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Das Herz des Südens

Das Herz des Südens

Titel: Das Herz des Südens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gretchen Craig
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mit ihnen Toulouse verließ, um in Texas ein neues Leben anzufangen. Sie hielt sich an seinen guten Rat und blieb den ganzen Tag im Haus. Aber nach dem Essen musste sich Monsieur LeBrec bei Madame zu einem geschäftlichen Gespräch einfinden, und das war ihre Chance, Remy endlich zu sehen.
    Sie eilte hinunter zu dem Platz, wo die Männer die neue Zuckermühle bauten, aber Remy war nicht dort. Sie versuchte es bei den Unterkünften, wo die neuen Hütten hochgezogen wurden. Der alte Sam hämmerte auf die Bodenbretter ein, als sie zu ihm trat und ihn fragte, wo Remy sei.
    Sam lehnte sich zurück und wischte sich den Nacken mit einem großen Taschentuch ab. Lange sagte er gar nichts, dann fasste er endlich Mut. »Er ist weg, Cleo.«
    »Weg? Aber …« Cleo stand mit offenem Mund da, als wäre sie gerade verrückt geworden. »Aber ich habe ein Bündel für ihn vorbereitet.«
    »Er hat den richtigen Zeitpunkt erwischt, Kind. Gale ist weg, und der Neue kennt hier noch keinen. Ein sehr guter Zeitpunkt.«
    Der alte Sam stand auf. »Nicht weinen, Schätzchen.« Er nahm sie in den Arm und tätschelte ihr den Rücken. »Es wird nicht besser, wenn du dir unnötig Sorgen machst. Weißt du, Remy ist ein kluger Junge, der kommt schon zurecht.«
    In Sams Armen fühlte sie sich geborgen, aber sie wusste, das war eine Illusion. Er konnte sie nicht vor LeBrec schützen, und auch Remy konnte er nicht beschützen.
    »Sieh doch mal, Cleo, die kleine Wolke da oben. Sieht sie nicht aus wie ein Schmetterling? Das beste Zeichen, das ein Mann haben kann. Ein weißer Schmetterling für dich und Remy, da bin ich ganz sicher.«
    Mit seinem breiten Daumen wischte er ihr die Tränen weg. »Du musst jetzt tapfer sein und im Haus eine gute Schau abliefern, damit niemand etwas merkt.«
    Cleo nickte, stellte sich auf die Zehenspitzen und küsste Sam auf die ledrige Wange. Dann eilte sie zurück ins Haus. Sie würde schon die Tür zu Josies Zimmer hinter sich geschlossen haben, wenn LeBrec Madame Emmelines Arbeitszimmer verließ.

II

16
    New Orleans, November 1836
    New Orleans – Stadt der Musik, des Tanzes, der üppigen Essenseinladungen. Josie bewegte sich im Sturm des Nachtlebens und genoss ihren Aufenthalt bei Tante Marguerite. Sie liebte die Partys und Konzerte. Aber diese Nachmittagsstunden an trüben, regnerischen Wintertagen … seufzend legte Josie ihr Buch beiseite. Es war so schrecklich klein gedruckt, und außerdem hatte Cleo es ihr ohnehin schon vorgelesen.
    Die große Uhr in der Diele schlug drei. Abigail hatte gesagt, sie würde um drei Uhr vorbeikommen, und da sie eine Américaine war, würde sie wohl auch tatsächlich pünktlich kommen. Josie hatte Abigail einigen ihrer kreolischen Cousinen vorgestellt, und sie hatten sie in ihren Kreis aufgenommen, aber Abigail suchte immer noch hauptsächlich Josies Gesellschaft, und Josie dachte sich ihren Teil dazu. Sie wusste schon, warum. Wenn Abigail das Haus verlassen wollte, brauchte sie natürlich einen Begleiter, und ihr Bruder Albany war nur allzu gern bereit, sie zu »beschützen«, wenn der Weg sie zu Josie führte.
    Als sie hörte, wie der Butler ihrer Tante die Tür öffnete, nahm sie ihr Cape und ihre Haube und begab sich in den Salon, um ihre Freunde zu empfangen. Aber diesmal war Albany Johnston allein gekommen.
    »Abigail lässt sich vielmals entschuldigen«, sagte er. »Sie hat sich erkältet und kann das Haus nicht verlassen. Aber damit Sie nicht zu enttäuscht sind – ich weiß ja, Sie müssen ab und zu mal aus dem Haus –, dachte ich, vielleicht würde Madame Lambert uns auf einem Spaziergang begleiten.«
    Immer verpackte er seine Einladungen so, dass nur ihr Wohl zur Sprache kam, dachte Josie. Es war nur eine Kleinigkeit, aber es war schrecklich lästig, und sie fühlte sich behandelt wie ein kleines Kind. Und was dachte er sich dabei, ihr ohne Abigail einen Besuch abzustatten? Aber sie hatte sich wirklich sehr darauf gefreut, auszugehen.
    Sie schickte nach der Schneiderin ihrer Tante. Madame Lambert war eine ältliche Witwe, die für die allfälligen Flickarbeiten und aus Gründen der Wohltätigkeit hier eine Bleibe gefunden hatte, eine reizende Frau, wenn auch ein wenig schwerhörig. Ja, sagte sie, sie würde gern mit Monsieur und Mademoiselle einen Kaffee trinken gehen, sie brauche nur einen Augenblick, um ihre Haube zu holen.
    Auf der Straße bot Albany Josie seinen Arm an. Madame Lambert ging hinter ihnen her. Josie war voller Mitleid, wenn sie das alte schwarze

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