Das Herz des Satyrs: Roman (Knaur TB) (German Edition)
großer Kerl.
Silvia stand am Fußende seines Bettes, den Arm locker um einen mit geschnitzten Weintrauben verzierten Bettpfosten geschlungen, und musterte ihn mit erfahrenem Blick eingehend von Kopf bis Fuß.
Dunkles, kurzgeschnittenes Haar, breite, wohlgeformte Schultern; eine ausgeprägte Wölbung entlang seiner Wirbelsäule; kräftige Oberschenkel und Pobacken; durch ihre Beanspruchung schweißglänzende Muskeln; seine Knie, die sich in die Bettdecke zwischen die glatten Schenkel seiner Bettgespielin gruben.
Michaela sah so verletzlich und so weiblich aus, wie sie da lag, in seinem riesigen Bett, unter seinem riesigen, angespannten, gestählten Körper. Ihre schlanken Beine waren um seine Hüften geschlungen, und ihr Leib war offen und bereit, jeden Stoß seines Penis in sich aufzunehmen. Silvia konnte nur ihre Vorstellungskraft bemühen, um abzuschätzen, wie ansehnlich dieser Teil seiner männlichen Anatomie wohl sein mochte, denn alles, was sie von ihrem Standpunkt aus sehen konnte, war seine Kehrseite. Seine nackte Kehrseite. Seine nackte, sich bewegende Kehrseite.
Silvia schluckte, ihre Kehle war seltsam trocken. Im Licht des Feuers bot er einen prachtvollen Anblick – wie ein goldener Gott. Vielleicht war er genau deshalb der Frau würdig, über der er sich gerade bewegte. Michaela war ihre engste und liebste Freundin in beiden Welten, und zwar schon seit ihrer Kindheit im Tempel der Vesta.
Silvia hatte immer über sie gewacht, so gut sie konnte. Und wenn es um genussvolle Dinge ging, hatte sie diese immer indirekt durch Michaela miterlebt. Die heutige Nacht stellte keine Ausnahme dar.
Michaela war eine geborene Begleiterin, eine Kurtisane mit der Macht, jedem Mann zu gefallen. Wie die meisten ihres Gewerbes hatte sie über die Jahrhunderte hinweg Hunderte, wenn nicht Tausende Liebhaber gehabt. Sie wählte sie immer sorgfältig aus, und schon das allein bedeutete für Silvia, dass dieses spezielle Exemplar Mann recht außergewöhnlich sein musste.
In der Gewissheit, dass keiner von beiden sie in ihrer gegenwärtigen Gestalt sehen konnte, schlenderte Silvia um das Bett herum und hielt inne, als sie die Schachtel mit Süßigkeiten auf dem Nachttisch erblickte. Cioccolato. Nur wenige Dinge hätten ihre Aufmerksamkeit von dem sinnlichen Schauspiel auf dem Bett auch nur kurz ablenken können, doch Schokolade war eines davon. Sie beugte sich vor und schnupperte daran. Dabei wünschte sie, sie könnte die süßen Leckereien riechen, die sich in der bunten Verpackung befanden. Doch sie war eine Geistwandlerin, und solange sie sich, wie jetzt, in körperlosem Zustand befand, war ihr Geruchssinn nicht existent. Sie wagte nicht, etwas davon zu naschen oder irgendetwas anderes zu tun, das die Aufmerksamkeit der beiden auf sie lenken konnte. Doch – Götter! – sie war schier am Verhungern.
Wenigstens war es warm hier drin. Der Februarwind draußen war unbarmherzig kalt, und sie war auf dem Weg hierher halb erfroren. Sie ging zum Kamin, um sich die Hände am Feuer zu wärmen.
Hinter ihr nahm sich Herr Satyr derweil alle Zeit der Welt, um seine Gefährtin mit langen, kraftvollen Stößen zu vögeln, die sein Bett erbeben und Michaela lustvoll aufseufzen ließen. Silvia warf über die Schulter einen Blick auf die beiden. Sie sahen so perfekt zusammen aus, wie sein unglaublich männlicher Körper sich auf Michaelas wundervoll weiblichem bewegte. Seine Haut war dunkel, durch seine Herkunft und die Sonne. Ihre Haut war perfekt glatt und hatte eine Olivtönung, die so anders war als Silvias eigene blasse, makelbehaftete Erscheinung. Ihre Finger berührten kurz ihre Wange, eine Geste, deren sie sich gar nicht mehr bewusst war.
Herrn Satyrs große Hand glitt unter Michaelas Gesäß und hob sie ihm entgegen, auf eine Weise, die ihm noch mehr zusagte. Nach den leisen, lustvollen Lauten, die ihre Freundin ausstieß, konnte Silvia nur vermuten, dass auch sie es genoss.
Eigentlich war der Liebesakt ja etwas Privates, doch Silvia hatte keine Bedenken, sie dabei zu beobachten. Sie und Michaela hatten keine Geheimnisse voreinander. Zumindest nicht bis vor kurzem, als Michaela Venedig verlassen und jeden Kontakt abgebrochen hatte. Nachdem Silvia es geschafft hatte, dort alles zu erledigen, war sie hierher nach Rom geeilt, voller Sorge, Michaela könnte in irgendwelchen Schwierigkeiten stecken. Doch nun sah es ganz so aus, als würden sich die Schwierigkeiten vielmehr in ihr befinden.
Sie hatte sich mit einem Satyr
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