Das Herz des Werwolfs (German Edition)
dringend, dass sie diesen Teil von ihm verstand. Er verfluchte sein Pech, dass ihre erste Erfahrung mit Bluttrinken gewesen war, zu sehen, wie die Hexe brutal von der Kehle ihres Dieners getrunken hatte, ein Angriff auf Leib und Seele. Dabei sollte es eigentlich ganz anders sein, war vielmehr ein Ausdruck von … na ja, Liebe.
Er stieß langsam den Atem aus. „Bluttrinker zu sein ist erblich, wie viele Merkmale. Aber es ist auch magisch, deswegen gehören dazu noch einige andere, ähm, Eigenschaften. Die meisten von uns sind stärker und schneller als der Durchschnitt. Ich heile schnell, besonders wenn meine Fangzähne ausgefahren sind. Manche von uns können Dinge bewegen, ohne sie anzufassen, und viele von uns können in Gedanken zu anderen sprechen, manche mehr, andere weniger.“
„Gedankensprache“, wiederholte sie und riss die Augen weit auf. „Gehirnwäsche meinst du. Das hat sie dem Gnom angetan.“
„So, wie du es gerade gesehen hast, sollte es nicht ablaufen. Ein Bluttrinker trinkt normalerweise vom Handgelenk, manchmal auch von anderen Stellen, aber nie am Hals. Der Hals bleibt Liebespaaren vorbehalten, und beide sollten vorher einverstanden sein. Normalerweise passiert es nur zwischen Lebenspartnern, weil das eine ganz besondere Bindung schafft. Die Bewusstseine verbinden sich miteinander auf einer anderen Ebene.“ Er hieltinne. „Ja, mithilfe von Gedankensprache kann man jemandem einen Befehl einsetzen, indem man von seinem Hals trinkt, so wie du es gerade gesehen hast. Aber … das tut man einfach nicht. Es verstößt gegen die Regeln. Ist unmoralisch.“
Es ärgerte ihn, dass ein Mitglied seiner Art sich dem Blutmagier angeschlossen hatte, und es verstörte ihn tief, dass ihre blutige Tat seine Fangzähne hatte hervortreten lassen. Zum Teil hatte es auch daran gelegen, dass Reda seine Sinne derart entflammt hatte, aber das machte es nicht besser. Er sollte nicht auf diese Weise an Reda denken, er durfte nicht. Hatte er nichts aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt?
„Hast du … kannst du jemanden auf diese Weise zwingen?“
Auch wenn er diese Menschenfrau mit den weit aufgerissenen Augen am liebsten weiter verschreckt hätte, um sie auf Distanz zu halten – sie musste ihm auch vertrauen. Also sagte er die Wahrheit. „Ich kann in Gedanken mit Blutsverwandten sprechen, und zumindest in dieser Welt kann ich die meisten Frauen beeinflussen, wenn ich sie berühre.“ Als er sah, dass ihre Miene wieder verwirrt und verängstigt wurde, fügte er leise hinzu: „Reda, sieh mich an.“ Er wartete, bis sie sich auf ihn konzentrierte, bis ihr Blick ausschließlich auf ihn gerichtet war, ehe er fortfuhr: „Ich schwöre bei meiner Ehre, dass ich dich nicht beeinflusst habe. Ehrlich gesagt, versucht habe ich es schon. Aber vielleicht hat es mit den verschiedenen Welten zu tun, vielleicht auch mit dem Zauber meines Vaters, jedenfalls scheine ich auf dich keinerlei Wirkung zu haben.“
Das hatte er irgendwie ungeschickt ausgedrückt, aberin ihren Augen glomm ein kleiner schuldbewusster Funke auf, und sie löste die Hände von seinem Pullover und strich die Wolle glatt. „Das würde ich so nicht sagen. Aber noch einmal zu dem, was da drüben geschehen ist.“
„Es wird nicht wieder vorkommen. Ich habe nicht einmal gemerkt, dass meine Zähne ausgefahren waren – es ist lange her, dass ich einen anderen Bluttrinker gesehen habe, geschweige denn einen, der so getrunken hat.“ Er schluckte. „Ein paar Sekunden lang hat ihre Magie mich überwältigt, und du hast die Auswirkungen davon abbekommen. Wie gesagt, es wird nicht wieder vorkommen. Versprochen.“ Er hielt inne. „Aber ich will, dass du mir auch etwas versprichst. Du darfst nie wieder so davonlaufen. Du musst bei mir bleiben, und wenn ich sage, dass etwas gefährlich ist, dann musst du es mir auch glauben. Denn die Träume besagen, dass wir die Sache gemeinsam durchstehen müssen. Und ob du daran glaubst oder nicht, ich glaube es jedenfalls. Und so wie ich es sehe“, er nickte in Richtung des klaffendes Loches, „wärst du gerade fast Pflanzenfutter geworden. Versprich mir also, dass du bei mir bleibst und mir erlaubst, dich, so gut es geht, zu beschützen.“
„Ich verspreche es“, sagte sie mit einer Bereitschaft, die ihn ein wenig überraschte. Und dann füllten ihre Augen sich tatsächlich mit Tränen, die ihr über die Wangen liefen. Mit zitternder Stimme fragte sie: „Es ist wirklich alles echt, oder?“
Sein Herz zog sich
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