Das Herz Eines Highlanders
Visionen von ihren Lieblingsspeisen herauf, in der Hoffnung, so die Hungerschmerzen ertränken zu können.
Beim Gedanken an Kaleys Schweinebraten musste sie sich fast übergeben. Gebackener Fisch in Weinsoße ließ sie unverzüglich würgen. Brot? Das klang nicht übel. Je knuspriger, desto besser. Sie versuchte, sich zentimeterweise von Grimm fortzubewegen, um an den Beutel zu gelangen, worin sie letzte Nacht einen Laib Brot gesehen hatte, doch im Schlaf schlang Grimm den Arm noch enger um ihre Taille. Verstohlen bearbeitete sie seine Finger, aber sie waren wie ein eiserner Schraubstock. Als ein erneuter Anfall von Übelkeit sie überkam, stöhnte sie auf und rollte sich zu einer Kugel zusammen, wobei sie sich den Bauch hielt. Das Geräusch weckte Grimm augenblicklich auf.
»Geht es dir gut, Mädchen? Habe ich dir wehgetan?«
In der Annahme, dass er ihr exzessives Liebesspiel meinte, beeilte sie sich, ihn zu beruhigen. Sie wollte ihm nicht den leisesten Anlass geben, es sich beim nächsten Mal zweimal zu überlegen, bevor er ihr wieder ein solches Vergnügen bereitete. »Mir ist nur ein bisschen schlecht«, sagte sie und stöhnte laut auf, als ihr Magen sich erneut aufbäumte.
»Was hast du?« Grimm schoss vom Bett hoch und trotz ihres Elends bewunderte sie seine Schönheit. Das schwarze Haar fiel ihm ins Gesicht, und obwohl der Gedanke an Nahrung ihr Brechreiz verursachte, sahen seine Lippen immer noch einladend aus.
»Habe ich dir im Schlaf wehgetan?«, fragte er mit belegter Stimme. »Was ist es? Sprich mit mir, Mädchen!«
»Ich fühle mich einfach nicht wohl. Ich weiß nicht, was ich habe. Mein Bauch tut weh.«
»Möchtest du etwas essen?« Eilig wühlte er sich durch die Vorräte. Er holte ein großes Stück fettigen, gesalzenen Rind- fleischs hervor und hielt es ihr unter die Nase.
»Oh, nein\ «, jammerte sie und wälzte sich auf die Knie. Sie kroch so schnell wie möglich weg von ihm, schaffte aber nur ein kleines Stück, bevor sie sich übergab. Im gleichen Moment war er bei ihr und strich ihr sanft das Haar aus dem Gesicht. »Nicht«, weinte sie. »Sieh mic)i nicht an.« Jillian war in ihrem Leben nicht häufig krank gewesen, aber wenn sie es war, hasste sie es, so gesehen zu werden, geschwächt von Kräften, auf die sie keinen Einfluss hatte. Ein unerträgliches Gefühl der Hilflosigkeit.
Wahrscheinlich wurde sie dafür bestraft, dass sie vorgehabt hatte zu betrügen. Doch das war nicht fair, dachte sie verärgert. In ihrem ganzen Leben hatte sie noch nie gelogen und ein einziges Mal konnte man ihr das doch zugestehen, besonders, weil es doch für einen guten Zweck war. Sie mussten unbedingt in Tuluth Halt machen. Sie brauchte Antworten, von denen sie vermutete, dass sie sie nur finden konnte, wenn sie zu Grimms Wurzeln zurückging.
»Schsch, Mädchen, es ist gut. Was kann ich tun? Was brauchst du?« Es konnte unmöglich Gift sein, dachte Grimm rasend. Er hatte letzte Nacht selbst das Essen zubereitet. Wildbret, das er eigenhändig gejagt und eingepökelt hatte, als er im Hochland war. Was war es dann?, fragte er sich, überwältigt von einer Flut von Gefühlen: Hilflosigkeit, Angst, die Erkenntnis, dass diese Frau in seinen Armen alles für ihn bedeutete und dass er jede Krankheit gerne an ihrer Stelle auf sich nehmen würde, wenn er nur könnte.
Sie krampfte sich erneut in seinen Armen zusammen und er hielt ihren zitternden Körper.
Es dauerte einige Zeit, bevor sie aufhörte, sich zu übergeben. Als sie schließlich zur Ruhe kam, wickelte er sie in ein warmes Bettlaken und erhitzte etwas Wasser über dem Feuer. Sie lag absolut still, während er ihr das Gesicht wusch. Er war von ihrer Schönheit gebannt; trotz ihrer Krankheit erschien ihm Jillian immer noch umwerfend schön, ihre Haut schimmerndes Elfenbein, ihre Lippen tiefrosa, ihre Wangen rosenfarben gerötet.
»Fühlst du dich besser, Mädchen?«
Sie machte einen tiefen Atemzug und nickte. »Ich denke schon. Aber ich bin nicht sicher, ob ich heute noch weit reiten kann. Gibt es einen Ort zwischen hier und Dalkeith, an dem wir Halt machen könnten?«, fragte sie wehleidig.
»Vielleicht sollten wir überhaupt nicht weiterziehen«, wich er aus, aber sie mussten weiter, und er wusste es. Hier noch einen weiteren Tag zu verweilen war das Gefährlichste, was er tun konnte. Wenn die McKane ihnen folgten, könnte ein weiterer Tag sie leicht das Leben kosten. Er schloss die Augen und grübelte über das Dilemma nach. Was, wenn sie sich
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