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Das Herz ist eine miese Gegend

Das Herz ist eine miese Gegend

Titel: Das Herz ist eine miese Gegend Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thommie Bayer
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legte Bohnen und Kartoffeln darauf. Dann gab er ihm den Rest seines Stückchens Fleisch und sagte: »Mahlzeit.«
    Giovannis Vater, der Bo gern hatte, obwohl auch er der Ansicht war, die beiden verführten einander zu allerhand Blödsinn, fragte: »Seit wann herrscht denn bei euch beiden so ein Umgangston?«
    »Das kann ich unmöglich erklären«, sagte Giovanni.
    Bo schwieg und tupfte sich geziert die Mundwinkel mit der Serviette ab.
    Später gingen sie zusammen in die Stadt und ließen sich von einem Stocherkahn voller Mädchen mitnehmen. Bo grüßte Passanten am Ufer, indem er artig die Perücke lüpfte. Das brachte ihm großen Beifall und neugierige Fragen der Studentinnen ein.
    »Eine Ehrensache«, sagte er nur großspurig, aber Giovanni, der glücklich war wie schon lange nicht mehr, fügte hinzu: »Sühne für ein Fickvergehen.«
    Vier der Mädchen versteinerten empört, aber zwei schienen wider Willen lachen zu müssen. Jedenfalls glucksten sie und stierten angestrengt aufs Wasser. Sie hießen Gundi und Margaux.
    Ein Satz aus Lauras Brief, den Giovanni wieder und wieder gelesen hatte, fiel ihm ein. Bo liebt Giovanni, Giovanni liebt Bo, Giovanni liebt Laura, und Laura macht’s mit Bo, ist das denn so schlimm? Nein, es ist nicht so schlimm, dachte er, Hauptsache, Bo liebt Giovanni und Giovanni liebt Bo. Und wenn es grad geschliffen kommt, auch Gundi und Margaux.
    Der Sommer war in Farbe. Alles war in Farbe, denn Giovanni schrieb Geschichten. Er notierte Beschreibungen, hielt Personen, Orte und Ereignisse fest, und obgleich die wenigsten dieser Skizzen ihm nach dem Hinschreiben noch etwas sagten, waren seine Augen doch immer auf der Suche. Diese Suche erlaubte keine schwarzweißen Randgebiete mehr.
    Gundi und Margaux spendierten zwei Mensakarten, und nach dem Essen fuhren sie in Gundis Ente zu einem abgelegenen Baggersee. Die Zeit bis zur Dämmerung vertrieben sie sich mit spitzen Bemerkungen, und als endlich alle anderen gegangen waren, zogen sich die beiden Mädchen aus.
    »Schwimmzwang«, sagte Gundi und streifte sich mit einer Gebärde, die frech und schüchtern zugleich aussah, Jeans und Slip in einem Zug von den Hüften. Margaux hatte schon Bo an der Hand genommen und zerrte ihn, angezogen, wie er war, zum Wasser. »Allons«, sagte sie nackt und bestimmt, »nager!«
    »Halt, halt«, schrie Bo und schüttelte sie ab, um sich auszuziehen.
    »Kannst du glotzen«, sagte Gundi zu Giovanni, der sich nicht entscheiden konnte, welchen der beiden Mädchenkörper er betrachten sollte. Auch er zog sich aus, während die anderen schon platschend, lachend und um sich spritzend ins Wasser stürmten.
    Mit einem kaum von Schüchternheit und dem Gedanken an Laura beeinträchtigten Hochgefühl stürzte er sich den drei lachenden Gesichtern entgegen. Es ist das Leben, dachte er, das richtige Leben, und ich bin mittendrin.
    Eines der Mädchen küßte ihn, und er konnte in der Dämmerung nicht ausmachen, ob es Gundi war oder Margaux. Erst als das Mädchen »Hoppla« sagte, während es ihm zart, aber entschieden zwischen die Beine griff, erkannte er Gundi. Sie schwamm weg von ihm, und den nächsten Kuß, begleitet von einem fliegenden Abtasten seiner Brust und seines Bauches, bekam er von Margaux.
    »Ouch, tu es pas Bo«, sagte sie, nachdem er seine Hand über ihre Brüste streichen lassen und das Glatte, Weiche und Runde zwischen den Schwimmzügen erfühlt hatte.
    »Aber du bist schön«, antwortete er.
    »Aber nein«, lachte sie, »ich meinte nicht schön, ich meinte, du bist nicht dein Freund.«
    »Doch, gelegentlich schon«, sagte er.
    Sie lachte und spritzte ihm Wasser ins Gesicht.
    Naßgespritzt zu werden, hatte er noch nie gemocht, also schwamm er in schnellen Zügen ans Ufer zurück. Das hatte den Vorteil, daß er sich, bevor die anderen nachkamen, ein Handtuch um die Hüften legen konnte. Er mußte es kunstvoll bauschen, damit die Erhebung nicht so auffiel. Zum Glück war es schon ziemlich dunkel.
    »Aber bleibt in Rufweite«, sagte Gundi, als die drei aus dem Wasser stiegen. Margaux und Bo setzten sich zwanzig Meter entfernt ins Gras, wo Giovanni sie gerade noch als schwarze Silhouetten erkennen konnte. Gundi kam zu ihm, zupfte das Handtuch von seiner Hüfte und breitete es aus, direkt neben ihrem eigenen. »Komm«, sagte sie, legte sich auf den Rücken und öffnete die Beine. Er wollte sich gerade auf sie legen, da nahm sie ihn an den Schultern und drehte ihn herum. Schon lagen sie neben den Handtüchern, und das

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