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Das Herz Des Winters

Das Herz Des Winters

Titel: Das Herz Des Winters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Jordan
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richtig konnte Elayne das nicht nachvollziehen. Eine Aes Sedai, die Königin war, wäre für die Weiße Burg sehr wertvoll gewesen, aber wenn man sie nach Tar Valon entführte, würde sie keine Königin werden. Was das anging, so hatte Elaida den Befehl, sie um jeden Preis zurückzubringen, schon zu einem Zeitpunkt gegeben, als jede Aussicht auf den Thron noch in weiter Ferne gelegen hatte. Seitdem ihr Ronde Macura dieses widerwärtige Gebräu untergeschoben hatte, das die Fähigkeit einer Frau beschnitt, die Macht zu lenken, hatte sie oft über dieses Rätsel nachgedacht. Es war ein äußerst beunruhigendes Rätsel, vor allen Dingen jetzt, da sie der Welt ihren Aufenthaltsort verkündet hatte.
    Ihr Blick verweilte kurz auf einer schwarzhaarigen Frau mit einem blauen Umhang und zurückgeschlagener Kapuze. Die Frau schaute nur flüchtig in ihre Richtung, bevor sie den Laden eines Kerzenmachers betrat. Es war keine Aes Sedai, entschied Elayne. Bloß eine weitere Frau, die in Ehren alterte, so wie Zaida. »Wie dem auch sei«, fuhr sie energisch fort, »ich werde mich nicht durch die Angst vor Elaida beirren lassen.« Was konnten die Schwestern im Silbernen Schwan bloß hier wollen?
    Sareitha schnaubte, und zwar nicht gerade leise; sie schien die Augen verdrehen zu wollen, ließ es dann aber doch sein. Gelegentlich schnappte Elayne von den anderen Schwestern im Palast seltsame Blicke auf. Zweifellos dachten sie daran, wie sie aufgewachsen war, doch allem äußeren Anschein nach akzeptierten sie sie als Aes Sedai und erkannten an, dass sie - abgesehen von Nynaeve - einen höheren Rang als sie einnahm. Das hielt sie aber keineswegs davon ab, ihre Meinung deutlich zum Ausdruck zu bringen, und zwar oft viel nachdrücklicher, als sie es bei einer Schwester getan hätten, welche die Stola auf herkömmliche Weise erhalten hatte. »Dann vergesst Elaida und erinnert Euch, wer Euch sonst noch gern in seiner Gewalt hätte«, sagte Sareitha. »Ein wohlgezielter Steinwurf, und Ihr seid ein bewusstloses Bündel, das man in der entstehenden Verwirrung leicht davontragen könnte.«
    Musste Sareitha ihr sagen, dass Wasser nass war? Schließlich war es beinahe ein Brauchtum, andere Thronbewerber zu entführen. Jedes Haus, das gegen sie war, hatte in Caemlyn Anhänger, die nur auf eine Gelegenheit warteten - oder sie hätte ihre Schuhe zu Mittag gegessen. Nicht dass sie Erfolg haben würden, nicht solange sie die Macht lenken konnte, aber sie würden einen Versuch unternehmen, wenn sich die Gelegenheit bot. Sie war nie der Meinung gewesen, dass die Ankunft in Caemlyn mit Sicherheit gleichzusetzen war.
    »Sareitha, wenn ich mich nicht aus dem Palast herauswage, werde ich das Volk niemals auf meine Seite ziehen«, sagte sie leise. »Man muss mich sehen, ich muss mich frei bewegen, ohne jede Angst.« Darum begleiteten sie auch nur acht Gardistinnen statt der fünfzig, die Birgitte verlangt hatte. Die Frau weigerte sich, die Realitäten des politischen Geschäfts zu begreifen. »Außerdem, da Ihr hier seid, brauchten sie zwei wohlgezielte Steine.«
    Sareitha schnaubte bloß erneut, aber Elayne tat ihr Bestes, den Starrsinn der anderen Frau zu ignorieren. Sie wünschte sich, sie könnte auch ihre Anwesenheit ignorieren, aber das war unmöglich. Es gab noch mehr Gründe für diesen Ausritt, als nur gesehen zu werden. Halwin Norry trug ihr mit monotoner Stimme, die sie beinahe einschlafen ließ, endlose Fakten und Zahlen vor, aber sie wollte sich alles mit eigenen Augen ansehen. Norry konnte die Schilderung eines Aufruhrs so leblos wie einen Bericht über den Zustand der städtischen Zisternen oder die Kosten für die Reinigung der Abwasserkanäle klingen lassen.
    In der Menge wimmelte es von Ausländern, Kandori mit Gabelbärten und Illianer mit Barten, die ihre Oberlippen frei ließen, und Arafeler mit Silberglöckchen in ihren Zöpfen; Domani mit kupferner und Altaraner mit olivfarbener Hautfarbe; Cairhiener, die durch ihre gedrungene Statur und die helle Haut hervorstachen. Einige waren Kaufleute, die vom plötzlichen Wintereinbruch überrascht worden waren oder hofften, ihrer Konkurrenz einen Schritt voraus zu sein, glattgesichtige, aufgeblasene Leute, die genau wussten, dass der Handel das Lebensblut der Nationen war, und von denen jeder behauptete, eine der wichtigsten Arterien zu sein, selbst wenn ein schlecht gefärbter Mantel oder eine Brosche aus Messing und Glas sie verriet. Viele der Passanten trugen abgewetzte Mäntel, an den Knien

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