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Das Herz ihrer Tochter

Das Herz ihrer Tochter

Titel: Das Herz ihrer Tochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jodi Picoult
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huschten zu mir. »Sie dürfen hier kein Handy benutzen

    »Ach, lassen Sie mich in Ruhe«, fauchte
ich, und zum x-ten Mal rief ich Father Michael an und bekam wieder nur die Mailbox.
»Ich weiß nicht, wo Sie stecken«, sagte ich, »aber rufen Sie mich schleunigst
zurück.«
    Die emotionale Seite von Shays Wohl hatte
ich Father Michael überlassen, weil ich meinte, dass meine Talente besser in
einem Gerichtssaal zur Entfaltung kämen und im Übrigen auf dem Gebiet zwischenmenschlicher
Beziehungen ohnehin komplett eingerostet waren. Aber jetzt war Father Michael
verschollen, Shay lag im Krankenhaus, und ich war hier bei ihm, ob ich wollte
oder nicht.
    Ich starrte auf Shays Hände. Sie waren
mit Handschellen an die Metallstreben des Krankenhausbettes gefesselt. Die
Nägel waren sauber und geschnitten, die Sehnen wie dünne Stränge. Ich konnte
mir nur schwer vorstellen, dass diese Finger eine Pistole gehalten und zweimal
abgedrückt hatten. Und doch, zwölf Geschworene hatten es sich vorstellen
können.
    Ganz langsam griff ich über die grobe
Baumwolldecke. Ich verschränkte meine Finger mit Shays, überrascht, wie warm
seine Haut war. Aber als ich meine Hand zurückziehen wollte, hielt er sie fest.
Seine Augen öffneten sich einen Spalt weit, eine andere Blauschattierung
inmitten der Blutergüsse. »Gracie«, sagte er mit einer Stimme, die klang, als
würde Stoff von Dornen zerrissen. »Du bist da.«
    Ich wusste nicht, für wen er mich hielt.
»Natürlich bin ich da«, sagte ich und drückte seine Hand. Ich lächelte Shay
Bourne an.
     
    MICHAEL
     
    In Dr. Vijay Choudharys Büro standen
überall Statuen von Ganesha, der Hindu-Gottheit mit dickbäuchigem Menschenkörper
und Elefantenkopf. Ich räumte sogar eine beiseite, um Platz nehmen zu können. »Mr
Smythe hat ungeheures Glück gehabt«, sagte der Arzt. »Einen halben Zentimeter
weiter links, und er hätte nicht überlebt.«
    »Darauf wollte ich hinaus ...« Ich holte
tief Luft. »Ein Arzt im Gefängnis hat ihn für tot erklärt.«
    »Father Michael, unter uns gesagt, ich
würde einem Psychiater nicht mal zutrauen, sein Auto auf einem Parkplatz zu
finden, geschweige denn den Puls eines Schwerverletzten, dessen Blutdruck im
Keller ist.«
    »Aber diese Unmenge Blut...«
    »Viele Blutgefäße im Hals können stark
bluten. Für einen Laien kann eine Blutlache nach einer riesigen Menge aussehen,
auch wenn das gar nicht der Fall ist.« Er zuckte mit den Achseln. »Ich könnte
mir vorstellen, dass es zu einer vasovagalen Reaktion gekommen ist. Mr Smythe
hat das Blut gesehen und wurde ohnmächtig. Der Körper reagiert auf den
Blutverlust. Der Blutdruck sinkt, die Gefäße verengen sich, und beides zusammen
bringt die Blutung für gewöhnlich zum Stillstand. Es führt auch dazu, dass in
den Extremitäten kein Puls mehr spürbar ist - weshalb der Psychiater am
Handgelenk keinen finden konnte.«
    »Dann«, sagte ich und spürte, wie ich rot
anlief, »halten Sie es also nicht für möglich, dass Mr Smythe ... na ja ...
wieder zum Leben erweckt wurde?«
    »Nein«, sagte er lachend. »Also, im
Praktikum hab ich erlebt, wie Patienten, die schon fast erfroren waren, nach
dem Auftauen wieder zum Leben erwachten. Ich hab gesehen, wie ein Herz aufgehört
hat zu schlagen und dann von allein wieder anfing. Aber in keinem der Fälle -
auch nicht in Mr Smythes Fall - hab ich den Patienten zuvor für klinisch tot
gehalten.«
    Mein Handy vibrierte wieder, wie in den
letzten zwei Stunden alle zehn Minuten. Bevor ich das Krankenhaus betrat, hatte
ich vorschriftsmäßig den Klingelton ausgestellt. »Dann kann also von einem
Wunder keine Rede sein«, sagte ich.
    »Jedenfalls nicht nach Ihren Maßstäben
... aber ich glaube, die Familie von Mr Smythe könnte da anderer Meinung sein.«
    Ich dankte ihm, stellte die
Ganesha-Statue wieder auf meinen Stuhl und verließ Dr. Choudharys Büro. Kaum
hatte ich das Krankenhaus verlassen, holte ich mein Handy hervor: Ich hatte
fast zwanzig Nachrichten auf der Mailbox.
    Rufen Sie mich umgehend an, lautete die erste Nachricht von Maggie. Shay ist was passiert. Piep.
    Wo sind Sief Piep.
    Okay, wahrscheinlich haben Sie Ihr Handy
nicht dabei, aber rufen Sie mich an, sobald es geht. Piep. Wo zum Teufel stecken Sie
denn? Piep.
    Ich wählte Maggies Handynummer. »Maggie
Bloom«, meldete sie sich im Flüsterton.
    »Was ist mit Shay?«
    »Er liegt im Krankenhaus.«
    »Was!? In welchem Krankenhaus?«
    »Concord. Wo sind Sie?«
    »Ich stehe vor dem

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