Das Herz des Werwolfs (German Edition)
und es schien ihm nichts auszumachen, dass Blut an ihm herablief.
Die Vampirin sah ihm mit einem leichten Lächeln auf den blutbefleckten Lippen nach. „Keine Sorge. Sie finden dich sicher zuerst.“ Das Mondlicht spiegelte sich in ihren Fangzähnen, als ihr Lächeln breiter wurde, grausamer. Dann drehte sie sich um, hob die Kette des Monsters vom Boden auf und führte es in den Steinkreis.
Der Vortex brüllte, und sie verschwanden.
Sobald sie verschwunden waren, löste sich Redas Lähmung. Sie sprang auf und rannte zu den Steinen. Ihr Herz hämmerte, als sie die Zauberworte rief, die sie überhaupt erst in diesen Schlamassel gebracht hatten.
Sie war nur wenige Schritte entfernt, als Dayn zwischen den Bäumen hervortrat und rief: „Reda, warte !“
Zögernd sah sie sich um. Genau in diesem Augenblick füllte ein peitschender Laut die Luft, der Vortex brach insich zusammen und verschwand. Sekunden später sah sie einen leuchtenden bernsteinfarbenen Blitz, dann war alles vollkommen still. „Nein!“ Sie raste durch die Steine in ihre Mitte. „Warte, nein! Nimm mich mit!“
„Reda, hör auf.“ Dayn packte sie an den Armen. „Hör auf. Es ist vorbei. Er ist weg.“
„Nein! Sie versiegelt ihn! Lass das nicht zu!“ Auch wenn sie tief in ihrem Herzen wusste, dass es bereits zu spät war, wehrte sie sich gegen seinen Griff und versuchte sich zu befreien – nicht nur von ihm, sondern von diesem ganzen schrecklichen Ort mit seinen Werwölfen und Vampiren und dreiköpfigen Monstern. Schließlich sah sie ein, dass es vergebens war. Sie ließ sich gegen ihn fallen, ergriff seine Jacke, um ihm ins Gesicht sehen zu können, und begann zu weinen. „Hast du sie gesehen? Hast du gesehen …?“
Sie verstummte, als er seine Arme um sie legte, um ihren Körper an seinen zu ziehen. Jetzt erst merkte sie, wie hart und erregt er war. Mit verschleiertem Blick sah er ihr in die Augen. Dies war der vollkommen falsche Moment, der vollkommen falsche Ort, dennoch loderte Hitze in ihr auf und strömte durch ihre Adern. Ihr Atem ging flacher, sie presste sich gegen ihn und schmiegte sich an ihn, als seine Lippen sich senkten … öffneten …
Und das Mondlicht spiegelte sich in den zwei langen gebogenen Fangzähnen, die vorher noch nicht da gewesen waren.
4. KAPITEL
E inen Augenblick lang sah Dayn nichts als Redas Mund und konnte nur noch denken Will. Brauche. Jetzt.
Im nächsten Augenblick schrie sie auf und riss sich von ihm los. Ihr Gesicht war aschfahl vor Schreck, und ihr Mund formte vor Angst ein rundes O, bevor sie flüsterte: „Nein. Oh Gott, nein. Du bist …“
Erschrocken wich er zurück. „Reda, was …“ Und er spürte, wie seine Lippen über seine Fangzähne glitten. Seine voll ausgefahrenen Fangzähne. Die noch ein Stück größer waren als die der Hexe und genau dem gleichen Zweck dienten. „Oh, Mist. Warte. Das kann ich erklären.“ Er trat einen Schritt auf sie zu und streckte die Hand aus. „Es ist nicht …“
Sie sprang zurück und rannte wie ein verängstigter Hase zur nächstgelegenen Baumgruppe, möglichst weit weg von den Steinen und der Hütte.
Er lief hinter ihr her, aber er ließ ihr einen Vorsprung und rannte nur gerade so schnell, dass er sie nicht aus den Augen verlor. Nicht nur, damit sie Abstand gewinnen konnte, sondern auch er selbst. Denn ihm gefiel auf einmal überhaupt nicht mehr, was gerade geschehen war.
Er hatte gesehen, wie die Bluttrinkerin von dem Hals des Gnomes getrunken hatte, und dabei fast den Verstand verloren. Oder vielleicht hatte er ihn einige Sekunden lang verloren, denn das war die einzige Erklärung dafür, dass er versucht hatte, Reda zu küssen, während seine Fangzähne ausgefahren waren.
„Warte“, rief er ihr nach und verlängerte seine Schritte,um sie einzuholen. „Bitte, lass mich erklären.“
Sie warf einen panischen Blick über die Schulter und sah dann wieder zum Wald. Auf einer Seite gab es eine lichtere Stelle, und sie bog ab und rannte darauf zu. Auf einem fast runden Flecken wuchsen keine normalen Waldbäume, sondern vereinzelte Bäume mit ausladenden Wurzeln, die miteinander verwuchsen und sich zu komplizierten Mustern verwoben.
„Reda, nein!“ Dayn rannte noch schneller. „Stopp! Das sind Bohrer! Der Boden ist nicht sicher!“
Aber sie lief einfach weiter. Entweder glaubte sie ihm nicht oder war der Meinung, dass ein Baum nicht schlimmer sein konnte als ein Vampir. Sie stürzte auf den Hain, rannte über das Netzwerk aus Wurzeln und
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