Das Herz Eines Highlanders
Odin! Ich rufe den Berserker ... Er war als Junge hinaufgestiegen und als Monster zurückgekehrt.
Seine Hände ballten sich zu Fäusten. Wieso nur war er hierher zurückgekehrt? Aber Jillian kuschelte sich an ihn und suchte nach Wärme und er wusste, um sie sicher und warm zu halten, würde er Tuluth selbst dann bereitwillig betreten, wenn es von Horden von Dämonen bevölkert wäre.
»Geht es dir gut, Grimm?«
Wie typisch für Jillian, dachte er. Trotz ihrer eigenen Krankheit sorgte sie sich um ihn. »Mir geht es gut. Wir werden es bald warm haben, Mädchen. Ruh du dich nur aus.«
Er klang so besorgt, dass Jillian sich auf die Zunge beißen musste, um zu verhindern, dass ihr augenblicklich ein Geständnis entschlüpfte.
»Gleich kannst du sehen, wo einmal das Dorf gestanden hat«, sprach er, und Trauer machte seine Stimme rau.
»Ich kann mir nicht vorstellen, wie es wäre, wenn ich Caithness zerstört sehen würde. Ich wollte dich nicht an einen Ort zurückbringen, der so schmerzvoll...«
»Es geschah vor vielen Jahren. Es ist fast so, als wäre es in einem anderen Leben geschehen.«
Als sie den Kamm erreichten, richtete Jillian sich auf und suchte mit neugierigen Augen die Landschaft ab.
»Dort.« Grimm richtete ihre Aufmerksamkeit auf den Felsen. »Von diesem Felsvorsprung aus kann man das ganze Tal überblicken.« Er lächelte schwach. »Früher pflegte ich hier hochzukommen und über das Land zu schauen, mit dem Gedanken, dass es keinen glücklicheren Jungen als mich geben könnte.«
Jillian zuckte zusammen. Occam ging stetigen Schrittes weiter. Jillian hielt den Atem an, als sie die Felskante erreichten.
»Die Höhlen liegen hinter uns, hinter jenen Felsen, wo der Berghang am steilsten ist. Mein bester Freund Arron und ich schworen uns einmal, jeden Gang, jede Kammer in diesem Berg aufzuzeichnen, aber die Gänge schienen endlos zu sein. Wir hatten fast ein Viertel davon aufgezeichnet, als ... als ...«
Reue überfiel sie, dass sie ihn an den Ort gebracht hatte, wo er seinen Dämonen begegnete. »Wurde dein Freund in der Schlacht getötet?«
»Ja.«
»Wurde dein Vater in der Schlacht verwundet?«, fragte sie sanft.
»Er hätte eigentlich sterben müssen«, sagte Grimm ge- presst. »Die McKane schlugen ihm eine Streitaxt bis ans Heft in die Brust. Es ist verwunderlich, dass er überlebt hat. Einige Jahre lang war ich der festen Überzeugung, dass er tot sei.«
»Und deine Mutter?«, fragte sie flüsternd.
Es entstand eine Stille, die nur durch das Geräusch des unter Occams Hufen knirschenden Schiefers durchbrochen wurde. »Gleich können wir es sehen, Mädchen.«
Jillian richtete ihren Blick auf die Kante der Klippe, wo der Fels steil abfiel und zum Horizont wurde. Tief unten würde sie die Ruinen von Tuluth sehen. Sie richtete sich noch weiter auf, so dass sie vor Ungeduld fast vom Pferd fiel, und wappnete sich für den grässlichen Anblick.
»Halte aus, Mädchen«, beruhigte sie Grimm, als sie die letzten Schritte zur Felskante nahmen und über das leblose Tal blickten.
Fast fünf Minuten lang sagte er kein Wort. Jillian war sich nicht sicher, ob er überhaupt noch atmete. Andererseits war sie sich da bei sich selbst auch nicht so ganz sicher.
Unter ihnen, an einem glitzernden Fluss und mehreren kristallklaren Seen gelegen, strotzte eine geschäftige Stadt vor Lebendigkeit. Weiße Hütten, von der Nachmittagssonne in sanfte Bernsteinfarbe getaucht. Hunderte von Behausungen bevölkerten in gleichmäßigen Reihen an penibel genau gezogenen Straßen das Tal. Spiralförmig stieg träger Rauch behaglicher Feuer aus den Rauchfängen, und obwohl sie die Stimmen nicht hören konnte, konnte sie Kinder laufen und spielen sehen. Menschen spazierten die Straßen auf und ab, auf denen auch gelegentlich eine Kuh oder ein Lamm trotteten. Zwei Wolfshunde spielten in einem kleinen Garten. Entlang der Hauptstraße, die ins Zentrum der Stadt führte, wehten Banner in leuchtenden Farben und flatterten in der leichten Brise.
Voller Erstaunen überflog sie das Tal und folgte mit dem Blick dem Fluss bis zur Flanke des Berges. Er entsprang sprudelnd einer unterirdischen Quelle am Fuße des Berges und die Burg thronte steinern darüber. Ihre Hand flog an ihre Lippen, um einen Aufschrei der Verwunderung zu dämpfen. Das war nicht das, was sie erwartet hatte.
Eine öde und trostlose Burg, so hatte er es genannt.
Nichts hätte der Wahrheit weniger entsprechen können. Burg Maldebann war das schönste Schloss, das
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