Das Herz des Mörders (17) - Imitation in Death (Death 17)
ich glaube, letztes Frühjahr, kennen gelernt. Auf einer dieser blöden Pflichtveranstaltungen, die du manchmal mit mir besuchen musst.« Er sah, wie sie die Stirn in Falten legte und versuchte einzuordnen, wann und wo ihr dieser Mann über den Weg gelaufen war. »Im Grunde war es eine flüchtige Begegnung, weiter nichts. Auf einer Auktion zugunsten … tja, jetzt hast du mich erwischt«, murmelte er mit nachdenklicher Stimme. »Ich müsste in meinen Terminkalender sehen, dann könnte ich dir sagen, was es genau gewesen ist. Aber es war vor ein paar Monaten, und zwar hier in New York. Irgendwann an diesem Abend wurden er und seine Frau dir sicher vorgestellt.«
Da sie sich beim besten Willen nicht erinnern konnte, gab sie die Bemühung auf. »Was für einen Eindruck hat der Mann auf mich gemacht?«
»Offensichtlich keinen. Er ist, lass mich überlegen … konservativ und ziemlich steif. Schätzungsweise Ende dreißig, sehr gebildet, eloquent. Vielleicht das, was man ein bisschen etepetete nennen würde. Seine Frau ist ziemlich hübsch, wenn einem der britische Teeparty-Typ gefällt. Ich weiß, dass sie hier und in England Häuser haben, denn seine Frau hat mir erzählt, dass ihr
New York gefällt, dass sie aber lieber in ihrem Haus in der Nähe von London ist, weil sie dort richtig gärtnern kann.«
»Was hattest du für einen Eindruck von den beiden?«
»Sonderlich sympathisch waren sie mir nicht.« Er zuckte vage mit der Schulter. »Sie waren mir zu aufgeblasen, waren sich ihres Standes allzu sehr bewusst. Die Art Leute, die ich anstrengend bis richtiggehend lästig finde, wenn ich zu regelmäßigem Kontakt gezwungen bin.«
»Du kennst jede Menge Leute, auf die diese Beschreibung passt.«
Er verzog den Mund zu einem leisen Lächeln. »Das ist natürlich wahr.«
»Kennst du auch einen gewissen Elliot P. Hawthorne?«
»Ja, ich hatte ab und zu geschäftlich mit dem Mann zu tun. Anfang bis Mitte siebzig, ein ziemlich scharfer Hund, mit einer ausgeprägten Leidenschaft fürs Golfspiel. Scheint seiner dritten Frau, die deutlich jünger ist als er, jeden Wunsch von den Lippen abzulesen, und ist offenbar nur noch auf Reisen, seit er in Pension gegangen ist. Ich finde ihn recht nett. Sag mal, nützen dir diese Kurzbeschreibungen denn überhaupt etwas?«
»Gibt es eigentlich auch Leute, die du nicht kennst?«
»Wenn ja, dann sind sie sicher nicht erwähnenswert.«
Der Abend zu Hause hatte ihr in mehr als einer Hinsicht gutgetan, überlegte Eve, während sie im überfüllten Fahrstuhl in Richtung des Morddezernates fuhr.
Sie war nicht nur ausgeruht, gesättigt und dementsprechend energiegeladen, sondern Roarkes Beschreibung einiger der Menschen, die auf ihrer Liste standen, war viel persönlicher und viel informativer gewesen als die trockenen Fakten, die man bei einer Standard-Personenüberprüfung vom Computer ausgespuckt bekam.
Sie könnte sich seine Informationen durch den Kopf gehen lassen, während sie mit den Leuten sprach, und könnte die Antworten, die sie bekam, damit vergleichen. Erst aber müsste sie gucken, ob die Berichte aus dem Labor und der Pathologie gekommen waren, müsste ihre Assistentin suchen und der Presse gegenüber eine Erklärung abgeben, damit man sie noch eine Zeit lang in Ruhe ihre Arbeit machen ließ.
Unter Einsatz ihrer Ellenbogen kämpfte sie sich aus dem Fahrstuhl, bog eilig um die Ecke.
Und stieß fast mit Nadine Furst zusammen, die mit einer schicken, neuen, kürzeren Frisur direkt vor dem Eingang ihres Dezernates stand. Weshalb nur rannten plötzlich alle zum Frisör, fragte sie sich erbost. Nadines Haare fielen blonder und irgendwie auch peppiger um ihr perfektes, fein gemeißeltes Gesicht.
Ihre leuchtend rote, kurze, eng anliegende Jacke und die gleichfarbige, schmale, perfekt sitzende Hose machten deutlich, dass sie für die Kamera gewappnet war.
Außerdem hielt sie einen riesengroßen Pappkarton, aus dem es wunderbar nach Fett und Zucker duftete, in ihrer linken Hand.
»Doughnuts.« Der Geruch war unverkennbar, Eve nahm ihn wie ein Hund die Fährte eines Fuchses auf. »Da drin sind eindeutig Doughnuts.« Sie klopfte auf
die Schachtel. »Jetzt weiß ich endlich, wie Sie es immer schaffen, in mein Büro vorgelassen zu werden statt nur in einen Warteraum oder in die Medien-Lounge. Sie bestechen meine Leute.«
Nadine bedachte sie mit einem treuherzigen Blick. »Was wollen Sie damit sagen?«
»Ich will damit sagen, dass es eine Frechheit ist, dass bisher nicht ein
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