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Das Herz des Südens

Das Herz des Südens

Titel: Das Herz des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gretchen Craig
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auch die fortgesetzte Doppelbeziehung ihres Vaters zu Bibi und zu seiner Frau. Unerträglich. Unverzeihlich. Und diese geteilte Liebe erstreckte sich ja auch auf sie selbst. Sie wusste, dass ihr Vater sie geliebt hatte, aber sie wusste auch, er hatte Cleo mehr geliebt.
    Gab es treue Männer? Tante Marguerite hatte ihr gestanden, dass Onkel Sandrine ein Verhältnis mit einer Frau aus dem Blue Ribbon unterhielt. Wie konnte es nur möglich sein, dass Marguerite ihr das lächelnd erzählte? Aber Marguerite war ja selbst untreu gewesen. Sie hatte Phanor geküsst, im Haus ihres Mannes.
    Phanor … sein Wankelmut schmerzte sie immer noch. Sie hatte gedacht, es gäbe eine heimliche Verbindung zwischen ihnen beiden. Ja, er war arm und nur ein Cajun, aber … irgendwie hatte sie immer das Gefühl gehabt, er gehöre zu ihr, nein, er gehöre tatsächlich ihr. Natürlich war das Unsinn, sie hatte keinerlei Anspruch auf ihn. Aber diese Sache mit ihrer Tante – ja, selbst Phanor hatte sie verletzt.
    Am nächsten Morgen saß Josie hohläugig und übernächtigt am Frühstückstisch, aber sie tat, was von ihr verlangt wurde. Sie hatte so viele dringende Aufgaben, dass sie ihre Gefühle beiseiteschob und einen schwül-heißen Tag nach dem anderen abspulte. Sie las die Briefe der Bankiers aus New Orleans, brütete über den Rechnungsbüchern, und mit Cleo als Übersetzerin, die ihr half, die Ratschläge ihrer Großmutter zu verstehen, schrieb sie Briefe an die Gläubiger, in denen sie um eine Verlängerung der Kredite bat. Sie musste aufpassen, dass der Schweiß an ihren Händen die Tinte nicht verschmierte.
    Sie wartete auf jedes Postschiff, hoffte auf Post und fürchtete sie gleichzeitig. Und die gesichtslosen Männer, die das Schicksal von Toulouse in ihren Händen hielten, enttäuschten sie einer nach dem anderen.
    Schließlich kam der Brief von Monsieur Moncrieff, bei dem sie am meisten Geld aufgenommen hatten. Sie zerriss den Brief und warf ihn in eine Ecke. »Da sehen Sie, was ich von Ihrem Angebot halte, Monsieur.«
    Der Bankier hatte sich geweigert, das Darlehen ein weiteres Vierteljahr aufrechtzuerhalten. Stattdessen hatte er ihr angeboten, einen Teil des Grundbesitzes zu einem Bruchteil seines tatsächlichen Wertes zu kaufen. Die Kaufsumme würde die Schulden um einen noch kleineren Bruchteil verringern. Nein, sie würde irgendwo anders Geld borgen müssen.
    Sie hatte bereits Tante Marguerite und Onkel Sandrine angeschrieben, aber sie waren ebenso knapp bei Kasse wie alle anderen. Die einzigen, die sich anscheinend auf den Zusammenbruch vorbereitet hatten, waren einige der Américains. Die Johnstons zum Beispiel hatten überhaupt keine Schulden, sondern hatten vielmehr einem halben Dutzend Plantagenbesitzern in der Gegend Geld geliehen. Aber Josie wäre lieber gestorben, als sich vor Albany Johnston zu demütigen.
    Während Josie angestrengt versuchte, herauszufinden, wie viel Zuckerrohr Toulouse wohl in diesem Herbst abwerfen würde, beobachtete Cleo ein Schiff, das den Fluss heraufkam und zum Anleger drehte, um einen Passagier von Bord gehen zu lassen. Cleo war sicher, es musste Phanor sein. Sie rief nach Laurie, damit sie bei Madame blieb, und rannte die Treppen hinunter, um ihm entgegenzugehen.
    Unter dem dichten Blätterdach der Eichenallee lief sie ihm entgegen, das Gesicht leuchtend vor Hoffnung. Phanor würde endlich wieder einen Brief von Remy mitbringen.
    Als sie jedoch näher kam, verlangsamte sie ihren Schritt. Da stimmte etwas nicht. Phanor erwiderte ihr Lächeln nicht, antwortete nicht auf ihren Gruß. Und als sie direkt vor ihm stand, war die böse Vorahnung so stark, dass sie kaum noch atmen konnte.
    »Was ist geschehen?«, fragte sie.
    Phanor nahm sie am Ellbogen und führte sie zu einer schmiedeeisernen Bank unter einer der alten Eichen.
    »Sag es mir!«, forderte sie.
    Er bestand darauf, dass sie sich setzte. »Ich habe schlechte Nachrichten«, sagte er.
    »Remy …«
    »Im Hafen. Es gab eine Schlägerei«, sagte er und nahm ihre Hand. »Zwischen den irischen Arbeitern und den freien Schwarzen, wegen der Jobs. Irgendjemand hat ein Messer gezogen, und dann taten es ihm andere gleich. Remy hat einen Messerstich abbekommen, Cleo.«
    »Ist es schlimm? Braucht er einen Arzt?«
    Phanor schüttelte den Kopf. »Er ist noch im Hafen gestorben.«
    Cleo schaukelte vor und zurück, und ein tiefer Ton kam aus ihrer Brust. Sie zitterte am ganzen Leib, begann zu heulen und sich die Haare zu raufen.
    Phanors eigene Trauer

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