Das Herz des Mörders (17) - Imitation in Death (Death 17)
hineingegangen, weil er sich als Kunde ausgegeben hat. Dann hat er sie mit dem Gesicht zur Wand gedreht und ihr die Kehle aufgeschlitzt. Selbst, wenn er dabei hinter ihr gestanden hat, hat er sicher jede Menge Blutspritzer abgekriegt.«
Sie griff erneut nach ihrem Weinglas, starrte jedoch, statt etwas zu trinken, reglos in die dunkelrote Flüssigkeit. »Dann hat er sie auf den Boden gelegt. Moris denkt, dass er ein Laserskalpell verwendet hat. Er hat ihr die Gebärmutter herausgeschnitten, und zwar ganz. Man hätte beinahe schwimmen können in der Blutlache, in der sie lag.«
Jetzt trank sie einen vorsichtigen Schluck und atmete langsam aus. Den Geruch von Blut, den Geruch des Bluts von einem Toten wurde man, wenn man ihn auch nur einmal gerochen hatte, nie wieder völlig los.
»Hat saubere Arbeit geleistet, beinahe wie ein Chirurg. Er muss eine Tasche dabeigehabt haben, um das Organ zu transportieren, er muss unheimlich schnell gewesen sein und hat sich dann bestimmt sogar noch umgezogen, bevor er abgehauen ist. Selbst da unten und selbst mitten in der Nacht wäre es sonst sicher irgendjemandem aufgefallen, wäre ein über und über mit Blut bedeckter Typ dort rumspaziert.«
»Aber es hat niemand was gesehen.«
»Nein.« Zwar würden sie noch mal nach Zeugen suchen, doch die Chance, dass sie welche fänden, lag bei null. »Die meisten Leute leben nach dem Motto: Nichts hören, nichts sehen und nur solche Dinge sagen, durch die man nicht selber in die Schusslinie gerät. Er hat sie nicht gekannt, da bin ich mir fast sicher. Andernfalls hätte er was mit dem Gesicht gemacht. Das tun sie nämlich immer. Es ging ihm um den Thrill und gleichzeitig um Lust. Er ist ein Frauenhasser. Peabody ist schlecht geworden, als sie sie gesehen hat, und sie hat sich deshalb den ganzen Tag furchtbare Vorwürfe gemacht.«
Er dachte daran, wie das Opfer und die Gasse ausgesehen haben mussten, und strich sanft über Eves Hand. »Ist dir das auch schon mal passiert? Dass dir schlecht geworden ist?«
»Nicht direkt am Fundort. Wenn mir das passieren würde, brächte ich damit zum Ausdruck, dass jemand mehr getan hat, als ich aushalten kann, dass ich es nicht ertrage, mich über die Leiche zu beugen und mir anzusehen, was der Täter angerichtet hat. Aber ab und zu kommen die Bilder später wieder. Meistens mitten in der Nacht. Und dann wird einem schlecht.«
Wieder trank sie einen Schluck von ihrem Wein. »Auf
jeden Fall … hat er eine Nachricht für mich hinterlassen. Flipp jetzt bitte nicht aus«, bat sie, als sie spürte, dass sich seine Finger anspannten. »Der Brief war weniger an mich persönlich als an mich als Polizistin adressiert. Er bewundert meine Arbeit und wollte mir die Chance geben, seine Arbeit zu sehen. Er will, dass ich die Ermittlungen gegen ihn leite, weil ich in diesem Sommer zwei brandheiße Fälle hatte, über die wochenlang ausführlich in den Medien berichtet worden ist. Es geht ihm um sein Ego. Er will, dass es um ihn denselben Rummel gibt.«
Er hielt weiter ihre Hand. »Was hat er genau geschrieben?«
»Nichts weiter. Er wollte mir nur deutlich machen, wie gewitzt er ist. Unterzeichnet hat er als Jack.«
»Dann hat er also den Ripper nachgeahmt.«
»Mit diesem Satz hast du mir jede Menge Erklärungen erspart. Ja, die Wahl des Opfers, des Tatorts, der Methode, ja selbst der Brief an mich. Es ist bereits zu viel davon an die Medien durchgesickert, und wenn sie sich in die Sache verbeißen, bricht die Hölle los. Ich will ihm möglichst schnell das Handwerk legen, ehe es zu einer allgemeinen Panik kommt. Zu diesem Zweck habe ich mich heute ausführlich mit dem Brief oder besser mit dem Briefpapier, das er verwendet hat, befasst.«
»Was ist daran so besonders?«
»Es ist nicht recycelt, sündhaft teuer, wird in England hergestellt und ausschließlich in Europa verkauft. Stellt eine deiner Firmen unrecycelte Papierprodukte her?«
»Roarke Industries ist grün. Dadurch leisten wir nicht nur einen bescheidenen Beitrag zum Umweltschutz, sondern bekommen auf den meisten Märkten erkleckliche
Steuernachlässe gewährt.« Er ignorierte den Droiden, der hereingekommen war, um die Teller fortzuräumen, ehe es zum Nachtisch Parfaits und Kaffee gab.
»Wohin führt dich das Papier?«
»Da er offenbar den Ripper imitiert, habe ich mich erst mal auf die Kundenliste der Londoner Geschäfte konzentriert. Ganz oben auf der Liste stehen ein bekannter Künstler, ein Politiker, ein pensionierter Finanzier und der
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