Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Herz des Werwolfs (German Edition)

Das Herz des Werwolfs (German Edition)

Titel: Das Herz des Werwolfs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Andersen
Vom Netzwerk:
Wolfyn tastete.
    Sie leuchtete auf, aber nur schwach. Das Licht der Lampe war fahl und kläglich, selbst als er sie voll aufdrehte. Zu viel Wissenschaft und nicht genug Magie in dem Teil, dachte er und wagte es nicht, die Worte laut auszusprechen, da er dabei aus Versehen einatmen könnte.
    Er sah sich rasch um und stellte fest, dass der Vortex ihn ans Ende einer Höhle geworfen hatte. Er glaubte, Malereien an den Wänden zu entdecken, aber das verschmierte Guano und die Tränen in seinen Augen machten es schwer, etwas zu erkennen. Es gab nur einen Ausgang, darum musste er sich wenigstens keine Gedanken machen. Er schulterte seinen Rucksack und machte sich auf an die frische Luft.
    Die Höhle führte um eine Kurve und dann um eine weitere, ehe er weiter vorne Tageslicht erkennen konnte. Er blieb vor der letzten Windung stehen und steckte seine Lampe ein. Und dann blieb er noch eine Augenblick länger stehen, denn nach zwanzig Jahren war der nächste Schritt ein sehr großer.
    „Elden“, sagte er leise.
    Er war endlich zu Hause. Er konnte endlich seine Fehler wiedergutmachen. Und wenn in ihm ein tiefer Schmerz war, weil er allein aus der Höhle trat, dann konnte er dagegen im Augenblick nichts machen. Er hatte seinen Handel gemacht und sein Opfer gebracht. Das Geisterreich hatte ihm gestattet, Reda zu retten, und im Gegenzug hatte er jede Chance auf eine gemeinsame Zukunft aufgegeben. Und vielleicht, wahrscheinlich, hatte es die ganze Zeit so enden sollen.
    Er atmete tief ein und borgte sich einen besonders passendenSpruch der Menschen: „Wird schon schiefgehen.“
    Wenn er Glück hatte und der Zauber auf seiner Seite war, befand er sich schon in der Nähe der Burginsel. Noch besser wäre es, wenn Nicolai, Breena und Micah einfach dort draußen in ihrem Lager auf ihn warteten. Bei allen Göttern, Micah war jetzt erwachsen!
    Er versuchte, sich nicht zu fest an diese Hoffnung zu klammern, so verlockend es auch sein mochte. Nachdem er den Rucksack noch einmal zurechtgerückt hatte, zog er los, erst um die Biegung der Höhle und dann hinaus ins Tageslicht. Und blieb wie angewurzelt stehen.
    „Verflucht noch eins.“ Noch ein passender menschlicher Spruch, und leider nur allzu angebracht.
    Der Anblick, der sich ihm bot, war nicht das, was er erwartet hatte, und nichts, worauf er vorbereitet war. Der Wald, der sich vor ihm ausstreckte, war nicht grün und fruchtbar, voller Verstecke für wilde Kreaturen. Er war braun und dünn, ohne Unterholz und mit nur wenigen gelblichen Blättern, kaum genug, um Leben zu spenden.
    Schlimmer noch, er konnte sich nicht einmal einreden, er wäre am Rand eines der südlichen Königreiche gelandet, nahe der Ödlande oder einer Wüste. Denn als seine Augen sich an den schrecklichen Anblick gewöhnt hatten, erkannte er den Abhang vor sich und den felsigen Hügel hinter sich. Er erkannte jetzt sogar die Höhle, auch wenn er noch nie ganz bis zu ihrem Ende gegangen war, weil ihn der schreckliche Gestank davon abgehalten hatte.
    Er war in Elden, weniger als einen Tagesmarsch von der Burg entfernt. Aber bei allen Göttern und dem Abgrund, was war mit seinem Land geschehen? Mit seinem Wald?
    Leider war die Antwort sehr einfach: Der Blutmagierwar geschehen. Das hier hatten zwei Jahrzehnte Schwarzer Magie seinem einst so atemberaubenden Königreich angetan, zwei Jahrzehnte der Vernachlässigung. Es hatte das Land umgebracht.
    „Nein.“ Sein Herz zog sich so fest zusammen, dass es schmerzte. Dayn stolperte zwei Schritte vor und ging dann neben einem hüfthohen Findling auf die Knie, in dessen Schatten eine kleine Pflanze versuchte zu wachsen. Es war eine ‚Pracht von Elden‘ – jedenfalls hätte es das sein sollen. Doch statt leuchtend blauer Blüten in genau der Farbe von Redas Augen wuchs an der Pflanze nur eine einzige schwache Blüte in blassem traurigem Blau.
    „Es tut mir leid.“ Er merkte erst, dass er weinte, als ein Tropfen vor ihm in den Dreck fiel. Er versickerte so plötzlich in der ausgedörrten Erde, dass Dayn es sich auch eingebildet haben könnte. Aber auch seine Wangen waren feucht, und er spürte die Tränen in seiner Seele.
    Er blieb nicht lange dort stehen; er konnte es nicht, auch wenn ein Teil von ihm es wollte.
    Die schwache Hoffnung, dass es vielleicht nur an diesem einen Ort so aussah, wurde zunichtegemacht, als er den Rand des Waldes erreichte und die staubig braunen Hügel sah, die sich bis an einen gelben Horizont erstreckten. Der letzte Rest seines Optimismus

Weitere Kostenlose Bücher