Das Herz des Werwolfs (German Edition)
gerade.
Ein Teil von ihr, der idiotische Teil, sonnte sich darin, ihn so spektakulär gerettet und jetzt unmittelbar bei sich zu haben. Dieser Teil erinnerte sie ständig daran, dass sie die letzten zwei Nächte damit verbracht hatten, sich abwechselnd genüsslich zu lieben und um den Verstand zu vögeln, beides gleich befriedigend, und er zeigte ihr ohne Unterlass immer erotischere Erinnerungen, je länger die Nacht voranschritt. Diese sinnlichen Szenen waren die reinste Folter und sorgten dafür, dass ihr Inneres sich wie geschmolzene Lava anfühlte. Jedes Mal, wenn sie Dayn ansah, zog es sehnsüchtig zwischen ihren Beinen, und sie fand, dass es schon fast an der Zeit war, sich in ihre Bettrollen zurückzuziehen.
Ein anderer Teil von ihr allerdings fand, dass es besser für sie wäre, draußen in der kühlen nebligen Nacht zu schlafen. Dieser Teil von ihr war sich den angstgeweiteten Augen und angelegten Ohren von MacEvoy nur zu bewusst und fand, dass sie auf die Instinkte des Pferds hören und sich von ihm fernhalten sollte – immerhin war es ein Beutetier.
„Der Eintopf ist fast so weit.“ Sie stocherte nach einem Klumpen rehydriertem Fleisch, das in einer braunen Soße schwamm, die sehr unappetitlich aussah, aber köstlich roch.
„Ich muss nur noch die letzten drei Balken befestigen.“
Sie spähte noch einmal heimlich nach ihm. Dieses Mal drehte er ihr den Rücken zu. Das verschaffte ihr ein paar Sekunden, in denen sie seine breiten Schultern anstarren konnte, während er die letzten Planken an die richtige Stelle setzte und sie mit dem abgewetzten Seil befestigte, das er gefunden hatte. Das karierte Hemd, das sie ihm einDutzend Mal an einem Dutzend verschiedenen Orten ausgezogen hatte, legte sich beinahe zärtlich um seine Muskeln. Es erinnerte sie daran, wie es sich angefühlt hatte, mit den Händen über seinen Körper zu fahren, wie seine Haut schmeckte und wie er instinktiv zu wissen schien, wie er sie berühren musste, als könnte er wirklich ihre Gedanken lesen, auch wenn er behauptete, es nicht zu können.
Sie wollte ihm glauben, genau wie sie ihm glauben wollte, dass er sie nicht verzaubert hatte … Aber ohne diese Entschuldigung müsste sie zugeben, dass sie alles aus freiem Willen getan hatte und dass sie sich schnell und heftig in einen Märchenprinzen verliebt hatte, der sich als viel komplizierter herausstellte, als sie es je vermutet hätte.
Als er fertig war, überprüfte er den ganzen Verschlag noch einmal, während MacEvoy jede seiner Bewegungen verfolgte. Dann duckte Dayn sich zufrieden unter dem Gatter hindurch und ging zu ihr ans Feuer.
Reda wandte sich schnell ab und konzentrierte sich darauf, den Eintopf umzurühren, der durch das Rühren auch nicht besser oder schlechter wurde. Ihre Hände zitterten, und ihr Innerstes loderte vor Wärme und Verlangen. Sie wollte nicht mit einem Wolfyn, einem Lügner oder einem Manipulator zusammen sein, aber sie wollte bei Dayn sein. Und sie konnte nicht alles haben.
Maman, was soll ich nur tun? Die Frage kam ihr ungewollt. Sie hatte schon lange damit aufgehört, den Geist ihrer Mutter um Rat zu fragen. Doch noch während sie sich selbst tadelte, dass sie sich nicht lächerlich machen sollte, lauschte sie ein paar Sekunden in sich hinein und hoffte. Denn wenn sie wirklich einen Teil Magie in sich trug, vielleicht, nur vielleicht …?
Doch eine Antwort bekam sie nicht. Und als Dayn sich nah, zu nah, zu ihr herabbeugte und den halben Eintopf in einen großen Zinnbecher goss, den er gefunden und im Bach ausgewaschen hatte, stockte ihr der Atem, und ihr Inneres zog sich sehnsüchtig zusammen. Aber gleichzeitig stiegen ihr unerwartet Tränen in die Augen, und sie musste so fest blinzeln, dass das Feuer zu verschwimmen schien, als eine neue Erkenntnis in ihr Gestalt annahm.
Sie hatte ihre maman und Benz verloren. Und morgen würde sie auf die eine oder andere Weise auch Dayn verlieren. Was würde sie mehr bereuen: heute Nacht bei ihm zu sein … oder nicht?
„Reda“, sagte er mit erstickter Stimme, „bei allen Göttern, rede mit mir.“ Sein rauer Ton ließ sie den Kopf heben, und das Smaragdgrün seiner Augen zog sie in seinen Bann.
Sie wollte sich in diesen Augen verlieren, in seinen Küssen, in der warmen Kraft seiner Arme. Aber was dann? fragte die Logik, und leider hatte sie recht damit. Denn wenn sie sich heute Nacht liebten, obwohl sie wusste, was er war und dass er sie belogen hatte, würde sie immer wissen, dass sie nachgegeben
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