Das Herz des Loewen
vergiftet worden war, würde sie ihn vielleicht nie Wiedersehen.
„Tut etwas!“, schrie Andrew die Männer an, die das Bett umringten. Ross zitterte unter einem Berg Decken, die ihn nicht zu wärmen vermochten. Sein Gesicht war fast so weiß wie das Kissen, tief lagen die umschatteten Augen in den Höhlen.
„Ich weiß nicht, was ich tun soll!“ Hilflos ballte Owain die Hände.
„Da trinkt!“ Davey hielt einen Becher an die Lippen seines Herrn. Aber Ross würgte schon beim ersten Schluck. „Oh, er kann nicht einmal trinken!“
„Er stirbt“, flüsterte Giles. „Irgendetwas müssen wir tun.“ „Aber was?“, stieß Owain hervor, der am ganzen Körper bebte.
„Lasst mich herein!“ Die Tür flog auf, und Megan stürmte herein, dicht gefolgt von einem Mann aus Ross’ Gefolge mit hochrotem Gesicht.
„Ich konnte sie nicht zurückhalten“, erklärte der Wachtposten.
„Mörderin!“ Erbost eilte Andrew ihr entgegen.
Obwohl sie vor Angst erschauerte, blieb sie entschlossen stehen, denn sie bezweifelte, dass er sie tatsächlich angreifen würde. Und sie behielt recht. Aber er verschonte sie nicht aus eigenem Antrieb, sondern weil Owain ihn am Arm packte und zurückzerrte.
Voller Hass starrte Andrew sie an. „Wenn Carmichael stirbt, werde ich Euch töten.“
„Gut.“ Flehend schaute sie zu dem alten Haudegen auf. „Erlaubt mir nur, ihm zu helfen. Sollte er trotzdem den Tod finden, will auch ich nicht mehr leben.“
„Schöne Worte - aber könnt Ihr ihn retten?“, fragte Owain skeptisch.
Das weiß ich nicht, dachte sie und verbarg ihre Furcht, ihre Unsicherheit. „Aye. Wir verschwenden kostbare Zeit. Wenn ich seinen Tod wünschte, würde ich nichts unternehmen und warten, bis das Gift ihn besiegt.“
„Also gebt Ihr zu, dass Ross vergiftet wurde!“, fauchte Andrew.
„Sogar ein Blinder könnte das sehen.“ Sie folgten ihrem Blick zum Bett, wo Ross sich umherwarf und vor Schmerzen stöhnte. Vergeblich versuchte Davey, ihn zu trösten. „Aber ich weiß wenigstens, was ihm verabreicht wurde. Ich durchsuchte die Kräutervorräte, und da entdeckte ich, dass meine pulverisierten Herbstzeitlosen verschwunden sind. “
„Ha!“, schrie Andrew. „Das Gift gehört also Euch!“
Chrissy stellte sich vor Megan und verteidigte die Cousine. „Jeder in dieser Burg kann das Schloss des Medizinkästchens erbrochen und das Zeug gestohlen haben. Jedenfalls hat Meg nichts damit zu tun.“
„Schluss mit diesem Unsinn!“, befahl Megan. „Während ich Ross behandle, könnt Ihr einen Dolch an meine Kehle halten. Aber ich bin seine einzige Hoffnung. “
„Lasst sie vorbei! “, ordnete Owain an, und sofort wurde ihr der Weg zum Bett freigegeben.
„Kann ich irgendetwas tun?“, fragte Davey mit rauer Stimme.
Sie wollte sein Angebot ablehnen, dann erkannte sie, dass sie den großen, starken Mann wohl kaum festhalten konnte, nicht einmal mit der Hilfe ihrer Cousine. „Zieht ihn aus, bis auf die Leibwäsche“, wies sie den Knappen an. „Dann reißt die Leinentücher, die Chrissy mitgebracht hat, in Streifen und bindet seine Handgelenke und Fußknöchel an die Bettpfosten.“ Dieser Befehl beschwor neue Proteste herauf, aber Megan unterbrach ihre Vorbereitungen nicht. „Wenn er weiterhin so heftig um sich schlägt, wird er sich verletzen.“ In Gedanken fügte sie hinzu: Und es wird ihm nicht gefallen, was geschehen muss, um sein Leben zu retten.
Ross drehte den Kopf auf dem schweißnassen Kissen zur Seite. Bei Megans Anblick verdunkelten sich seine Augen vor Zorn. „Hexe!“, keuchte er.
Erschrocken zuckte sie zusammen und fürchtete, er würde sie wegschicken. Und in ihrer Dummheit würden seine Männer nicht zögern, sie gewaltsam aus dem Zimmer zu schleppen. Doch da wurde er wieder von wilden Krämpfen geschüttelt und krümmte sich zusammen. „Beeilt Euch!“, drängte sie die leichenblassen Krieger. Während sie ihn entkleideten, beschäftigte sie sich sittsam mit den Arzneien, die sie in ihren Korb gepackt hatte. Chrissy hängte einen Topf mit Kräutersud über das Kaminfeuer, um ihn zu erhitzen. Mistel sollte sein Herz stärken, Petersilie die Bauchschmerzen lindern. Diese Heilkräuter würden sie später brauchen. Zuvor indes mussten sie seinen Körper von dem Gift befreien.
„Haltet seinen Kopf fest, während ich ihm diesen Trank verabreiche“, befahl Megan, sobald Ross’ Körper züchtig mit einem Laken bedeckt war.
Wie erwartet, wehrte er sich, leistete erbitterten Widerstand,
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