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Das Herz des Südens

Das Herz des Südens

Titel: Das Herz des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gretchen Craig
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Dach des Küchenhauses saßen zwei Katzen und mehrere Hühner.
    Bis zum Mittag beruhigte sich das Wasser ein wenig. Die Strömung war immer noch stark, aber nicht mehr so reißend, und Cleo schöpfte Hoffnung, dass ihre Lieben sich in Sicherheit gebracht haben könnten. Remy war vielleicht auf dem nördlichen Feld gewesen und hatte noch gar nichts bemerkt. Grammy Tulia, Thibault und Bibi hatten sich vielleicht auf einem schwimmenden Stück Holz retten können. Sie hatte schon Geschichten von Überlebenden gehört, die Meilen von zu Hause entfernt auf einem Hausdach gefunden worden waren.
    Mr Gale kam in einem Boot heran; zwei Sklaven saßen an den Rudern.
    »Hallo, wie sieht es im Herrenhaus aus?«, rief er mit dröhnender Stimme.
    Emmeline kroch zur Brüstung und zog sich hoch. »Haben Sie meinen Sohn gesehen?«
    »Nein, Madame, noch nicht, aber wir suchen immer noch nach Überlebenden.« Als Cleo an Madames Seite auftauchte, warf er ihr ein Seil zu. »Hier, Mädchen, nimm das Seil.« Sie befestigte es an der Brüstung.
    »Von deinen Leuten habe ich auch noch keinen gesehen«, sagte er zu ihr. »Aber wir geben die Hoffnung noch lange nicht auf.«
    »Und Ihre Familie?«, fuhr Madame Emmeline fort, jetzt schon wieder mit festerer Stimme. Emile konnte irgendwo sein, in einem Boot, auf einem Hügel … »Ihre Frau und Kinder, Mr Gale, sind sie in Sicherheit?«
    »Ja, sie sind in Sicherheit, danke der Nachfrage. Sie waren zu einem Besuch drüben bei den Daniels, ein Stück den Fluss rauf, und sie haben von der Überschwemmung gar nichts mitbekommen.«
    »Was ist mit den Sklaven, Mr Gale?«
    »Die meisten haben sich retten können, Madame Emmeline. Die Männer waren heute auf dem nördlichen Feld oberhalb des Deichbruchs.«
    Dann war wenigstens Remy gerettet, dachte Cleo.
    »Die meisten Verluste werden wir wohl hier in den Hütten haben«, sagte Mr Gale, »wobei wir immer noch einige auf Bäumen oder Dächern finden werden. Viele von ihnen können schwimmen, wissen Sie, trotz des Verbots.«
    »Ich will mit Ihnen kommen, Mr Gale«, platzte Cleo heraus. »Lassen Sie mich mitfahren, ich will nach Maman suchen.«
    »Auf keinen Fall«, verbot Madame. »Um keinen Preis der Welt lasse ich dich in dieses Wasser. Das Haus hält dem Wasser stand, hier bist du in Sicherheit.«
    Ohne auf Madame zu hören, kletterte Cleo in das Boot, so eilig, dass sie es fast zum Kentern brachte. Sie versuchte, sich an der Reling festzuhalten, aber zu spät: Laurie kreischte, und Mr Gale fluchte, während Cleo ins Wasser fiel und sofort unterging.
    Einer der Sklaven im Boot ließ sich ohne zu zögern ins Wasser gleiten und griff nach dem Halsausschnitt von Cleos Kleid, schob sie zurück ins Boot und kletterte selbst wieder hinein, während Cleo keuchend und hustend dasaß.
    »Schicken Sie sie sofort wieder hier herauf, Mr Gale«, befahl Madame.
    Der Aufseher fasste Cleo beim Ellbogen und schubste sie grob zurück über das Geländer auf die Veranda. Cleo blieb am Boden liegen und spuckte noch mehr Wasser.
    »Mr Gale«, sagte Madame. »Sobald Sie irgendjemanden von Cleos Familie finden, bringen Sie ihn oder sie sofort hierher. Im Übrigen sollten Sie einfach jeden herbringen, der Hilfe braucht. Cleo und ich bereiten hier alles vor, so gut es geht.«
    »Ja, Madame«, sagte Mr Gale. »Wir machen uns jetzt auf die Suche nach Monsieur Emile. Denken Sie an meine Worte, so schnell geben wir die Hoffnung nicht auf.«
    Madame kehrte mit festen Schritten ins Haus zurück, während Cleo verzweifelt dem Boot nachstarrte, mit dem die Männer wegruderten. Die Hilflosigkeit würgte sie in der Kehle.
    Als sie wieder zu Atem gekommen war, spähte sie über das Geländer, um auszumachen, wie tief das Wasser wohl sein mochte. Laurie beugte sich auch darüber, aber sie schreckte schnell wieder zurück. »Das ist ja grausig, Cleo«, sagte sie.
    Nur dreißig Zentimeter unterhalb des Bodens leckte das Wasser an den Pfeilern. Das hieß, dass selbst Ellbogen-John, der doch so groß war, ertrunken war, wenn er nicht schwimmen konnte. Cleo griff nach Lauries Hand. Sie war Ellbogen-Johns Enkelin. Lauries gesamte Familie, ihre Mutter und ihr Vater, ihre Brüder und Schwestern, waren alle irgendwo auf der Plantage unterwegs gewesen. Laurie klammerte sich an Cleo, und sie beobachteten zusammen das Wasser.
    Jetzt erschien Madame an der Tür zum Speisezimmer. Sie hatte sich wieder gefangen, keine Spur mehr von der Frau, die eben noch am Boden gekauert hatte. »Steh auf, Cleo.

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