Das Herz des Mörders (17) - Imitation in Death (Death 17)
bisher ist das alles bloße Theorie. Lassen Sie uns gucken, was sich sonst noch über diesen Hawthorne in Erfahrung bringen lässt.«
Dies war seine dritte Ehe, und das Alter seiner Frauen hatte sich von Mal zu Mal gesenkt. Von den beiden ersten Frauen hatte er sich scheiden lassen und dabei den Eheverträgen entsprechend kaum etwas bezahlt. Ein eisenharter Bursche, überlegte Eve.
Ganz bestimmt kein Narr.
Und ein derart vorsichtiger und gewiefter Mann sollte keine Ahnung haben vom Treiben seiner momentanen Frau?
Er war nicht vorbestraft, hatte jedoch hin und wieder
wegen irgendwelcher Aktiengeschäfte Rechtsstreitigkeiten gehabt. Meistens mit glücklosen und deshalb unglücklichen Investoren.
Sein geschätztes Vermögen belief sich auf knapp eine Milliarde, er besaß vier Häuser, sechs Fahrzeuge - darunter eine Yacht - und war in diversen wohltätigen Vereinen engagiert.
Den Zeitungsartikeln zufolge, die sie durchgesehen hatte, war das Golfspiel seine größte Leidenschaft.
Die Alibis der Männer, mit denen sie bisher gesprochen hatte, wurden ausnahmslos von Angestellten, Freundinnen und Ehefrauen bestätigt. Das hieß, sie hatten kein besonderes Gewicht.
Eve lehnte sich zurück, legte ihre Füße auf den Schreibtisch, schloss die Augen und kehrte in Gedanken in die Gasse in Chinatown zurück.
Sie hat die Führung übernommen. Sie läuft vor dem Freier. Ihre Füße schmerzen. Sie hat einen entzündeten Fußballen. Die Schuhe bringen sie allmählich um. Es ist zwei Uhr nachts. Heiß und stickig. Den ganzen Abend schon war nicht viel los. Hat gerade mal zweihundert Mäuse in ihrem Portemonnaie.
Hat in dieser Nacht also vier, höchstens fünf Freier gehabt.
Ist schon so lange im Geschäft, dass sie weiß, dass sie vorher kassieren muss. Hat er ihr die Kohle wieder abgenommen oder hat er ihr gar nicht erst die Chance gegeben, sie zu nehmen? Er hat ihr nicht die Chance gegeben, überlegte Eve. Es sollte alles schnell gehen. Also dreht er sie mit dem Gesicht zur Wand.
Berührt er sie dabei? Streicht er mit seiner Hand über ihre Brust, ihren Hintern, ihren Schritt?
Nein, dafür ist keine Zeit. Und daran ist er auch nicht interessiert. Vor allem nicht, nachdem ihr Blut auf seine Hände spritzt.
Warmes Blut. Das ist es, was ihm den Kick versetzt.
Mit dem Gesicht zur Wand. Zieht ihren Kopf an den Haaren nach hinten. Mit der linken Hand. Schneidet ihr mit der Rechten mit einem schnellen Schnitt die Kehle durch. Von links oben nach rechts unten.
Das Blut spritzt gegen die Wand, zurück in ihr Gesicht, auf ihren Körper, seine Hände.
Sie lebt noch ein paar Sekunden, ein paar entsetzliche Sekunden, in denen sie nicht schreien kann und in denen ihr Körper etwas zuckt.
Er legt sie auf den Rücken, mit dem Kopf in Richtung der gegenüber befindlichen Wand. Greift nach seinem Werkzeug.
Ein Licht, er braucht irgendein Licht. Derart präzise Arbeit kann man nicht im Dunkeln leisten. Laserskalpell, das Licht seines Skalpells weist ihm den Weg.
Pack das, was du dir holen wolltest, in eine wasserdichte Tasche, mach dir die Hände sauber, wechsel das Hemd oder zieh das, was du darüber hattest, aus, und steck alles ein. Prüf dein Erscheinungsbild, damit du sicher bist, dass du auf der Straße keinem Menschen auffällst.
Zieh den Brief hervor. Lächle amüsiert. Leg ihn vorsichtig auf die tote Frau.
Verlass die Gasse. Eine Viertelstunde. Spätestens nach einer Viertelstunde machst du dich wieder aus dem Staub. Trägst deinen Gewinn zu deinem Wagen zurück. Bist erregt, aber beherrscht. Musst beim Fahren
Vorsicht walten lassen. Kannst es nicht riskieren, dass du in eine Verkehrskontrolle kommst, während du nach Tod riechst und jenen Teil von ihr noch bei dir hast.
Du kommst zu Hause an. Schaltest die Überwachungsanlage wieder ein. Stellst dich unter die Dusche. Entsorgst die blutgetränkten Kleider.
Du hast es geschafft. Du hast einen der größten Killer der Neuzeit nachgeahmt und niemand ahnt auch nur etwas davon.
Sie schlug die Augen wieder auf und starrte nachdenklich unter die Decke. Falls es einer ihrer fünf momentanen Kandidaten war, hätte er auch ihre Gebärmutter entsorgen müssen oder er hatte einen vollkommen sicheren Ort, an dem sie sich als Souvenir verwahren ließ.
Käme ein gewöhnlicher Recycler, wie er in jedem Haushalt stand, mit so etwas zurecht, oder brauchte man dafür ein speziell für die Entsorgung medizinischer Abfälle entwickeltes Gerät? Sie hatte keine Ahnung, ginge dieser
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