Das Herz des Werwolfs (German Edition)
Probleme immer auf Politik oder Familie zurückführen. Da er mit der Politik des Rudels nichts zu tun hatte, blieb noch die Familie – oder in seinem Fall die Tatsache, dass er keine hatte.
„Es geht mir gut. Wirklich.“ Er winkte ihr zum Abschied kurz zu und sagte leise: „Guten Lauf.“ Hinter ihren Augen konnte er schon das bernsteinfarbene Feuer erkennen. Und als er ihr Haus verließ, spürte er, wie die Magie der Verwandlung die Luft vibrieren ließ. Sie strich über seine Haut und verstärkte die Ruhelosigkeit in ihm, die ihn mehr und mehr plagte, während die Tage verstrichen und seine Führerin immer noch nicht kam. Die Frustration nagte an ihm, er fühlte sich kribbelig, unruhig. Er wollte durch die Dunkelheit rasen, Streit anfangen, den Mond anheulen …
Stattdessen machte er sich auf den Weg zurück zu der kleinen Blockhütte, die er in der Nähe des Steinkreises gebaut hatte. Er schloss den Reißverschluss seiner Jacke und steckte die Hände in die Taschen, als er den zwei Meilen langen Pfad entlangwanderte. Der Blutmond erleuchtete die Nacht mit seinem gespenstischen weißblauen Licht, das fast so hell war wie der Tag, nur farbloser. Als er seine Hütte erblickte, hing in der Luft bereits ein Chor aus aufgeregtem Jaulen und tiefem Heulen, das ihm Schauer über den Rücken jagte.
Seine Blockhütte bestand nur aus einem einzigen langen Raum mit einem Kamin in der Mitte und einem großen Herd. Auf die anderen Mitglieder des Rudels wirkte sie lachhaft altmodisch. Er hatte immerhin isolierte Fenster nach Art der Menschen und einen Energiegenerator nachWolfyn-Technologie eingebaut. Heute allerdings hatte er das Licht aus gelassen, und durch das Mondlicht, das die Kabine blauweiß erleuchtete, sah es fast so aus, als würde sie …
Oh, Mist. Glühen. Dayns Puls beschleunigte sich, denn er wusste aus Erfahrung, dass es nicht die Hütte war, die glühte. Ein Vortex bildete sich im Steinkreis!
Er rannte los. Als er um die Ecke bog, grollte Donner und ließ die Sohlen seiner Stiefel vibrieren, obwohl der Himmel sternenklar war. Er jubelte fast, als er das blauweiße Licht zwischen den Steinen Funken schlagen sah. Die Elektrizität ließ die Luft aufleuchten, reicherte sie mit Ozon an und stellte seine Haare auf, als ob auch er sich verwandelte.
Magie umgab ihn, als er den Hügel hinaufrannte, hüllte ihn ein und überzog ihn mit Lichtblitzen, als er kurz vor dem Steinkreis zum Stehen kam. Elektrizität strömte von einem Stein zum nächsten und wieder zum nächsten, bis der ganze Kreis vor blauweißer Energie aufleuchtete. Und dann, plötzlich, verschwammen das Gras und die Luft innerhalb des Kreises und fingen an, sich zu bewegen. Zuerst formten sie eine langsame, nach innen gerichtete Spirale, wurden dann immer schneller und schneller, bis sie innerhalb von Sekunden zu einem grauen Tornado aus allem und nichts geworden waren.
Die Magie zerrte an ihm und lockte. Komm , schien der Vortex zu sagen. Sprich die Worte und komm.
Doch Dayn zögerte. Bisher hatte der Vortex ihm nicht geholfen, auch nicht, wenn er den Zauber sprach, der ihn zurück nach Elden bringen sollte. Aber was, wenn die Zeit jetzt endlich gekommen war? Vielleicht sollte seine Führeringar nicht zu ihm kommen, sondern er zu ihr. Bitte, Götter.
Donner grollte und Magie peitschte, als er sich den Wald vorstellte, aus dem er fortgetragen worden war, und den Zauber sprach. Dann, auf alles vorbereitet, trat er in den Steinkreis.
Der Wind hüllte ihn sofort ein, hob ihn hoch und sog ihn Hals über Kopf in den wirbelnden Malstrom der Magie. Aufregung erfasste ihn. Es funktionierte! Donner brüllte und Blitze stoben umher, das ganze Universum schien einen Augenblick den Atem anzuhalten. In diesem Augenblick sah er eine moderne Küche im Stil der Menschen vor sich und zuckte vor Entsetzen zusammen. Nein, nicht die Welt der Menschen! Bring mich nach Elden!
Noch bevor er den Gedanken beenden konnte, flammte hinter seiner Stirn ein Schmerz auf und peitschte durch seinen Schädel … und alles verlosch.
Eine Sekunde lang nahm er nur Dunkelheit wahr. Ruhe. Stille. Er konnte nicht einmal seinen eigenen Herzschlag hören.
Dann kam mit einem Ruck alles um ihn zurück, blauweißes Licht traf seine Augen, und er spürte weiche grasbewachsene Erde unter seinen Füßen. Er blinzelte ins Licht und ballte vor Enttäuschung die Hände zu Fäusten, als er die Welt um ihn herum wieder klar erkennen konnte und den vollen Mond sah, der den vertrauten
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