Das Herz des Werwolfs (German Edition)
treffen, falls wir getrennt werden?“
„Nein. Dein Schrein liegt am Fuß dieses Baumes. Dein Weg nach Hause.“
„Mein … was?“ Sie drehte sich zu ihm um, sicher, sich verhört zu haben.
Doch sein Blick, der noch kurz zuvor ganz auf sie gerichtet gewesen war, schweifte über die Insel, ehe er ihr wieder ins Gesicht sah. „Ich weiß, wer ich bin und was ich tun muss, Reda. Ich bin vor allem anderen ein Prinz von Elden, und ich darf mich nicht von meinen Pflichten ablenken lassen.“
In ihrem Kopf wirbelte nur ein lang tönendes Neeeiiiiiiin . Das durfte nicht sein, konnte nicht sein. „Du darfst nicht allein da reingehen. Sie werden dich umbringen.“ Ihre Stimme brach, und ihr blutete schier das Herz. „Wenn du mich beschützen willst, lass es. Ich kann auf mich selbst aufpassen.“
Statt sofort zu antworten, nahm er ihre Hand in seine und legte sie an seine Brust. Dort hielt er sie fest, damit sie den regelmäßigen Schlag seines Herzens spüren konnte.„Wir müssen jeder das Leben leben, in das wir hineingeboren worden sind.“ Er faltete ihre Hände zusammen, drückte einen Kuss auf ihre Fingerknöchel, ließ sie dann los und trat zurück. „Kehr heim, Reda. Dort gehörst du hin.“
„Ich …“ Sie stand eine Sekunde lang einfach da, erstarrt, aber nicht aus Angst, sondern vor Schock, Verzweiflung und plötzlicher Wut. „Du Mistkerl. Keely hatte recht, oder? Du benutzt andere, wie es dir passt.“
Er sagte nichts, stand einfach nur da. Und sie sah nichts an ihm, was sagte, dass sie bleiben sollte. Tatsächlich konnte sie überhaupt keine Regung erkennen.
Das zerbrechliche Vertrauen, das sie langsam wieder aufgebaut hatten – von ihrer Seite jedenfalls – zerbrach und verschwand. Einfach so. Fort.
Vorbei. Game Over.
Als etwas sie in den Rücken stieß, zuckte sie heftig zusammen und wirbelte herum. MacEvoy wich einige Schritte zurück, blieb dann stehen und blies durch seine Nüstern, als wollte er sagen: Was ist eigentlich dein Problem?
Ihr nervöses Lachen erstickte in einem Schluchzen. Sie nahm die gefallenen Zügel wieder auf, ohne Dayn anzusehen. Sie konnte ihn nicht ansehen, weil sie sonst die Kontrolle verlieren würde. „Komm schon.“ Sie richtete den Blick auf den dreigezackten Baumwipfel und zog MacEvoy mit sich. „Sehen wir nach, ob es auf dem Weg einen ordentlichen Bauernhof für dich gibt.“ Wenn nicht, würde sie ihn abzäumen und in die Freiheit entlassen, wo er sich selbst durchschlagen konnte.
Sie blieb am Rand des Gebüschs stehen, wo es sich auf einen schmalen Pfad öffnete, der zur Straße führte, unddrehte sich noch einmal um. Dayn stand vor der Kulisse aus vergiftetem See und verwahrloster Burg, und er sah entschlossen aus, distanziert und allein. Der einsame Wolfyn. Oh, Gott. Ihr Herz zog sich vor düsteren Vorahnungen zusammen, aber was konnte sie sagen?
Letztendlich hob sie nur die Hand. „Viel Glück, Dayn.“
Der Anflug eines Lächelns lag um seine Lippen. „Dir auch, süße Reda.“ Und dann, mit der ruhigen Anmut eines Raubtieres, verließ er das Dickicht, ohne sich umzusehen.
Und sie war allein, bis auf das Pferd mit dem weißen Gesicht, allein mit ihrem schweren Herzen.
Dayn gestatte es sich nicht, sich noch einmal umzudrehen, auch wenn er es so sehr wollte. Und er gestattete sich nicht, dem reißenden Schmerz Beachtung zu schenken, der an der Stelle pochte, wo sich einst sein Herz befunden hatte, obwohl dieser ihn beinahe überwältigte. Zur Abwechslung verhielt er sich Reda gegenüber edel und ehrenhaft: Er schickte sie fort.
Der Anblick der Burginsel hatte die schlimmsten Befürchtungen bestätigt, die er gehegt hatte, seit sie am Morgen aufgebrochen waren. Die Befürchtung, dass er ein Wunder brauchte, um überhaupt die Insel zu erreichen, und mehr als das, um es in die Burg zu schaffen. Die Chancen, einen Kampf mit einem Magier zu gewinnen, der dazu fähig war, so viel Schaden anzurichten, und der zwanzig Jahre lang seine Magie und seinen Zauber um die Burg gewoben hatte, waren jämmerlich gering, ob mit oder ohne seine Geschwister – es sei denn, sie hätten über die Jahrzehnte Fähigkeiten erworben, die seine weit übertrafen.
Die Chancen, dass er den See überquerte und starb,standen allerdings verdammt gut. Und wenn es dazu kam, wollte er Reda weit entfernt von der Insel wissen, sicher in ihrer eigenen Welt, selbst wenn sie ihn dafür hasste. Dieses eine Mal wusste er, dass er das Richtige tat, das Selbstlose.
Also gab er dem Drang
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