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Das Herz Des Winters

Das Herz Des Winters

Titel: Das Herz Des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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Menschen, Wagen und Karren. »Die Stadt«, wie man sie hier nannte.
    Eine gewaltige Menschenmenge drängte sich vor dem Sonnenpalast mit seinen rechteckigen Türmen um die lange Auffahrt, die am Tor endete, und starrte zu ihm hinauf. Kaufleute in ihren warmen Wollsachen und Adlige im Samt und Seide standen Schulter an Schulter mit Tagelöhnern mit schmutzigen Gesichtern und noch schmutzigeren Flüchtlingen. Niemanden kümmerte es, neben wem er stand, und selbst die Beutelschneider vergaßen, ihrem Handwerk nachzukommen. Männer und Frauen gingen fort, oftmals kopfschüttelnd, aber andere nahmen ihren Platz ein; gelegentlich wurde ein Kind in die Höhe gehalten, damit es den zerstörten Flügel des Palasts besser sehen konnte, an dem Arbeiter die Trümmer des dritten Stockwerks wegschafften. Ganz Cairhien war erfüllt von dem Hämmern der Handwerker und den quietschenden Achsen der Wagen, den Anpreisungen der Ladenbesitzer, den Beschwerden der Kunden und dem Murmeln der Kaufleute. Die Menge vor dem Palast aber war stumm.
    Eine Meile vom Palast entfernt stand Rand am Fenster der Akademie von Cairhien, wie man sie großspurig benannt hatte, und schaute durch die beschlagenen Scheiben auf den gepflasterten Stallhof in der Tiefe. Zu Artur Falkenflügels Zeit und auch davor hatte es Akademien genannte Schulen gegeben, Zentren des Lernens, in denen es nur so vor Gelehrten aus allen Ecken der bekannten Welt wimmelte. Die Selbstüberschätzung machte keinen Unterschied; sie hätten es seinetwegen auch Scheune nennen können, solange hier sein Wille erfüllt wurde. Drängendere Sorgen füllten seine Gedanken. War die frühe Rückkehr nach Cairhien ein Fehler gewesen? Aber alles war viel zu schnell gegangen, er hatte unvermutet fliehen müssen, also würde man in den Gemächern, auf die es ankam, wissen, dass er tatsächlich geflohen war. Zu schnell, um für alles Vorbereitungen treffen zu können. Es gab Fragen, die er stellen musste, und Aufgaben, die nicht aufgeschoben werden konnten. Und Min wollte noch mehr von Meister Fels Büchern.
    Sie murmelte leise vor sich hin, während sie die Regale durchstöberte, wo man sie nach Fels Tod aufbewahrt hatte. Dank des Kopfgeldes für Bücher und Manuskripte, die der Akademie noch fehlten, entwuchs die Bibliothek schnell den Räumen, die für sie in Lord Barthanes' ehemaligem Palast bereitgestellt worden waren. Alanna spukte in Rands Hinterkopf herum und schmollte anscheinend; sie würde wissen, dass er in der Stadt war. Bei einer solchen Nähe würde sie einfach zu ihm kommen können, aber er würde es wissen, falls sie es versuchte. Glücklicherweise war Lews Therin im Augenblick still. In letzter Zeit erschien der Mann verrückter denn je zuvor.
    Er rieb mit dem Ärmel seines Mantels ein Stück der Fensterscheibe frei. Dunkelgraue Wolle; sicher gut genug für einen Mann mit etwas Geld und edlem Gebaren, aber nicht die Art von Kleidung, die man bei dem Wiedergeborenen Drachen erwarten würde. Der Drachenkopf mit der goldenen Mähne auf seinem Handrücken glitzerte metallisch; hier an diesem Ort stellte er keine Gefahr dar. Als er sich vorbeugte, um hinauszuschauen, berührte sein Stiefel die Ledertasche, die unter dem Fenster stand.
    Unten hatte man die Pflastersteine vom Schnee gesäubert, dort stand ein großer Wagen, der von Eimern umgeben wurde - sie sahen aus wie Pilze auf einer Lichtung. Ein halbes Dutzend Männer in dicken Mänteln und mit Schals und Mützen schien an der seltsamen Fracht des Wagens zu arbeiten, mechanischen Geräten, die sich um den dicken Eisenzylinder drängten, der mehr als die Hälfte der Ladefläche einnahm. Noch seltsamer mutete an, dass die Wagendeichsel fehlte. Einer der Männer lud Holzscheite von einer großen Schubkarre in eine Eisenkiste, die unter dem Zylinder befestigt war. Die offene Klappe der Kiste leuchtete durch das in ihrem Inneren prasselnde Feuer, und aus dem hohen, schmalen Schornstein quoll Rauch. Ein anderer Mann - er hatte einen Bart, einen kahlen Kopf und trug keine Mütze - tanzte um den Wagen herum, gestikulierte und brüllte Befehle, die die anderen sich anscheinend nicht schneller bewegen ließen. Ihr Atem erschuf kleine, kaum zu sehende Dampfwolken. Drinnen war es beinahe warm; die Akademie hatte große Öfen in den Kellergewölben und ein ausgedehntes Rohrsystem. Die zur Hälfte verheilte Wunde in seiner Seite, die niemals richtig heilen würde, fühlte sich heiß an.
    Er konnte Mins Flüche nicht verstehen - er war davon

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