Das Herz des Loewen
Wassereimer hineingeschleppt hatten.
Trotz ihres Gelächters zögerte Megan. Brachte sie wirklich genug Mut auf, in Ross’ Gemach einzudringen, wenn er badete? Vielleicht würde er ihre Hilfe ablehnen, und das wäre zu demütigend. Aber es kam vor allem auf seine Gesundheit an. Tapfer öffnete sie die Tür.
„Warte, Megan, womöglich ist er unbekleidet ... “ Erschrocken verstummte Chrissy, als die Tür aufschwang.
Er war nackt - zumindest fast. Und er sah großartig aus. Megans Atem stockte. Den Rücken zu ihr gewandt, sprach er mit Owain. Golden schimmerten seine muskulösen Schultern im Licht, das durch das offene Fenster hereinströmte.
Dampf stieg aus der großen Holzwanne und verlieh der Szene eine überirdische Aura. Ross glich einem heidnischen Krieger, der gleich an irgendeinem uralten Ritual teilnehmen würde. Plötzlich wünschte Megan, sie könnte zu ihm gehen, die kraftvolle Brust berühren, in seine starken Arme sinken. Schmelzende Hitze erfüllte ihren Körper, ihre Brüste prickelten, ihre Knie wurden weich.
„Schau weg!“ Chrissy packte sie von hinten und drehte sie herum. „Mach dich nicht zum Narren! Es schickt sich nicht, dass du ihn so anstarrst.“
„Ich habe ja gar nichts gesehen“, verteidigte sich Megan, aber ihre Wangen brannten, weil sie sich danach sehnte, alles an ihrem Bräutigam zu bewundern, seine ganze Gestalt.
„Was habt ihr hier zu suchen?“, fragte Owain und kam auf die beiden Frauen zu.
Megan wollte antworten, aber Chrissy trat vor. „Wir wollen dem edlen Herrn beim Bad helfen.“
„Er braucht eure Dienste nicht“, entgegnete er. „Und auch keine Zuschauer“, fuhr er fort, zu den anderen Männern gewandt, die im Gemach umherwanderten.
Sofort gingen die Ritter hinaus, und Megan flüsterte ihrer Cousine verzweifelt zu: „Ich muss hierbleiben!“
Chrissy nickte, packte Owains Arm und zog ihn beiseite, sodass er ihrer Begleiterin den Rücken kehrte. Was immer sie ihm erzählte, wusste Megan nicht, aber es lenkte ihn jedenfalls von ihr ab. Auch Ross beachtete sie nicht. Er war in die Wanne gestiegen, legte den Kopf an den Holzrand und schloss zufrieden die Augen.
Blitzschnell versteckte sich Megan hinter den Bettvorhängen. Reglos stand sie da und sah Chrissy zur Tür hinauseilen. Dann beobachtete sie, wie sich Owain der Wanne näherte.
„Jemand müsste sich Eure Schulter anschauen“, meinte er.
Oh ja, dachte Megan, das wird sehr bald geschehen.
„In diesem Haus traue ich niemandem über den Weg.“ Megans Verzweiflung wuchs, als sie Ross’ harte Stimme hörte.
„Soeben erklärte mir Mistress Chrissy, Mistress Megan würde sehr viel von der Heilkunde verstehen.“
„Mag sein, aber sie braucht sich nicht um mich zu bemühen. Ich habe schon schlimmere Wunden überlebt.“
Ärgerlich seufzte Owain, was Megan nur zu gut nachempfinden konnte. Dieser arrogante Narr! Hielt er sich für unbesiegbar? Es würde ihm nur recht geschehen, wenn die Wunde zu eitern begänne. Aber ihr Herz sträubte sich gegen diesen Gedanken. Sie würde weder ruhen noch rasten, ehe sie seine Schulter behandelt hatte.
„Natürlich weiß ich Eure Fürsorge zu schätzen“, fügte Ross in ruhigem, kühlem Ton hinzu. „Aber was ich viel dringender benötige als ärztliche Pflege - ich muss Mittel und Wege finden, um meine Hochzeit mit dieser verdammten Frau zu verhindern.“
Mit dieser verdammten Frau ... Megan holte tief Luft und schluckte eine Staubwolke, die den Vorhängen entstieg. Tränen brannten in ihren Augen, nicht nur von einem heftigen Husten- und Niesreiz heraufbeschworen.
„Nun, die Dame ist hübsch und gewiss nicht dumm“, erwiderte Owain, „obwohl Ihr bei der ersten Begegnung das Gegenteil befürchten musstet, als sie mit diesen Puppen spielte.“
„Wegen dieser Puppen kann ich mich nicht gegen die Heirat sträuben“, murmelte Ross. „Aber irgendeine Ausrede muss es doch geben.“ Wasser plätscherte, während er in dem Zuber umherrutschte. „Irgendein Makel, der mir stichhaltige Gründe liefern würde.“
Er weiß nichts von meinem Bein, dachte Megan bedrückt und erinnerte sich an die traurige Miene ihres Vaters, der ihr damals erklärt hatte, Comyn wolle die Verlobung lösen. „Man kann keinen Mann zwingen, eine verkrüppelte Frau zu heiraten.“
Aber ich bin kein Krüppel, hätte sie am liebsten geschrien. Sie lag nicht untätig im Bett, machte sich überall nützlich.
Doch das sahen die Männer nicht. Sogar der Vater hatte sich geweigert, ihr
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