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Das Herz des Satyrs: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Das Herz des Satyrs: Roman (Knaur TB) (German Edition)

Titel: Das Herz des Satyrs: Roman (Knaur TB) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Amber
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auf den Tisch fiel, in dem Versuch, ihm auszuweichen.
    »Hast du sie verkauft?«, fragte er, und in seiner leisen Stimme schwang eine Wildheit mit, dass ihr kalt wurde.
    »Nein!« Sie ballte die Hände zu Fäusten und versuchte, ihn mit den Ellbogen von sich wegzudrücken, doch das erwies sich als unmöglich. Als ihre Fingerknöchel dabei jedoch unbeabsichtigt seinen Hals berührten, veränderte sich etwas in seinem Gesicht. Er wich abrupt von ihr zurück, als hätte er sich verbrannt. Sie starrte ihn argwöhnisch und überrascht an.
    Lucien erhob sich halb aus seinem Sessel; er sah beunruhigt aus. »Bastian?«
    Aber der älteste der Brüder Satyr winkte ab und starrte sie weiter an. Der Ausdruck einer tiefen Gefühlsregung huschte über sein Gesicht, so schnell wie eine Gewitterwolke an einem stürmischen Himmel.
    O nein! Hatte sie …? Silvia schaute auf ihre Hände und war erleichtert, als sie sah, dass die zu Fäusten geballt waren. Sie achtete stets darauf, niemanden mit offenen Handflächen zu berühren, denn ganz gleich wen sie als Wirt benützte, sie trug immer Vestas Feuer in sich.
    Doch wenn sie ihn nicht mit den Handflächen berührt hatte, warum verhielt er sich dann so merkwürdig?

    Völlig verblüfft starrte Bastian in das Gesicht des Wichteljungen.
    Gerade hatte er wieder Farben gesehen! Zum dritten Mal in seinem Leben. Und alle drei Vorfälle dieser Art hatten sich in den letzten beiden Tagen ereignet. Und auch dieses Mal hatte er gleichzeitig mit den Farben denselben Anfall von Verlangen verspürt. Verdammnis, in ihm baute sich der heftige Drang auf, auf Jagd zu gehen nach dem erstbesten weiblichen Wesen, das willig wäre. Was, zur Hölle, passierte da? Er ging um den Schreibtisch und warf sich in seinen Sessel, um seinem Körper Zeit zu geben, sich zu erholen. Und um sich einen Augenblick zu gönnen, darüber nachzudenken.
    Die Faust des Wichtels hatte seinen Hals gestreift. Genau im Augenblick dieser Berührung, Haut an Haut, waren die Farben aufgeflackert. Nicht so lebhaft diesmal, sondern eher so, als würde man mit einem unsichtbaren überirdischen Pinsel eine schwarz-weiße Szene in Pastellfarben ausmalen.
    Sobald er den Jungen losgelassen hatte, war die Farbe wieder verschwunden. Obwohl er begierig auf mehr davon war, erregte das Geschehen seinen Verdacht. Warum, nach neunundzwanzig Jahren seines Lebens, geschah das mit ihm? Und wie? Was konnten die Präsenz, die er gestern Morgen gefühlt hatte, der kindliche Geist von gestern Abend und dieser Wichtel möglicherweise gemeinsam haben?
    »Dein Name«, fragte er in scharfem Tonfall. »Wie ist dein Name, Wichtel?«
    »Rico.«
    Er verschränkte die Arme. »Dein richtiger Name.«
    Der Junge wirkte nervös, was seinen Verdacht, dass hier irgendein Schwindel im Gange war, nur verstärkte. Ohne den Blick von seinem Gefangenen abzuwenden, fragte er seinen Bruder: »Wichtel sind berüchtigte Lügner und Diebe, nicht wahr, Luc?«
    »So sehe ich das auch«, antwortete Lucien. Daraufhin warf der Junge ihm einen mürrischen Blick zu, der aus irgendeinem Grund in Bastian den Wunsch weckte, zu lachen. Doch er zwang sich, streng dreinzublicken, und sagte: »Soll ich dich zur polizia bringen und sehen, was man dort aus dir herausbekommt?« Sein Bruder stand auf und schreckte damit den Hund auf, als er so tat, als wolle er den Wichtel in Gewahrsam nehmen.
    »Warte!« Rico wich zurück und fragte Bastian hastig: »Woher hast du vorhin gewusst, dass ich hinter dem Zelt war?«
    Bastian lehnte sich im Sessel seines Vaters zurück und hörte das leise, vertraute Knarren von teurem Leder unter seinem Körper. »Ich erkenne den Geruch eines Wichtels, wenn ich ihn rieche.«
    »Dann beantworte mir diese Frage: An dem Morgen nach dem Diebstahl, hast du da ›Wichtel‹ gerochen?«
    »Das ist ein gutes Argument«, bemerkte Luc.
    Das war ein gutes Argument, denn einen solchen Geruch hatte er tatsächlich nicht wahrgenommen. »Aber genau jetzt warst du hier, um zu lauschen«, warf er ihr mit leiser Drohung vor. »Warum bist du heute hergekommen, wenn nicht, um zu stehlen?«
    Rico zuckte mit den Schultern. »Habe gehört, du hast ein paar Jungfrauen gefunden, also bin ich hergelaufen, um zu sehen, was Sache ist.« Dabei zeigte er ein jungenhaftes Grinsen, das anzüglich und gleichzeitig seltsam unschuldig wirkte. Doch sobald die Worte aus ihm herausgesprudelt waren, presste er sich überrascht die Finger auf den Mund, als sei er bestürzt darüber, dass er sie ausgesprochen

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