt, hat er nur Augen für Felis.“
Das konnte Megan nicht leugnen. „Aber er hatte keinen Grund, Lions Tod zu wünschen.“
„Nun, immerhin tobte Lion vor Wut, als er erfuhr, der Laird habe sich anders besonnen und weigere sich, ihn mit Siusan zu vermählen.“
„Dennoch hoffte meine Schwester, Vater würde letzten Endes nachgeben, wenn sie sich nur ein bisschen geduldeten.“ „Ewans Tod hat den Verstand des Lairds verwirrt. Das ist die einzige Erklärung für sein Verhalten. Ich weiß, du vergötterst deinen Vater, und deshalb willst du nicht sehen, wie er sich verändert hat.“
Armer Papa, dachte Megan bekümmert. War sie die Einzige, die immer noch an ihn glaubte? „Ich weiß, aber ...“ Ein Mord? Der Gedanke, ihr einst so fröhlicher, gutmütiger Vater könnte jemanden getötet haben, tat ihr in der Seele weh. Den Kopf gesenkt, die Augen zusammengekniffen, um sie vor dem heftigen Wind zu schützen, folgte sie ihrer Cousine. Ein heftiger Donnerschlag erschütterte die Häuser ringsum, gefolgt von einem gellenden Schrei. Bestürzt blieb sie stehen. „Was war das?“ „Das weiß nur Gott.“ Chrissy legte einen Arm um Megans Schultern, und sie eilten weiter. „Ich habe gehört, heute Nacht sei die Hawk eingelaufen.“
Megan erschauerte. „Da klirren Schwerter ..."
„Umso schneller sollten wir in die Burg zurückkehren.“ „Nein! “ Entschlossen schüttelte Megan den Arm der Cousine ab. „Wir müssen nachsehen, wer da gegen wen kämpft.“ „Was immer auch geschehen mag, wir können niemandem helfen.“
„Aber ich muss es wissen.“
Unwillig folgte Chrissy ihrer Cousine in die Richtung, aus der die unheilvollen Geräusche herüberdrangen. Als sie um eine Ecke gebogen waren, hielten sie entsetzt inne.
Ein Blitz tauchte mehrere Männer, die gegeneinander fochten, in weißes Licht, aber Megan hatte nur Augen für einen hochgewachsenen Ritter mit schwarzem Haar. „Ross Carmichael!“, wisperte sie und presste eine Hand auf ihr heftig pochendes Herz. „Oh Chrissy ...“ Unwillkürlich trat sie einen Schritt vor.
„Meggie! Du darfst dich nicht in einen Schwertkampf ein-mischen.“
„Irgendetwas müssen wir tun. Lauf in die Burg und hole Ross Carmichaels Männer. Unseren würde er nicht trauen.“ Atemlos beobachtete sie ihren Bräutigam wider Willen, der zwei Feinde abwehrte.
„Ich kann dich nicht allein lassen!“, rief Chrissy.
„Keine Bange, ich bleibe nicht hier.“ Megan betrachtete die Häuser, die den Hintergrund des blutigen Dramas bildeten. „Am besten schleiche ich zur anderen Seite hinüber und warte in Gordys Werkstatt.“
„Aber sie kämpfen direkt vor seiner Hintertür.“
„Ich gehe vom hinein“, erklärte Megan und zwang sich zu einem Lächeln. „Falls jemand verletzt wird, kann ich mich gleich um ihn kümmern.“
„Oh nein, du wirst nichts dergleichen tun. Du kommst mit mir ...“
Entschieden schüttelte Megan den Kopf. „Ich würde dich nur behindern. Beeil dich!“, befahl sie und gab ihrer Cousine einen Stoß. „Ross’ Feinde sind in der Überzahl, und wenn er sich heute Abend auch wie ein Rüpel benommen hat - er soll mich nicht zur Witwe machen, noch bevor ich ihn geheiratet habe.“
4. KAPITEL
Ross stöhnte, als sich eine gegnerische Klinge zwischen den Kettengliedern der Rüstung
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