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Das Herz des Werwolfs (German Edition)

Das Herz des Werwolfs (German Edition)

Titel: Das Herz des Werwolfs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Andersen
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schien nicht einmal zu merken, dass ihre Schritte plötzlich hohl klangen.
    Fluchend folgte ihr Dayn, hielt sich aber in der Nähe der Baumstämme, deren Rinde glatt wie Haut war, und trat nach Möglichkeit nur auf die festeren Wurzeln. Der Boden gab unter seinen Füßen nach wie eine Matratze. Der Gestank nach Schwefel warnte ihn, dass der Hain voll entwickelt war. Die Wurzeln der fleischfressenden Bäume hatten die Erde verdrängt und eine Höhle geschaffen, in der sich ihre Verdauungssäfte sammelten.
    Zu spät erkannte auch Reda die Gefahr. Abrupt blieb sie neben einem großen Mutterbaum stehen, streckte die Hände aus, um das Gleichgewicht zu halten, und sah mit neuer Angst auf dem Gesicht zu ihm zurück.
    Dann fiel sie.
    „Nein!“ Er hechtete auf das Loch zu, das sich im Boden aufgetan und sie verschluckt hatte, blieb auf der letztenfesten Wurzel stehen und hustete, als der Schwefelgestank zu ihm heraufstieg. Sein Magen verkrampfte sich. „Reda!“
    Und dann – den Göttern sei Dank! – bewegte sich eine handgelenkdicke Wurzel am Rand des Lochs, und er hörte ein leises „Hilf mir!“.
    „Ich komme!“ Er riss sich den Schwertgürtel von der Hüfte, rammte das Kurzschwert mitsamt Scheide in den Stamm des Mutterbaumes und hieb dabei so fest zu, dass es trotz der Lederscheide im Stamm versank. Dann hängte er sein ganzes Gewicht an diesen Anker und lehnte sich so weit vor, wie er konnte, ohne umzufallen. Dadurch kam er nahe genug, um ihre großen verängstigten Augen zu sehen, aber es reichte nicht, um sie zu packen. Langsam streckte er die freie Hand aus und bemühte sich, die letzten Zentimeter zu überbrücken. „Beweg dich ganz langsam und verlagere dein Gewicht nicht, wenn du meine Hand nimmst“, wies er sie an. Seine Stimme war heiser von den scharfen Schwefeldämpfen. Er konnte ihr Gesicht nicht mehr erkennen, konnte nur noch ihre Hand sehen, die sich nach der seinen ausstreckte. Langsam. Langsam.
    Der Boden sackte weg und brach zusammen, als die kleineren Wurzeln nachgaben, rissen, rissen … Und dann kreischte sie, sprang hoch und packte sein Handgelenk, als das Gestrüpp um sie herum nach unten fiel.
    Dayn zerrte sie hoch, riss sie an sich und lehnte sich mit ihr gegen den Stamm. Dann wirbelte er sie herum und presste sie mit seinem Körper gegen den Baumstamm, für den Fall, dass sie immer noch vorhatte davonzurennen. Stattdessen schob sie beide Hände unter seine Jacke, um die Arme um ihn zu schlingen, krallte sich in seinen Pullover, barg das Gesicht an seiner Brust und hing dann einfachda und zitterte.
    Auch wenn noch vor einem Augenblick alles, aber auch wirklich alles falsch gelaufen war, schien auf einmal alles sehr, sehr richtig. Sie schmiegte sich nahtlos an ihn, wärmte ihn da, wo ihm so kalt gewesen war. Es ging ihr gut. Und sie war in seinen Armen.
    Sie ist deine Führerin, du Hornochse, fauchte seine sehr menschlich klingende Stimme der Vernunft. Und du solltest besser an deine verdammten Prioritäten denken.
    Aber hatte seine Führerin nicht sogar absolute Priorität? Er wusste nicht, welche Rolle sie auf seiner Reise spielen sollte, aber er hatte langsam den Verdacht, dass es nicht damit getan sein würde, dass sie ihm den Weg zeigte. Für den Anfang jedenfalls reichte es ihm zu wissen, dass sie ihn nicht in der Welt der Wolfyn allein gelassen hatte und nicht in den Tod gestürzt war.
    „Schsch“, sagte er gegen ihre Schläfe und genoss den sanften Duft nach Blumen und Gewürzen, der von ihrem lockigen Haar ausging. Ein Hauch Weiblichkeit, der ihm so lange versagt gewesen war. „Ich habe dich. Alles ist gut.“
    Sie atmete bebend ein. „Aber du bist, du bist …“
    „Keine Gefahr für dich, das verspreche ich dir.“ Er lehnte sich weit genug zurück, dass sie sein übertrieben breites Lächeln sehen konnte. Nur seine normalen Zähne waren sichtbar. „Siehst du? Die Fangzähne sind weggesteckt. Ich werde dich nicht beißen, und ich kann dich nicht verwandeln. Die Legenden der Menschen stimmen nicht, Reda. Ich schwöre es. Ich bin nur eine andere Art von Mann.“
    Sie kauerte sich gegen den Baumstamm, ließ seinen Pullover aber nicht los. „Diese Frau. Moragh. Sie …“ Sie schauderte, und ihr Gesicht verzog sich vor Ekel. „Erkonnte sich nicht befreien. Er wollte, aber er konnte nicht. Sie hat ihn kontrolliert. Und dann, danach … es war, als wäre sie in seinem Kopf.“
    Verflucht. Er zögerte, versuchte, die richtigen Worte zu finden, denn er wollte auf einmal

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