Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Herz des Werwolfs (German Edition)

Das Herz des Werwolfs (German Edition)

Titel: Das Herz des Werwolfs (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jessica Andersen
Vom Netzwerk:
hatte, dass sie sich verführen ließ, ganz ohne Zauber.
    „Ich kann nicht“, sagte sie mit bebender Stimme und lehnte damit nicht nur ein Gespräch mit ihm ab, sondern alles.
    Sein Blick trübte sich, aber er drängte sie nicht. Er nickte nur, stand auf und nahm seinen Eintopf mit an den Rand des Gatters, wo er sich mit dem Rücken an die Wand gelehnt hinsetzte und den Blick auf den Höhleneingang richtete, nicht auf sie. Trotzdem war er sich ihrer bewusst, das merkte sie, genau, wie sie sich die ganze Nacht nur aufihn konzentrieren konnte.
    Sie fühlte genau, wie er aß und dann einige Schlucke aus der Wasserhaut nahm, die er während der Arbeit neben dem Gatter abgelegt hatte. Sie wusste, wann er seinen Becher hinstellte, seine Beine ausstreckte, seinen großen Körper mit einem leisen Seufzen umdrehte und sich zum Schlafen hinlegte. Sie merkte auch, dass er wachsam blieb, jederzeit bereit, in Sekundenschnelle zu reagieren. Er schloss die Augen, schlief aber nicht sofort ein. Sie wusste, dass er noch wach war, weil sie seine kaum merklichen Reaktionen wahrnahm, während sie das Feuer zusammenkehrte und sich in eine Bettrolle legte, auf der sein Familienwappen prangte. Sie bemerkte ein schwaches Funkeln, als er ein Auge öffnete, um sie zu beobachten.
    Ihr Herz riet ihr, zu ihm zu gehen, aber ihr Kopf sagte, dass sie standhaft bleiben und der Versuchung widerstehen musste, sonst würde sie es in Zukunft bereuen. Sie wollte aber noch nicht an die Zukunft denken. Lieber wollte sie die letzten zwei Nächte mit einer weiteren Nacht wieder aufleben lassen. Doch letztendlich schloss sie einfach die Augen und hörte dem Prasseln des Feuers zu, weil sie nicht den Mut hatte, sich zu nehmen, was sie wollte, solange sie noch so viel zu klären hatten.
    Heute war sie zwar seine mutige Retterin hoch zu Ross gewesen, aber was den Rest anging, war sie immer noch ein Feigling.

13. KAPITEL
    D ie königliche Burg von Elden war einst schön gewesen, das konnte Reda durch das kleine Fernglas, das Dayn in einem Innenfach von MacEvoys Satteltasche gefunden hatte, noch erkennen. Sie standen am Ufer des Blutsees, weit entfernt von der schwer bewachten Brücke, versteckt in einem struppigen Gebüsch am Rand des Toten Waldes. Von dort aus sah sie die klassische Eleganz der Türme und Zinnen, die großen steinernen Festungsmauern und die ausgefeilte Konstruktion der Brücke, die Insel und Ufer miteinander verband. Mit ähnlichen Details bildeten die kleineren Gebäude hinter der Burg ein stimmiges Gesamtbild.
    Doch auch wenn das Grundgerüst des königlichen Wohnsitzes ahnen ließ, wie herrlich es dort einst gewesen war, sah es jetzt dunkel und elend aus, und die Ausstrahlung verursachte Reda Übelkeit.
    „Bei allen Göttern und dem Abgrund“, fluchte Dayn leise. „Dafür wird er bezahlen.“ Sie sah tiefen Schmerz in seinen Augen, als er seinen Blick über den schmutzig braunen vergifteten See wandern ließ.
    Hier und da deuteten Strudel auf Bewegungen unter der Oberfläche hin. Sie wollte gar nicht erst wissen, was für Kreaturen dort lauerten. Die Insel selbst sah grau und verkommen aus, und die Burg war in Smog gehüllt, verwahrlost, und sie sah irgendwie geschlagen aus, auch wenn Reda sich nicht sicher war, wie das sein konnte. Dunkle Gestalten bewegten sich hier und da, manche klein und menschlich, andere riesig und massig mit den Umrissen von Kreaturen, von denen sie gehofft hatte, sie nie außerhalb ihrerMärchenbücher zu sehen – oder ihrer eigenen Albträume. Riesige Skorpione mit Rasiermessern statt Scheren bewachten die Brücke, gigantische krabbenartige Kreaturen krabbelten über die Zinnen, und Ettine arbeiteten auf der Ringmauer und hoben gewaltige Steinbrocken hoch, als wären sie Kiesel. Sie konnte nicht erkennen, ob sie etwas bauten oder abrissen.
    An den Grundmauern der Burg regte sich etwas, und als sie blinzelte, konnte sie erkennen, dass Menschen in Ketten hintereinander hergingen. Sie wurden von einem kleineren Mann in einer rot-schwarzen Uniform ausgepeitscht. Alle sechs Gefangenen trugen die königlichen Farben und Stiefel, aber sie gingen gebeugt und mit schlurfenden Schritten. Ihre ganze Körpersprache zeugte von Schmerz. Gefangene Rebellen, daran bestand kein Zweifel.
    „Oh“, flüsterte Reda und biss sich dann auf die Lippe.
    „Lass mich sehen.“
    Sie reichte ihm das Fernglas und zeigte ihm die Richtung. Dann griff sie nach seiner freien Hand und verschränkte ihre Finger mit seinen. Er spannte sich

Weitere Kostenlose Bücher