Das Herz des Südens
und wie lange das Wasser darin während der Trockenzeit vorhalten würde. Er lernte aus ihren Fehlern, beispielsweise, dass sie ihrem Aufseher zu sehr vertraut hatte, mit dem Ergebnis, dass der Deich gebrochen und die Plantage durch das Hochwasser verwüstet worden war.
»Sie müssen selbst über Ihren Besitz reiten, Bertrand«, sagte sie ihm eindringlich. »Ich habe den Fehler gemacht, zu viel im Haus zu bleiben, statt selbst auf der Plantage unterwegs zu sein.«
Bertrand arbeitete weiter auf seinem Land, wobei seine Nachmittage mit Madame Emmeline das einzige Zugeständnis an ein Leben als Gentleman waren. Bis Ende Januar waren alle Zuckerrohrschösslinge in der Erde und mussten jetzt nur noch in Ruhe gelassen werden, damit sie austreiben konnten, sobald der Boden wärmer wurde. Bertrand zog seine Sklaven von den Feldern ab und ließ sie an den Außengebäuden arbeiten. Sie rissen die alte Schmiede ab und bauten eine neue, reparierten die gemauerten Zisternen, bauten ein Taubenhaus und neue Hühnergehege, und sie besserten einiges an ihren eigenen Unterkünften aus.
Am ersten Sonntagmorgen im Februar saß Bertrand an seinem Schreibtisch über den Zahlen seiner Gewinne und Ausgaben, sehr zufrieden mit der Entwicklung der Plantage, als Cora hereingeschlurft kam. Ihre Hände sprachen schon, bevor sie den Mund aufgemacht hatte.
»Monsieur, Monsieur, da kommt ein Mann! Ich hab’ gesehen, wie er vom Pferd gestiegen ist, ein großes Pferd, und er kommt hier rein!«
»Aber Cora, das ist doch kein Problem. Mach ihm einfach die Tür auf und bitte ihn herein. Dann nimmst du ihm den Hut ab und lässt ihn im Salon Platz nehmen.«
»Klar, mach ich, ich lass ihn rein.« Und damit schlurfte sie so schnell sie konnte zur Eingangstür.
Bertrand fuhr sich mit dem Kamm durch sein allzu langes Haar und band es mit einem Lederbändchen zurück. Er war froh, dass wenigstens seine Hände sauber waren, und warf noch schnell einen Blick auf sein Hemd. Es war frisch genug; so konnte er sich einigermaßen sehen lassen.
Er hörte, wie Cora den Besucher zwei Zimmer weiter Platz nehmen ließ, und nahm sich noch schnell Zeit, seinen Kragen zuzuknöpfen. Dann ging er hinüber, um festzustellen, wer der Besucher war.
»Albany, mein Freund!« Er streckte die Hand aus, als er das Zimmer durchquerte, denn er erinnerte sich daran, wie unangenehm es den meisten Amerikanern war, wenn man sich nach kreolischer Sitte auf beide Wangen küsste. Albany kam ihm auf halbem Wege entgegen, und sie schüttelten sich kräftig die Hände.
»Cora, mach den Kamin an«, sagte Bertrand. »Setz dich doch, Albany. Aber sei bloß vorsichtig mit den Möbeln, die wenigen Stücke, die mir geblieben sind, neigen dazu, unter mir nachzugeben.«
Lachend ließ sich Albany mit einer vorsichtigen Bewegung auf einem uralten Sofa nieder, das unter seinem Gewicht ein wenig ächzte.
»Der Rest des Hauses ist etwa in demselben Zustand«, erklärte Bertrand. »Hier müsste dringend gestrichen und renoviert werden, aber solche Schönheitskuren müssen leider warten, bis ich sehe, was aus der Ernte wird. Sobald ich abschätzen kann, wie viel mir bleibt, kann ich über derartigen Luxus vielleicht nachdenken.«
»Ich verstehe vollkommen. Tatsächlich siehst du schon aus, als wärest du dein Leben lang Plantagenbesitzer gewesen, aber das hatte mir Madame Emmeline schon verraten. Ich komme nämlich gerade von Toulouse.«
»Und dann geht es zurück nach New Orleans?«
»Ja, ich habe einige Geschäfte für meinen Vater erledigt und hoffe, später von deinem Anleger aus das Schiff zu nehmen. Wird es hier anhalten?«
»Aber sicher, ich lasse die Flagge für dich setzen, dann hält es auf jeden Fall.«
Die beiden Männer verbrachten den Vormittag damit, über die Plantage zu reiten, diskutierten darüber, ob es irgendeinen Nutzen brachte, den Sklaven einen zusätzlichen halben Samstag freizugeben, besprachen die Möglichkeit, den Sklaven am Sonntag den Kirchgang zu erlauben, und versuchten abzuschätzen, wie groß die Verluste während der Gelbfieber-Zeit sein würden. Zu einem späten Mittagessen kehrten sie ins Haus zurück.
Cora, die als Köchin für Feldarbeiter ihr Handwerk gelernt hatte, hatte die Politur von dem alten Mahagonitisch geschrubbt, bis er so matt schimmerte wie der Tisch in der Küche. Sie servierte Rosenkohl und Schweinekoteletts, geschmorte Äpfel und Süßkartoffeln und erzählte dabei die ganze Zeit, wie gut ihr Gemüse war, weil sie es ganz früh am Morgen
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