Das Herz des Mörders (17) - Imitation in Death (Death 17)
liegenden Augen und einem strengen Mund. Das Haar war auf dem alten Foto braun, auf dem neuen grau, in beiden Fällen jedoch straff zurückgekämmt. Die Falten, die schon um den jungen strengen Mund gelegen hatten, hatten sich bei der älteren Ausgabe der Frau zu Furchen der Missbilligung vertieft.
»Ich wette, niemand hat jemals Bobbie zu ihr gesagt«, bemerkte Eve, fing mühsam an zu rechnen und seufzte dankbar, als ihr Roarke die Arbeit abnahm.
»Sie hat die Stelle kurz nach Renquists zweitem Geburtstag angetreten und blieb bei der Familie, bis er vierzehn war. In Stonebridge war er externer Schüler und kam jeden Abend heim. Mit vierzehn ging er dann ins Internat nach Eton, und deshalb wurde seine Kinderfrau nicht mehr gebraucht. Roberta-nenn-mich-ja-nicht-Bobbie kam mit achtundzwanzig zu den Renquists und war vierzig, als sie von dort zu einer anderen Familie gewechselt hat. Inzwischen ist sie vierundsechzig und seit kurzem pensioniert. War nie verheiratet und hatte niemals eigene Kinder.«
»Sie sieht aus, als ob sie gerne kneift«, erklärte Eve. »Eine der Lehrerinnen an der Grundschule, an der ich war, hat immer gern gekniffen. Sie hat hervorragende
Zeugnisse, aber die hatte die Hexe, die mich malträtiert hat, als ich zehn war, auch. Geboren in Boston und nach der Pensionierung wieder dorthin zurückgekehrt. Ja, sie hat das typische New-England-Granit-Gesicht und ich bin mir sicher, dass sie lauter blödsinnige Sätze draufhat wie ›Wer die Rute spart, verzieht das Kind‹.«
»Vielleicht hat sie auch nur ein etwas unglückliches Aussehen, dabei aber ein Herz aus Gold und hat als Erzieherin den strahlenden Kindern ständig kleine Kirschlutscher zugesteckt.«
»Sie sieht aus, als ob sie gerne kneift«, sagte Eve noch einmal und nahm auf der Kante ihres Schreibtischs Platz. »Ihre Finanzen sind solide. Ich wette, sie hat nichts von ihrem Geld für Lutscher rausgeschmissen, sondern jeden Cent gespart. Weshalb übrigens ausgerechnet Kirsch?«
Er dachte an die zehnjährige Eve mit den blauen Flecken an den Armen. »Ich werde dir mal welche kaufen. Dann wirst du es bestimmt verstehen.«
»Ich esse jede Form von Lutschern gern. Ich glaube, ich werde mal ein kurzes Schwätzchen mit ihr halten und sehen, was sie über Renquists Erziehung erzählt. Jetzt aber kümmern wir uns besser erst mal um den nervtötenden Mr Smith.«
»Komm, setz dich auf meinen Schoß.«
Sie bemühte sich um einen möglichst strengen Blick, kam an den Ausdruck von Roberta Gable jedoch beim besten Willen nicht heran. »Kein Gegrabbel und Getatsche, solange ich noch bei der Arbeit bin.«
»Nach dem Gegrabbel in der Küche und dem Getatsche in der Dusche steht das augenblicklich gar nicht auf dem Programm. Komm trotzdem her zu mir.« Er
setzte ein verführerisches Lächeln auf. »Ich fühle mich so furchtbar einsam.«
Sie kam der Bitte nach, verkniff sich aber einen leisen Seufzer, als er mit seinen Lippen über ihre Haare strich.
»Carmichael Smith«, setzte er an, sah vor sich aber immer noch das kleine Kind, das hilflos dem System ausgeliefert war, das sie jetzt so vehement vertrat. Mehr als alles andere wollte er ihr all die Dinge geben, die sie damals nicht bekommen hatte. Vor allem Zuneigung und Liebe, was ihr beides viel zu lange vorenthalten worden war.
»Einunddreißig, meine Güte. Ich wette, er hat ein paar Leute geschmiert, damit das in seinem Ausweis steht. Geboren in Savannah, hat aber den Großteil seiner Kindheit in England zugebracht. Keine Geschwister, und die Mutter war bis zu seinem achtzehnten Geburtstag brav daheim. Ist anscheinend sowohl hier als auch in England als Jugendlicher straffällig geworden, allerdings sind die Akten versiegelt. Vielleicht würde es sich lohnen, sie sich trotzdem einmal anzusehen. Hat nicht so viel Kohle, wie ich angenommen hätte. Hat anscheinend teure Hobbys oder einen aufwändigen Lebensstil.«
»Die Eltern sind geschieden und der Vater lebt mit seiner zweiten Frau in Devon, England, richtig?«
»Meinen Informationen zufolge, ja.«
»Seit er erwachsen ist, ist er offiziell nicht noch mal mit den Gesetzen in Konflikt geraten, aber ich gehe jede Wette ein, dass es irgendetwas gibt. Irgendwelche Kleinigkeiten, die entweder gegen Bezahlung oder nach Fristablauf aus dem Strafregister gelöscht worden sind. Sieht aus, als hätte er ein paar Mal Zeit in irgendwelchen
schicken Reha-Kliniken verbracht. Gucken wir uns doch mal die Mutter ein bisschen näher an.«
»Suzanne Smith.
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