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Das Herz des Werwolfs (German Edition)

Das Herz des Werwolfs (German Edition)

Titel: Das Herz des Werwolfs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Andersen
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verflog, als er auf einen Baum stieg und in die hohen wogenden Äste hinaufkletterte, um eine bessere Aussicht zu haben. Von dort aus konnte er weitere Wälder sehen, vereinzelte Bauernhöfe, einige Dörfer – weniger, als er in Erinnerung hatte – und einen dunklen Fleck, an dessen Stelle er den Blutsee vermutete. Und überall dazwischen braune, grüne und schwarze Flecken, einige sogar pelzig weiß und gallig gelbgrün, alswäre das Land gestorben und mit einer Schicht von Schimmel und Verwesung überzogen.
    „Die Götter stehen uns bei“, flüsterte er, und seine Seele fühlte sich leer an, als er sah, dass nicht nur der Wald krank war und im Sterben lag. Es war ganz Elden.
    Er hatte den Blutmagier für seinen Angriff auf die Burg bereits gehasst, doch jetzt grub sich dieser Zorn noch tiefer, wurde heißer und noch persönlicher. Der Bastard hatte nicht nur die Macht an sich gerissen, er hatte das Königreich ruiniert, hatte ihm die ganze Energie entzogen, um seine dunkle verzerrte Magie damit zu nähren.
    Dayns Wälder und das Volk seiner Familie mussten leiden; wie es aussah, schon eine ganze Zeit. Und er hatte es zugelassen. Wenn er das gewusst hätte, er wäre … Der Gedanke kam hier zum Stillstand, denn er hätte nichts anders machen können, hätte Elden nicht helfen können. Er hatte warten müssen, bis die Magie ihm seine Führerin schickte und ihn nach Hause brachte.
    Nur war das hier nicht sein Zuhause. Sein Zuhause gab es nicht mehr. Elden war zu einem Kriegsgebiet geworden, ohne wirklichen Krieg. Es war zugrunde gegangen, weil die königliche Familie sich nicht mehr darum gekümmert hatte, auch wenn diese nicht freiwillig zurückgetreten war.
    Auf einer Ebene wünschte er sich von ganzem Herzen, dass der Zauber nicht schiefgegangen wäre, dass er und die anderen sich schon viel früher hätten sammeln und ihre Rache ausüben können, um dem Königreich diese Folter zu ersparen. Auf einer anderen Ebene allerdings wusste er, dass es zwecklos war, die Vergangenheit verändern zu wollen. Er musste mit der Gegenwart fertig werden.
    Im Augenblick ging es nicht darum, nicht zurückzublicken,und auch nicht darum, die Zukunft zu planen. Es ging nur um den nächsten Schritt, darum, das Schicksal eines ganzen Königreiches wieder zum Guten zu wenden, so die Götter es wollten. Es ging nicht um ihn selbst, nicht darum, was er sich wünschte, oder um die Menschen, die er verloren hatte.
    Er rutschte den Baum hinab und fühlte die Verwesung in seinem Inneren; die Rinde war leicht glitschig. Dann schulterte er den Rucksack wieder und machte sich auf den Weg.
    Und als seine Füße ihn die staubige Straße hinabtrugen, wusste er zwei Dinge mit Sicherheit: erstens, dass er tun würde, was immer er konnte, um sein Königreich zu befreien, auch wenn er sein Leben dafür lassen musste. Und zweitens, dass es gut war, dass die Dinge in der Welt der Wolfyn so geschehen waren, wie sie sich abgespielt hatten. Denn er hätte es sich nie vergeben, Reda in diese schreckliche Welt gezerrt zu haben. Nicht nur, weil es in seiner Heimat keine Schönheit oder Magie mehr gab, sondern auch, weil er auf keinen Fall bei ihr sein konnte und gleichzeitig der sein, der er sein musste.
    Er konnte nicht Dayn, der Mann, sein, solange Elden Dayn, den Prinzen, so dringend brauchte.
    Moraghs neuer Gnom, Destin, klopfte an den Türrahmen des heruntergekommenen Zimmers, das sie in einer schmuddeligen Herberge am Ufer des Blutsees gemietet hatte. Sie wollte vorerst lieber nicht unter einem Dach mit dem Magier hausen, da sie ihm noch nichts von der Möglichkeit, zwischen den Welten zu reisen, berichtet hatte. Diesen Trumpf hielt sie noch in der Hinterhand, sowohl als Fluchtweg als auch für mögliche Verhandlungen.
    „Herrin?“, fragte Destin leise.
    „Ja?“, antwortete sie, ohne sich zu bewegen oder auch nur die Augen zu öffnen. Sie hatte fast eine Stunde sorgsamster Vorbereitung gebraucht, um an diesen Punkt zu gelangen, und sie wollte nicht noch einmal von vorne beginnen.
    „Ich habe die Kunde verbreitet. Wenn der Prinz zurückkehrt …“
    „Er ist bereits hier. Ich kann ihn fühlen.“ Der Zauber war vor einer Stunde wieder aktiviert worden und hatte sie gewarnt, dass es den Wolfyn nicht gelungen war, sich um die Angelegenheit zu kümmern. Das hatte sie auch nicht wirklich erwartet, nicht, nachdem sie erfahren hatte, was aus Dayn geworden war und wie die archaische Gesellschaft der Wolfyn funktionierte. Sie waren engstirnig und von

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