Das Herz des Werwolfs (German Edition)
„Woher?“ Und dann gab er sich selbst die einzig mögliche Antwort: „Candida hat es dir erzählt.“
„Sie wollte, dass noch jemand davon weiß, falls ihr irgendetwas passiert. Als der Diener der Hexe gekommen ist, habe ich so getan, als wüsste ich von nichts. Ich wollte dir eine Nachricht zukommen lassen, um dich zu warnen, aber ich wusste nicht, wie.“
Die Schuldgefühle zerfraßen ihn innerlich. „Es tut mir leid. Ich hätte dir alles selbst erzählen sollen, aber … Kenar.“
„Kenar“, stimmte sie zu. Da war etwas in ihrer Stimme,das nie zuvor da gewesen war. Wut vielleicht oder Trotz. Er fragte sich, ob diese Gefühle neu waren, oder ob sie eine Seite von ihr waren, die sie bis dahin vor ihm verborgen hatte, wie ihre Zusammenarbeit mit Candida.
„Danke, dass du uns zur Flucht verholfen hast“, sagte er, weil er wusste, dass sie es gewesen sein musste. Sein Blick wanderte zur reglosen Gestalt des bewusstlosen Wolfyn. „Bekommst du deswegen Ärger?“
„Ich gebe dir die Schuld.“ Sie sah den Bergkamm entlang, wo das immer lauter werdende Heulen ihnen verriet, dass der Rest des Rudels sich wieder sammelte. „Ihr solltet über die Brücke gehen und sie auf der anderen Seite losmachen.“
„Das ist der Plan.“
„In welche Richtung geht ihr dann?“
„Nordwesten“, sagte er, ohne zu zögern. Er schenkte ihr sein volles Vertrauen, auch wenn es jetzt zu spät dafür war. „Zum Bogen von Meriden.“
Sie nickte. „Ich sage ihnen, ihr seid nach Süden gegangen. Wir gehen dann zur Holzbrücke unten am Candle Pass.“
Das gab ihnen einen halben Tag Vorsprung. „Dafür schulde ich dir einen Gefallen. Verdammt, viel mehr als einen.“ Er zögerte. „Keely, das mit der Gedankensprache tut mir leid. Ich musste nur … ich musste trinken.“
Sie zuckte nur mit den Schultern und sagte in der typisch sachlichen Art der Wolfyn: „Ich bin ziemlich ausgerastet, als Candida mir davon erzählt hat, aber sie hat mich wieder beruhigt und mir geholfen, darüber hinwegzukommen. Und auf lange Sicht war es ein fairer Tausch – ich habe dich für Sex benutzt, du mich für mein Blut. Dasmachen Leute wie wir eben so – wir benutzen einander.“
Es war ein verdammt schwerwiegender Vorwurf. Und er war schuldig im Sinne der Anklage.
Er musste schlucken und merkte sehr deutlich, dass Reda von ihm zurückgewichen war. Sie schlang die Arme um den Körper, als würde sie frieren, und starrte über die Schlucht, als könnte sie nicht einmal mehr seinen Anblick ertragen. Er wollte sie zur Seite nehmen und ihr sagen, dass es so nicht gewesen war zwischen Keely und ihm. Nur war es nun einmal genau so gewesen – sie hatte den Nagel auf den Kopf getroffen. Sie hatten einander benutzt und waren beide zufrieden mit ihrem Handel gewesen. Jetzt, da das Wolfsbene in seinen Adern floss und er Reda getroffen hatte, schien ihm diese Übereinkunft kalt und blutleer.
Doch er hatte jetzt nicht die Zeit, um sie zur Seite zu nehmen und ihr alles in Ruhe zu erklären, nicht einmal für ein paar schnelle Worte. Sie mussten jetzt verschwinden und später reden.
Zu Keely sagte er: „Pass auf dich auf, okay? Und finde dein Glück.“
„Geh jetzt.“ Ihr Blick wanderte von ihm zu Reda und zurück. „Und … finde du auch dein Glück, okay?“
Er wusste nicht, was er darauf antworten sollte, also nickte er nur. „Danke für alles. Geschäftliche Abmachung oder nicht, ohne deine Hilfe hätte ich die letzten zwanzig Jahre vermutlich nicht ertragen.“ Er gab ihr keinen Abschiedskuss, wie er sie auch fast nie zur Begrüßung geküsst hatte. Diese Art von Beziehung hatten sie nie gehabt. Stattdessen führte er Reda zu einer niedrigen Reihe Bäume, hinter der sich der Rand der Schlucht verbarg. „Komm jetzt. Keely verschafft uns so viel Zeit, wie sie kann, aber wirmüssen über die Brücke und sie an der anderen Seite lösen, ehe das Rudel herkommt.“
Sie sagte kein Wort, als sie auf die Bäume zuliefen. Er wusste nicht genau, ob ihr Schweigen daran lag, dass sie nach dem Angriff der Wolfyn noch unter Schock stand, ob sie wegen Keely verärgert war oder ob sie ganz andere Gründe hatte. Vielleicht alles zusammen.
Was er mit Sicherheit wusste, war, dass sein Arrangement mit Keely etwas ganz anderes gewesen war als seine Gefühle für Reda. Das eine war geschäftlich und rational gewesen, das andere war vollkommen irrational und unklug. Aber obwohl er das wusste, konnte er seinen Blick nicht von Reda lassen. Zum Teil mochte das
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