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Das Herz des Werwolfs (German Edition)

Das Herz des Werwolfs (German Edition)

Titel: Das Herz des Werwolfs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Andersen
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zögerte, eine solche Botschafterrolle anzunehmen, noch ehe er sein Königreich zurückerobert hatte. „Ja. Das ist ganz schön ambitioniert.“
    „Candida hat es so gewollt. Deswegen hat sie mit dir Freundschaft geschlossen. Wenn du es also nicht für mich tun willst, dann tu es für sie.“
    Er musste schlucken. „Für euch beide. Und für das Wohl unserer Welten, hoffe ich.“
    „Gut. Dann geh. Mach endlich, dass du fortkommst.“ Sie küsste ihn auf die Wange, drückte ihm Rucksack, Armbrust und Schwert in die Hände und bedeutete dem Rudel, ihn durchzulassen.
    Die Art, wie Roloff ihm auf die Schulter klopfte, machte deutlich, dass er auf keinen Fall zurückkommen sollte. Der Rest des Rudels beobachtete ihn, ohne zu blinzeln, aus bernsteinfarbenen Augen, in denen deutlich die Erleichterung darüber zu lesen war, ihn endlich loszuwerden. Es würde mehr als Keelys guten Willen brauchen, um sie zu überzeugen – geschweige denn die anderen Rudel –, den Bluttrinkern eine Chance zu geben, aber die Vorteile eines solchen Bündnisses konnten immens sein. Was nur ein Grund mehr für ihn war, endlich durch den Vortex zu reisen, um die neue Ära einzuläuten.
    Trotzdem machte sich ein Gefühl der Leere in Dayn breit, als er den Pfad zum Steinbogen hinauflief. Nicht,weil er traurig darüber wäre, die Welt der Wolfyn zu verlassen, oder wegen der Veränderungen – und der Toten –, die es seinetwegen gegeben hatte, oder zumindest nicht nur. Nein, der Schmerz in ihm hatte rote Locken und blaue Augen, und das leere Gefühl entsprang der Gewissheit, dass die drei besten Tage seines Lebens vorüber waren.
    Und der Rest fing gerade erst an.
    Seine Füße schienen schwer, als er auf die schmale Steinbrücke trat. Er folgte Redas Spuren in der dünnen Kiesschicht, blieb stehen, wo sie stehen geblieben war, stand, wo sie gestanden hatte. Er schloss die Augen eine Sekunde lang, versuchte, sie in Gedanken zu erreichen, doch es gelang ihm auch diesmal nicht. Trotzdem schickte er seine Nachricht auf die wogende Magie der Welten zu, hoffte entgegen aller Wahrscheinlichkeit, dass die Worte sie erreichen konnten, genau, wie das Märchenbuch sie einst erreicht hatte: Leb wohl, süße Reda. Sei mutig. Leb dein Leben.
    Und dann tat er, ohne hinabzusehen, einen Schritt über den Rand. Und fiel nach Hause.

11. KAPITEL
    D ayns Stimme hallte noch in ihren Ohren, als Reda aufwachte. Sie schwebte schwerelos in einem seltsam wabernden Nebel, der an einigen Stellen weiß war, während andere in allen Farben des Regenbogens funkelten, von oben beleuchtet durch Lichtstrahlen, die willkürlich schienen und doch wieder nicht. Sie trug ihren Bogen über der Schulter und klammerte sich an drei armselig wirkende Pfeile.
    „Hallo?“, rief sie. „Dayn?“ Ihr Puls hämmerte in ihren Ohren. Ein Teil von ihr wollte, dass er hier war, ein anderer nicht. Vielleicht konnte sie eines Tages an ihn denken, ohne das schreckliche Knirschen von Knochen und das schauderhafte Heulen zu hören. Aber noch nicht jetzt. Noch lange nicht.
    Sie hatte gedacht, die Entfernung würde helfen und vielleicht, etwas Zeit allein zu Hause zu verbringen.
    Aber das hier war offensichtlich nicht ihr Zuhause.
    Was ging hier vor?
    Die Nerven unter ihrer Haut fingen an zu kribbeln. Sie verfiel diesmal nicht in Schockstarre, aber etwas warnte sie, dass das hier nicht gut war. Auf ihrer Reise in die Welt der Wolfyn war sie nicht bei Bewusstsein gewesen, aber laut Dayns Beschreibung sollte eine Reise durch den Vortex so nicht ablaufen. Er sollte sie aufsaugen und ausspucken, keine Umwege. Das hier war eindeutig ein Umweg.
    Bleib ruhig. Du kannst das durchstehen. Sie zwang sich, gleichmäßig zu atmen und stellte sich ihre Küche bis ins kleinste Detail vor, bis zum schmutzigen Geschirr in der Spüle und dem Buch auf der Anrichte. Dann sagte sie denZauberspruch ihrer Mutter auf. Doch statt in ihrer Küche zu landen, hörte sie die Stimme eines Mannes.
    Deine Arbeit ist noch nicht getan.
    Die Stimme erklang in ihrem Kopf, aber sie kam aus dem Nebel, von nirgends und von überall. Sie verursachte ihr eine Gänsehaut, aber nicht, weil sie gruselig gewesen wäre. Die Worte waren tief und stimmhaft, und sie hatten diesen formellen, etwas steifen Tonfall, den Dayn manchmal ….
    Nein. Daran würde sie nicht einmal denken. Nicht, solange ihre Augen sich mit Tränen füllten und ihr Magen sich umdrehte, weil sie in Gedanken noch das Knirschen eines brechenden Genicks und das Heulen eines

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