Das Herz des Südens
Bestände aufgestockt hatte. Sie arbeitete wie ein Pferd, kochte ihm seine Mahlzeiten und wusch den Schlamm aus seinen Kleidern. Und sie war immer gut gelaunt.
Cora redete gern, plauderte mit ihm, wenn er zu Abend aß, oder redete laut mit sich selbst, wenn er gerade nicht greifbar war. Er hätte ihr befehlen können, still zu sein, aber er ließ sie gewähren. Abgesehen von ihnen beiden, war das Haus still und leer, und allmählich lernte er, ihren starken Akzent zu verstehen.
»Monsieur hat heut’ so’n Ding gekriegt«, sagte sie gerade.
»Ein Ding? Was für ein Ding denn?«, fragte er zurück.
»So’n gefaltetes Ding. Mit Tinte drauf. Ich hol’s schon.«
Sie kam zurück ins Speisezimmer, wo Bertrand an dem fleckigen Tisch aus Mahagoni seine einsamen Mahlzeiten einnahm. Cherleus Tochter hatte sämtliches Geschirr und alle Tischwäsche eingepackt und mitgenommen, als ihr Vater ihm das Haus verkauft hatte, und so musste Bertrand vorerst von den gleichen Holztellern essen wie seine Sklaven.
»Da«, sagte Cora. »Mit Tinte drauf.«
»Das ist ein Brief, Cora, so etwas nennt man Brief.«
»Weiß ich doch, Monsieur.«
Bertrand riss das dicke Papier auf und fand darin eine Einladung von Madame Emmeline Tassin nach Toulouse. Ob er wohl Lust und Zeit hätte, am Donnerstag mit ihr zu Abend zu essen? Kein formelles Essen, nur sie zwei, einfach so, als Nachbarn.
»Morgen kannst du die Antwort nach Toulouse bringen. Meinst du, das geht? Findest du den Weg?«
»Klar, Monsieur, mach ich. Gleich früh, wenn Monsieur gegessen hat, dann bin ich vor Mittag zum Kochen wieder da. Rumlaufen ist schön, da kann ich den Fluss sehen. Klar, mach ich.«
Am Donnerstag ritt Bertrand auf seinem Hengst nach Toulouse. Für diesen Anlass hatte er sich wieder einmal in feines Leinen und Wolle gekleidet, und obwohl sein Samtkragen durchaus ein Bügeleisen hätte vertragen können, sah er blendend aus. Er hoffte, Josies Lieblingssklavin – Cleo war der Name, wenn er nicht irrte – würde ihm öffnen, wenn er ankam. Das Mädchen war damals recht ernst und still gewesen, als er Josie von den Johnstons zurückgebracht hatte, aber sie hatte schließlich auch Angehörige bei dem Hochwasser verloren. Ihre großen, mandelförmigen Augen, die Kurve ihres langen Halses, die glatte, sahnig braune Haut – sie war schon auffallend hübsch, keine Frage.
Aber es war Madames kleine Lieblingssklavin, die ihn an der Tür empfing. Laurie nahm ihm sehr höflich den Hut ab und bat ihn, im Salon zu warten, während sie ihre Herrin holte. Müßig betrachtete er das Fernglas auf dem Tisch, bis Madame eintrat. Er stand auf und verneigte sich über ihrer Hand. »Madame Emmeline«, sagte er.
»Bertrand, ich freue mich, dass Sie es möglich machen konnten.«
Emmeline läutete eine silberne Glocke, bevor sie sich setzten, um vor dem Essen ein Gläschen Sherry zu genießen.
Bertrand erwähnte den Winter in Louisiana, der so viel wärmer, aber feuchter als in Paris war, als Cleo das Tablett mit der Sherrykaraffe und zwei Kristallgläsern hereinbrachte. Er betrachtete sie leicht abwesend, als sie einschenkte, das gut geschnittene Kleid und die Lederschuhe, die sie trug. Sicher Erbstücke von Josephine, dachte er.
Der Abend verlief sehr angenehm. Madame Emmeline und Bertrand hatten viele Berührungspunkte – die Arbeit mit den Sklaven, die Pflanzungen, die Sorge um das Land. Emmeline ließ ihn großzügig an ihrem Wissen und ihrer Erfahrung teilhaben, und er war wieder einmal beeindruckt von ihrem Geschäftssinn.
Cleo bediente still und effektiv bei Tisch, sodass Bertrand genügend Zeit hatte, sie zu beobachten. Das ausgeblichene Kleid schmeichelte ihrer Figur; es betonte ihre Taille und spannte ein wenig über dem Busen. Sie hatte sich verändert, wirkte nicht mehr so mädchenhaft wie beim letzten Mal. Kein Zweifel, sie hatte inzwischen einen Liebhaber und war zur Frau geworden, und das stand ihr gut.
Als Bertrand davon sprach, dass er Josie in New Orleans getroffen hatte, stand Cleo hinter Madame Emmeline und hörte ihm zu. Er fühlte die Macht ihrer dunklen Augen und lächelte innerlich über sich selbst, weil er sich so sehr von ihr beeindrucken ließ.
In der Folge machten Bertrand und Madame Emmeline es sich zur Gewohnheit, zwei Mal in der Woche mittags um eins zusammen zu essen. Er bewunderte den scharfen Geist der alten Dame und hörte aufmerksam zu, wenn sie ihm einen Rat gab. Sie wusste sogar, wie viel Wasser in die korbförmigen Zisternen passte
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