Das Herz des Mörders (17) - Imitation in Death (Death 17)
oder der Gedanke, dass sie
möglicherweise bei der Erziehung eines Psychopathen mitgeholfen hat, passt einfach nicht in ihre ordentliche, kleine Welt.«
»Was glaubst du?«
»Ich tippe auf das Letzte. Sie hat ihre Schützlinge gekniffen und noch Schlimmeres mit ihnen angestellt. Typen wie sie gibt es in jedem Kinderheim zuhauf. Typen wie sie würden niemals auf den Gedanken kommen, dass einer ihrer Chargen mentale oder psychische Probleme haben könnte, solange er die Illusion der Unterwerfung brav aufrechterhält.«
»Hast du das etwa getan?«
»Nicht immer, aber wenn es sich für mich gelohnt hat, schon. Und ich weiß, dass viele Kinder, sicherlich die meisten, solche Dinge überstehen und anschließend ein völlig normales Leben führen. Renquist könnte eines dieser Kinder sein. Vielleicht war seine Schwester wirklich nur ungeschickt. Aber diese Häufung von Zufällen gefällt mir nicht. Ich muss mir all das durch den Kopf gehen lassen, aber jetzt habe ich erst noch den Termin mit dem Bostoner Kollegen.«
»Ich setze dich dort ab.«
»Nein, ich fahre besser mit dem Taxi oder mit der U-Bahn. Wenn mich der Typ in einem schicken Schlitten mit einem hübschen Kerl wie dir am Steuer vorfahren sieht, hat er sicher sofort Vorbehalte gegen mich.«
»Ich liebe es, wenn du mich als hübschen Kerl bezeichnest.«
»Manchmal bist du auch mein Liebeskeks.«
Er stieß ein ersticktes Lachen aus. Es gelang ihr in den seltsamsten Momenten, ihn zu überraschen, und so sah er sie grinsend an. »Ich werde mir die größte
Mühe geben, mir diesen Namen zu verdienen. Auf alle Fälle gibt es ein paar Dinge, die ich in der Zwischenzeit erledigen kann. Warum rufst du, wenn du fertig bist, nicht einfach an und lässt mich wissen, wie es weitergeht?«
»Für einen derart hübschen Kerl bist du ganz schön umgänglich.«
Er beugte sich zu ihr nach vorn und gab ihr einen leichten Kuss. »Schließlich wurde ich auch gründlich diszipliniert.«
»Ach, leck mich doch am Arsch.«
»Der gehörte eindeutig zu dem Paket dazu. Lass dir Zeit«, fügte er gut gelaunt hinzu, als er hinter das Lenkrad glitt. »Ich habe selber mindestens eine Stunde lang zu tun.«
Eve brauchte bereits eine Viertelstunde für den Weg durch den grässlichen Bostoner Verkehr. Trotzdem tauchte sie immer noch zu früh in der einen halben Block von Haggertys Revier gelegenen Kneipe auf.
Es war ein typisches Cop-Lokal - gutes, günstiges Essen und Getränke ohne jeden Schnickschnack, ein paar Tische in Nischen und jede Menge Hocker an der Bar.
Eine Reihe Polizisten in Uniform und in Zivil spannten hier nach Schichtende aus. Als sie das Lokal betrat, wandten sie ihr die Köpfe zu und erkannten sie nach kurzer Musterung ebenfalls als Cop.
Sie hatte angenommen, dass Haggerty ein bisschen früher kommen würde - um sein Territorium abzustecken -, und war deshalb nicht weiter überrascht, als sie von einem einzelnen Mann an einem Tisch ein Signal bekam.
Er war ein breitbrüstiger, breitschultriger Kerl mit einem markanten, rötlichen Gesicht und kurz geschnittenem sandfarbenem Haar. Als sie den Raum durchquerte, sah er sie forschend an.
Vor ihm auf dem Tisch stand ein halb leeres Glas Bier.
»DS Haggerty?«
»Der bin ich. Lieutenant Dallas.«
»Danke, dass Sie sich Zeit genommen haben.«
Sie gaben sich die Hände, und sie nahm ihm gegenüber Platz.
»Wollen Sie ein Bier?«
»Ich könnte eins gebrauchen, danke.«
Da dies sein Revier war, ließ sie ihn bestellen und gab ihm die Zeit, sie einer neuerlichen Musterung zu unterziehen.
»Sie interessieren sich für einen meiner offenen Fälle«, stellte er am Ende fest.
»Ich habe in New York eine erwürgte, mit einem Gegenstand vergewaltigte Frau. Das IRCCA hat auf unsere Anfrage nach ähnlichen Verbrechen Ihren Fall ausgespuckt. Ich habe die Theorie, dass der Täter hier bei Ihnen geübt und seine Methode perfektioniert hat, bevor er nach New York gekommen ist.«
»Auch in Boston hat er nicht gerade geschlampt. Genauso wenig wie ich.«
Sie nickte und trank einen Schluck von ihrem Bier. »Ich bin nicht hier, um Ihren Fall an Land zu ziehen oder Ihre Ermittlungen zu kritisieren, Haggerty. Ich brauche Ihre Hilfe. Wenn ich mich nicht irre, arbeitet der Kerl, nach dem wir beide suchen, inzwischen in New York. Und er ist noch nicht fertig. Also sollten wir
einander helfen und ihn stoppen, bevor es das nächste Opfer erwischt.«
»Und Sie heimsen die Lorbeeren ein.«
Sie hob ihr Glas erneut an ihren Mund.
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