Das Herz einer Frau
muss genäht werden.“
Matt ging neben Gene in die Hocke und legte ihm eine Hand auf die Schulter. Der pensionierte Ingenieur presste ein blutiges Taschentuch auf die Wunde.
„Kannst du fest genug zudrücken, bis wir im Krankenhaus sind?“ fragte Matt, und Ashley staunte darüber, wie ruhig er klang.
Genes Gesicht war fast so grau wie sein Bart. „Ich glaube, schon.“
Die unsichere Antwort reichte Matt nicht. Er sah in die Runde. „Ich brauche jemanden, der mitfährt und das Taschentuch auf die Wunde presst. Du nicht, Ed“, sagte er, als der Zimmermann den Mund öffnete. „Du wirst hier gebraucht.“
Ashley hockte neben Matt und hatte eine Hand auf Genes Bein gelegt. Sie war die Person, auf die man auf der Baustelle am leichtesten verzichten konnte. „Ich kann es tun“, sagte sie in dem Moment, bevor die Kameras sich auf sie richteten.
Gene schenkte ihr ein mattes Lächeln. „Nein“, murmelte Matt und sah einen Helfer mit dunklem Schnurrbart und Sonnenbrand an. „Was ist mit dir? Kannst du mitfahren?“
Der Mann, von dem sie nur wusste, dass er Bert hieß, starrte auf das Blut, das vom Taschentuch auf die Erde tropfte. Er schluckte. „Sicher. Was soll ich tun?“
Eine der Frauen reichte ihm mehrere Papiertücher. „Nimm die auch mit“, sagte sie und gab ihm die Rolle, die neben dem Wasserspender gestanden hatte.
„Danke für dein Angebot“, sagte Matt leise zu Ashley, während er Gene beim Aufstehen half. „Aber es geht schneller, wenn du hier bleibst.“
Sie wusste, was er meinte. Die Reporter würden sie bis in die Unfallstation verfolgen und das Personal behindern. Gene war ohne sie besser dran.
Der Gedanke betrübte sie. Irgendwie gehörte sie nicht zu den Leuten, die das Haus bauten. Und obwohl sie von Menschen umringt war, fühlte sie sich isoliert und ausgeschlossen. Die Reporter und Schaulustigen schien es nicht zu interessieren, dass sich gerade ein Mann verletzt hatte.
„Ashley! Sehen Sie her!“ rief eine Frau mit einem Fotoapparat. „Ich möchte ein Bild für meine Tochter!“
„Ashley!“ Ein älterer Gentleman in Shorts und Sandalen wedelte mit einem Buch.
„Würden Sie mir das signieren? Es ist die Biografie Ihrer Familie!“
Sie kannte das Buch. Es war vor drei Jahren gegen den Willen der Kendricks erschienen und beschrieb, wie ihre Eltern sich kennen gelernt hatten. Und den Skandal, der ein kleines Land erschütterte, als die Frau, die seine nächste Königin werden sollte, auf den Thron verzichtete, um einen reichen Amerikaner zu heiraten. Es stellte Cord als verantwortungslosen Playboy und ihre kleine Schwester als magersüchtig hin. Außerdem spekulierte es darüber, warum Ashley sich damals so plötzlich aus der Öffentlichkeit zurückgezogen hatte.
Die Gerüchte reichten von einem Nervenzusammenbruch bis zur angeblichen Trennung von einem Schauspieler, mit dem sie sich kein einziges Mal getroffen hatte. Seitdem war sie für die Medien ein noch attraktiveres Opfer.
Beiß die Zähne zusammen und lächle, befahl sie sich jetzt und versuchte den Rat ihrer Mutter zu befolgen. Gib ihnen keinen Grund, dich zu kritisieren.
„Kommen Sie“, sagte Ed, während sie den Schaulustigen zuwinkte. „Matt meldet sich, sobald er mehr weiß.“
„Gene wird den Daumen doch nicht verlieren, oder?“
„Schwer zu sagen“, erwiderte Ed achselzuckend. „Sah nicht sehr gut aus.“
Kopfschüttelnd schob er sich einen Zahnstocher in den Mund und ging ins Haus.
Mit neuem Respekt vor den Bauarbeitern, denen sie ihre eigene Wohnung verdankte, folgte Ashley ihm.
Eine Stunde später rief Matt auf Eds Handy an. Zur Erleichterung aller würde Gene den Daumen nicht verlieren. Seit dem Unfall waren alle viel vorsichtiger, selbst die Reporter. Nur die Dokumentarfilmer blieben in Ashleys Nähe. Die drei mussten vor Langeweile fast umkommen, denn sie verrichtete den ganzen Tag immer wieder die gleiche Arbeit.
„He, Ron“, rief sie und schaltete dann den Kompressor aus. „Wissen Sie, wie man eine Tür baut?“
Der Regisseur stieß sich von der Wand ab. „Kann nicht sagen, dass ich das Vergnügen schon mal hatte.“
„Wollen Sie es lernen?“
Er sah erst über eine, dann die andere Schulter. „Ich?“
„Sicher. Dann hätten Sie etwas Neues, das Sie filmen können.“
Er nahm die Sonnenbrille ab und nickte begeistert. „Wir zeigen Sie, wie Sie das weitergeben, was Sie gelernt haben.“ Seine Augen leuchteten. „Aber es wäre besser, wenn wir einen anderen Helfer dafür
Weitere Kostenlose Bücher