Das Herz des Satyrs: Roman (Knaur TB) (German Edition)
Büsten auf den Regalen standen alle parallel zueinander, ihre Nasen exakt in dieselbe Richtung ausgerichtet.
Jemand, der sein Zuhause in einem derart aufgeräumten Zustand hielt, musste leicht gestört sein, da war sie sicher. Zwar waren keine Bediensteten in der Nähe, doch offensichtlich befanden sich welche in seinen Diensten. Wahrscheinlich Hamadryaden, die traditionellen Bediensteten der Satyrn, die nur nach Einbruch der Nacht arbeiteten.
Eines war jedenfalls sicher: Sollte irgendeiner der Feuersteine, die zu finden sie hierhergekommen war, sich hier befinden, war er bestimmt katalogisiert, numeriert und sicher aufbewahrt. Sie musste nur seine Aufzeichnungen finden. Jemand, der so pedantisch war wie er, hatte zweifellos ganze Kisten voller Registrierkarten, auf denen jedes einzelne Fundstück der Ausgrabung dokumentiert war, und sei es noch so unbedeutend. Wo waren sie? Sie machte einen Schritt auf den Schreibtisch zu – und erstarrte.
Ein männlich rauhes, kehliges Stöhnen drang durch den Flur und erreichte zielsicher ihr Ohr. Der unverkennbare Laut eines Mannes, der die Erfüllung seiner Lust erreichte. Sie zog die Schultern hoch, als wolle sie sich des Lautes erwehren. Doch vor ihrem geistigen Auge erschien das Bild des Paares im Schlafzimmer; wie sich die geschmeidigen Rückenmuskeln des Satyrs anspannten, während seine Züge sich im lustvollen Höhepunkt verzerrten. Wie Michaelas Finger sich ekstatisch in die Bettlaken gruben, ihre üppigen Brüste, die sich mit jedem Atemzug hoben und senkten, während er seinen heißen Samen tief in sie ergoss.
Silvia presste beide Hände, fest zu Fäusten geballt, an ihre Brust und fühlte sich seltsam hilflos. Sie schaffte es nicht, das alles abzublocken, die flüssige Hitze, die durch ihren Körper lief, aufzuhalten, bei dem Bild des Liebespaares vor ihrem geistigen Auge.
Nur Augenblicke später hörte sie ihn über den Flur gehen, und er kam in ihre Richtung. Ihr Blick schnellte zur Tür, genau in dem Moment, als sich diese auch schon mit einem sanften Rauschen öffnete. Obgleich sie genau wusste, dass er sie nicht sehen konnte, drängte sie sich schnell zwischen zwei der hohen Statuen. Während sie dort stand, als sei sie selbst eine Statue, warf sie einen Blick auf ihn.
Götter, der Mann war ja gut über zwei Meter groß. Und nackt! Zumindest beinahe. Er hatte seinen langen Morgenrock nicht zugebunden, so dass der vorn aufflatterte, während er selbstbewusst geschmeidigen Schrittes den Raum durchquerte. Als er an ihr vorüberging, wehte der Lufthauch ihr loses Haar und den dünnen Stoff ihres langen weißen Gewandes hoch.
Sie senkte den Blick, und ihre Augen weiteten sich bei dem Anblick, der sich ihr darbot. Zwischen seinen Beinen erhob sich aus einem Nest dunkler Haare seine Männlichkeit, leicht gerötet, stattlich in Größe und Durchmesser – und noch immer ein wenig steif trotz des eben erst erlebten Höhepunktes. Sein Organ war ziemlich … außergewöhnlich. Ein fleischliches Werkzeug, wie vom Gott des Feuers, Vulkan, selbst geschmiedet, um Vergnügen zu bereiten. Kein Wunder, dass ihre beste Freundin ihren Auftrag so sehr in die Länge zog!
Als würde er ihre eingehende Betrachtung wahrnehmen, schloss er den Morgenrock und band ihn energisch zu. Dann griff er in ein Eckschränkchen am anderen Ende des Zimmers und kam wieder auf sie zu. Immer näher kam er. Bumm! Sie knallte rücklings gegen die Bücherwand, als sie vor ihm zurückschreckte, weil er sich vorbeugte. Ein muskulöser Arm hob sich ihr entgegen. Mit einem unterdrückten Aufschrei wich sie zur Seite. Erst als seine Hand den Rasierapparat nahm, wurde ihr klar, dass sie einfach nur im Weg gestanden hatte.
Nun sah sie ihm dabei zu, wie er vor dem Spiegel begann, sich die dunklen Bartstoppeln abzurasieren. Dieses männliche Ritual erschien so vertraut und doch seltsam bedrohlich. Sie wollte ihre Sinne davor verschließen und hielt sich die Nase zu, um den Geruch seiner Rasiercreme auszusperren, vergaß dabei jedoch, dass sie ja in ihrem gegenwärtigen körperlosen Zustand gar nichts riechen konnte.
Mit zunehmendem Unbehagen registrierte sie die Kindheitserinnerungen, die sich in ihr Gedächtnis drängten. Und dann wurde ihr auf einmal der Grund für ihre Unruhe bewusst. Sie hatte Pontifex viele Male beim Rasieren zugesehen, vor langer Zeit, als sie noch ein Kind gewesen war.
»Wenn du ihr weh tust, dann töte ich dich«, platzte sie heraus, um gleich darauf die zitternden Finger auf
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